Kanariengirlitz

Der Kanarengirlitz ist auf den Kanarischen Inseln, Madeira und den Azoren heimisch. Erfahren Sie im Steckbrief Details zu Aussehen, Aufzucht, Lebensweise, Kommunikation, Ernährung und Haltung des Kanariengirlitz.

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Der Kanarengirlitz ist auf den Kanarischen Inseln, Madeira und den Azoren heimisch.© Axel Gutjahr / Fotolia

Steckbrief

  • Körperlänge: 12 - 13 cm
  • Gewicht: ca. 20 g
  • Lebenserwartung: 8 - 12 Jahre
  • Verbreitung: Kanarische Inseln, Madeira, Azoren
  • Lebensraum: Waldränder, Gebüsche, Obstplantagen
  • Artbestand: Gering gefährdet

Systematik

  • Klasse: Vögel
  • Ordnung: Sperlingsvögel
  • Familie: Girlitze
  • Gattung: Serinus
  • Art: Kanarengirlitz (Serinus canaria)

Aussehen

Das Männchen ist an Brust und Kehle, Nackenseiten, Wangen und Überaugstreif gelb. Von den Flügeldecken bis zum Scheitel hat er braun gelbe Federn mit dunklen Stricheln. Schwanz und Flugfedern sind dunkelgrau und haben gelbe Säume. Bürzel, Bauch und Flanken sind gelb bis grün, letztere dunkel gestrichelt. Füße und Schnabel haben hornbraune Farbe. Das Weibchen sieht ähnlich aus, hat weniger Gelb und ist etwas matter gefärbt. Das Gefieder der Jungvögel ist noch kräftiger braun und mehr gestrichelt. 

Nachwuchs und Aufzucht

Zur Brutzeit ab März sucht das Männchen ein Revier und singt immer heftiger, um es zu verteidigen und ein Weibchen anzulocken. Dabei sitzt es auf herausragenden Zweigen oder trägt den Gesang im Schwirrflug vor. Das Weibchen sucht einen Nistplatz in einem Busch in etwa zwei Meter Höhe. Das Nest wird aus Wurzelfasern, Gräsern und Pflanzenwolle in eine Zweiggabel gesetzt. Es legt drei bis fünf dunkel gefleckte, grüne Eier und brütet sie innerhalb von 13 bis 14 Tagen aus. Im Alter von 15 bis 17 Tagen verlassen die Jungen das Nest. Danach werden sie noch zwei Wochen lang von beiden Eltern gefüttert.  Dies übernimmt jedoch zunehmend der Vater, da das Weibchen oft schon mit einer neuen Brut beschäftigt ist. 

Lebensweise und Verhalten

Der Kanarengirlitz ist auf den Kanarischen Inseln, Madeira und den Azoren heimisch. Er lebt dort sowohl im Flachland, bevorzugt in buschreichem Grasland, als auch in den Bergen. Man findet ihn aber auch in Obstbaum-Plantagen und Gärten. Außerhalb der Brutzeiten gibt es keine Paarbindung und die Vögel ziehen in kleinen oder größeren Gruppen auf der Suche nach lohnender Nahrung umher. Weder in der Gruppe noch als Paar sitzen die Kanarengirlitze eng aneinander gekuschelt. Sie putzen sich auch nicht gegenseitig. Ihr Zusammenhalt ist sowohl in der Gruppe wie auch als Paar nur locker. Erst nach einer heftigen Balzjagd geht das Pärchen liebevoller miteinander um. Das Männchen trägt manchmal auch etwas Nistmaterial herbei und füttert sein brütendes Weibchen. 

Kommunikation

Die Rufe des Kanarengirlitzes sind einfaches, leises oder lauteres Piepsen als Stimmfühlungslaut bis hin zum Warnlaut, der schon als schrill zu bezeichnen ist. Manche Rufe sind auch trällernd. Der Gesang ist abwechslungsreich, feurig und wild.

Ernährung

In seiner Heimat nimmt der Kanarengirlitz vor allem Glanz, auch Spitz- und Kanariensaat genannt, viele Samen verschiedener Kreuzblütler (Compositae), anderer Pflanzen sowie Grünes, Knospen, Früchte und Beeren. Das gilt auch für seine Nachfahren, die domestizierten Kanarienvögel. Denen geben wir ein Mischfutter, das für sie zusammengestellt ist, sowie ein Weich- und Eifutter, das es ebenfalls im Zoofachhandel zu kaufen gibt. 

Haltung

Der Kanarengirlitz wurde wegen seines Gesangs im 15. Jahrhundert nach Spanien mitgebracht und zuerst in spanischen Klöstern gezüchtet. Die Mönche achteten darauf, ein Monopol auf die Kanarienzucht zu besitzen. Darum verkauften sie nur Männchen. Es kam jedoch anders, denn bald wurden Kanarien auch in Italien gezüchtet und mit der Bildung der ersten Schecken und Gelben domestiziert. Dies waren die Anfänge einer Mutationen- und Kombinationen-Vielfalt, die der Kanariengirlitz bis in unsere Tage erlebt. So wurde der Kanarengirlitz zum Kanarienvogel erweitert, und zwar in hauptsächlich drei Zuchtrichtungen: 

1. Gesangskanarien

Eine Zuchtrichtung ist die des Gesangs-Kanarienvogels, der im Laufe seiner Geschichte vor allem zum Harzer Roller wurde. Seines immer vollkommener heraus gezüchteten Gesangs wegen wurde er im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die ganze Welt exportiert. Der Gesang des Harzer Rollers, auch Harzer Edelroller oder Edelroller genannt, besteht aus mehreren Touren, von denen die wichtigsten die Hohlrolle, die Knorre, die Hohlklingel und die Pfeife sind. Als weitere Gesangs-Kanarienrasse ist der Belgische Wasserschläger zu nennen. Er ist körperlich etwas größer, singt lauter und vielseitiger. Verschieden klingende Wasserschläge sind seine Haupttouren, die teils Ähnlichkeit mit dem Gesang der Nachtigall haben. Er hat auch seine Liebhaber in Deutschland, doch ist er längst nicht so verbreitet wie der Harzer Roller. Eine in Spanien häufige Gesangsrasse ist der Timbrado, ein kleiner Vogel, der glockenhell singt ("timbre" heißt auf Spanisch Glocke). Seine Haupttouren sind denn auch Glocke und Schmuck. Den Spanischen Timbrado gibt es Deutschland nur ganz selten.

2. Farbenkanarien

Die Farbenkanarien werden nicht wegen ihres Gesanges, sondern wegen der Farbe ihres Federkleids gezüchtet. Zwar gab es früher auch schon einige Farben, so richtig begann die Farbenzucht aber erst im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Durch Anwendung der Mendelschen Gesetze konnten neue Farbspielarten erhalten und durch Einkreuzung des Kapuzenzeisigs die rote Farbe auf die Kanarien übertragen werden. Die Farbenzucht ist heute die am häufigsten praktizierte Form. Von weißen bis kräftig roten, von grünen bis fast schwarzen gibt es eine Palette aller Farben und  Nuancen. Auf die Qualität ihres Gesangs wird kein Wert gelegt. Darum ist dieser oft etwas laut und schrill. Manche Passagen werden mit weit geöffnetem Schnabel gesungen. Doch singen viele Farben-Kanarien sehr schön. Darum sind einige Züchter daran gegangen, Gesangs-Farben-Vögel zu züchten, um in den Genuss des Gesangs und der schönen Farben zu kommen.

3. Positurkanarien

Positur- oder Gestaltskanarien sind Vögel, die entweder eine bestimmte Positur einnehmen können, eine Haube tragen oder lockiges Gefieder besitzen. Es gibt Rassen, die alle drei Eigenschaften haben. Auch wurden manche Positurrassen zu fast der doppelten Größe des Wildvogels herangezüchtet.  Haubenvögel wie der kleine Gloster Corona, der Crested und der mit bis zu 23 cm lange, riesenhafte Lancashire Coppy sind ebenso wie der bullige Yorkshire, der Border und der drahtige, nur 11,5 cm messende Fife Fancy britischen Ursprungs. Die Kanarien mit Locken oder besser gesagt, mit genau angeordneten Frisuren, erfuhren ihre Entstehung wohl in Frankreich zur Zeit des Barocks oder des Rokokos. Von diesen "Frisierten" erlangt der Pariser Trompeter mit seiner Frisurenfülle und Größe von 19 bis 23 cm und größer den absoluten Höhepunkt der Kanarienzucht. Manche Positurkanarien stellen sich für einige Minuten gerade und steifbeinig zur Schau. Dazu halten sie den Kopf vorgestreckt, so dass ihr Aussehen einer 1 oder einer 7 gleicht. Von diesen stechen der Südholländer, der Scotch Fancy und der Gibber Italicus besonders hervor. Manche von ihnen tragen zu ihrem "Gebogensein" auch noch Frisuren. Außerdem werden vom Gibber Italicus so kurze Federn verlangt, dass der Vogel an manchen Stellen seines Gefieders nicht nur kahl wirkt, sondern sogar kahl ist und kahl sein soll.

Dieser kurze Einblick in die Entstehung der Kanarienrassen in Menschenhand soll zeigen, wie unterschiedlich die Vorlieben der Vogelfreunde sein können. Kanarienvögel gehören weltweit zu den beliebtesten Heimvögeln. Für ihre Haltung in möglichst großen Käfigen oder Zimmervolieren sollte Sorge getragen werden. Die Farbenkanarien und manche Positurvögel mit fast normalen Eigenschaften dürfen für die meiste Zeit des Jahres sogar in die Gartenvoliere mit angeschlossenem Schutzhaus gelassen werden. Sie nehmen selbst bei kühlem Wetter ein Bad im Freien.

Hätten Sie’s gewusst?

Manche Positurvögel mit sehr großer Haube, einer üppigen Federfülle oder extremer Körpergröße sind oft nicht mehr in der Lage, ihre Jungen selbst aufzuziehen. Die Eier werden dann häufig den sehr zuverlässigen Weibchen der Farbenkanarien untergelegt. Diese ziehen die fremden Jungvögel dann einwandfrei auf. Da diese der gleichen Art angehören, sind sie voll fruchtbar.

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