Martin Rütter Tipps: Hund im Hundetraining richtig korrigieren

Einen Hund beim Hundetraining zu maßregeln, ist wenig sinnvoll. Erwünschte Verhaltensweisen werden gefestigt, wenn der Hund sich einen Vorteil davon verspricht! Martin Rütter DOGS Trainerin Franziska Herre erklärt, wie Sie Ihren Hund im Training richtig korrigieren.

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Loben oder schimpfen – was ist wirkungsvoller?© stock.adobe.com/Christian Müller

Tabus und das Korrigieren von Verhalten gehören für unsere Hunde zur innerartlichen Kommunikation. Bereits Welpen werden durch die Mutterhündin in die Schranken  gewiesen, wenn sie unerwünschte Verhaltensweisen zeigen. Sie lernen dadurch, was erlaubt ist und was nicht.

Umso wichtiger ist es, dass wir sofort mit dem Einzug des Hundes klare Regeln aufstellen und diese beibehalten. Nur so geben wir dem Hund die Möglichkeit, die Grenzen seines Verhaltens zu erlernen, Vertrauen in unser Handeln aufzubauen und sich gut zu entfalten.

Den Hund richtig korrigieren: Strafe und Maßregelung vs. Lob und Belohnung

Hundehalter versuchen durch viel Training, ihrem Hund erwünschte Verhaltensweisen beizubringen – häufig mit veralteten Trainingsmethoden, die versuchen, dem Hund ausschließlich durch Strafreize und Maßregelungen Signale beizubringen und diese zu festigen. Doch ist dies wirklich notwendig und führt es schneller zum Erfolg?

In der Natur werden vorrangig Dinge erlernt, die für den Hund aus rein biologischer Sicht Sinn ergeben, zum Beispiel das Jagen zum Nahrungserwerb oder das Vermeiden von Gefahren. Die Verhaltensweisen, die wir von unseren Hunden verlangen, entsprechen jedoch zumeist nicht der eigentlichen Natur unserer Vierbeiner.

Kein Hund muss innerhalb eines Rudels bei einem Artgenossen "bei Fuß" laufen oder sich auf dessen Wunsch unverzüglich setzen. Wir bringen unseren Hunden also Verhaltensweisen bei, die rein biologisch für sie keinen Sinn ergeben. Im Gegenteil – sie hindern sie zum größten Teil an den genetisch fixierten Verhaltensabläufen. Beispielsweise ist das Unterbinden von Sexualverhalten aus Sicht eines Hundes in keiner Weise sinnvoll. Dennoch muss ein Hund diese Verhaltensregeln lernen, um sich in unseren menschlichen Alltag bestmöglich integrieren zu können.

Der Hund ist ein Opportunist. Was er tut, muss sich für ihn lohnen.

Der Hund ist von Natur aus ein Opportunist. Mit anderen Worten bedeutet das: Er arbeitet für sich selbst erfolgsorientiert und wird sich immer so verhalten, dass er selbst die meisten Vorteile daraus ziehen kann. Dementsprechend muss sich der Aufbau neuer, erwünschter Verhaltensweisen und Signale für ihn selbstverständlich lohnen.

Veraltete Trainingsmethoden, die ausschließlich auf dem Einsatz von Strafreizen basieren, wie beispielsweise den Leinenruck für das perfekte Fußlaufen oder das Straffziehen der Leine Richtung Boden zum Erreichen einer Platzposition, entsprechen daher nicht dem zielorientierten Lernverhalten unserer Hunde. Sie führen lediglich dazu, dass ein Hund aus Unsicherheit und Angst bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden versucht. Da jedoch meist der korrekte Aufbau des erwünschten Verhaltens fehlt, weiß der Hund letztendlich nicht sicher, was von ihm verlangt wird. Sicher weiß er lediglich, welches Verhalten zu Strafen führt.

Um ein vertrauensvolles Team zu werden und dem Hund zuverlässige Verhaltensweisen anzutrainieren, sollte sich die Zusammenarbeit mit dem Menschen und der Aufbau neuer Signale für den Hund lohnen.

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Das Verhalten muss sich für den Hund lohnen. © stock.adobe.com/imagox

Den Hund durch Belohnung korrigieren: Welche Belohnung ist richtig?

Welche Belohnung für den Hund die richtige ist, muss immer individuell entschieden werden.

In stressigen Momenten empfinden es einige Hunde als unangenehm, angefasst zu werden.

Ob Futter, Streicheleinheiten oder ein ausgiebiges Spiel mit dem Menschen – wichtig ist nur, dass die ausgewählte Variante für den Vierbeiner tatsächlich eine Belohnung darstellt. Die meisten Hunde empfinden es beispielsweise in stressigen Momenten als eher unangenehm, angefasst zu werden, und sie weichen der menschlichen Hand aus. Dementsprechend gilt es, die Belohnungsform zu finden, die situativ und individuell je nach Hund angepasst ist.

Der häufigste Fehler beim Korrigieren des Hundes

Häufig wird dem Hund bei Nichtausführen eines Signals "Ungehorsam" unterstellt und der Mensch versucht über körperliches Eingreifen, seinen Willen einzufordern. Ein ganz typisches Beispiel hierfür ist: Der Hund ignoriert scheinbar das Kommando "Sitz" und der Halter versucht dann, den Hund mit Druck auf die Kruppe in die gewünschte Position zu bringen. Der Hund lernt jedoch bei dieser Form des Trainings ausschließlich, sich bei Druck auf das Hinterteil zu setzen und nicht auf das Signal an sich zu reagieren.

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Der Hund soll allein auf das Signal reagieren.© stock.adobe.com/Alesya

Der Hund tut nicht, was ich sage – woran liegt das?

Führt ein Hund die gewünschten Signale nicht aus, so gilt es zu allererst, auf Fehlersuche zu gehen. Oftmals sind Missverständnisse und Kommunikationsfehler die Ursache hierfür.

1. Verbales Signal und Sichtzeichen passen nicht zusammen

Hunde orientieren sich hauptsächlich an der menschlichen Körpersprache. Verbale Signale spielen eine untergeordnete Rolle. Somit muss sich der Hundehalter selbst reflektieren und darin schulen, für seinen Hund klar lesbar zu werden.

Hierzu ein ganz banales und doch alltägliches Beispiel: In der Regel bringen Hundehalter ihrem Vierbeiner bei, sich beim nach oben gestreckten Zeigefinger als Sichtzeichen zu setzen. Die flache Hand in Richtung Boden bedeutet zumeist das Signal "Platz". Doch was nun, wenn verbal zwar ein "Sitz" erklingt, körpersprachlich jedoch unabsichtlich über die Hand das "Platz"- Signal gegeben wird? Der Hund wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an der Körpersprache orientieren und sich ablegen.

2. Hund ist nicht ausreichend motiviert, mit Ihnen zusammenzuarbeiten

Eine weitere Ursache für die Nichtausführung eines Signals ist die fehlende Motivation des Hundes, mit seinem Halter zusammenzuarbeiten. Ist der Hund draußen generell schon schlecht ansprechbar und interessiert sich mehr für die Umwelt, müssen Sie zuallererst die Bindung zum Hund stärken. Die Frage, die man sich nun stellen muss, ist, wieso der Hund sämtliche Reize alsspannender empfindet und warum die Aufmerksamkeit seinem Halter gegenüber dadurch beeinträchtigt wird.

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3. Fehlverknüpfungen beim Erlernen neuer Signale

Vor allem beim Aufbau und dem Festigen neuer Signale kann es unter Umständen zu einer Fehlverknüpfung beim Hund kommen. Dies kann unter anderem durch schlechtes Timing bei der Belohnung des Hundes entstehen oder auch durch einen ungenauen Übungsaufbau.

So sollte beispielsweise bei dem Signal "Sitz-Bleib" auch auf das Aufrechtsitzen bestanden und das Hinlegen des Hundes korrigiert werden, indem man wieder zu ihm geht und ihn erneut in die Sitzposition lockt. Erhält der Hund am Ende der Übung trotz der Ablage seine Belohnung, wird er dieses falsche Verhalten immer wieder zeigen.

4. Erlerntes Signal ist noch nicht generalisiert

Damit Ihr Hund ein Signal zuverlässig ausführt, braucht es viele erfolgreiche Wiederholungen gerade in der Aufbauphase. Um ein Signal zu generalisieren, ist es notwendig, dass dieses mit viel Fleiß und Feingefühl in sämtlichen Situationen des Alltags immer wieder sorgfältig trainiert wird.

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Nur viele Wiederholungen führen ans Ziel. © stock.adobe.com/otsphoto

5. Außenreize machen den Hund unsicher

Durch verschiedene Außenreize kann es passieren, dass sich Hunde unwohl fühlen und Probleme mit der Umsetzung haben. Ist das der Fall, sind meist typische Übersprunghandlungen, wie schlecken, sich kratzen, gähnen oder auch den Blick abwenden, zu beobachten.

Bitte beachten Sie: Gerade bei diesen Ursachen wird der Einsatz von Strafreizen beim Korrigieren des Hundes nicht zum gewünschten Erfolg führen. Denn der Fehler liegt beim Halter, eine Maßregelung des Hundes ist nicht gerechtfertigt.

3 häufige Fehlverhalten – mögliche Ursachen und wie Sie den Hund richtig korrigieren

Wieso Ihr Hund unerwünschtes Verhalten zeigt und wie Sie sein Fehlverhalten richtig korrigieren, lesen Sie hier.

1. Sie sagen "Platz" - und der Hund bleibt stehen

In erster Linie muss der Hundehalter bei dieser Situation seine eigene Körpersprache überdenken – welches Sichtzeichen wurde gegeben, welches verbale Signal dazu. Wurde das Signal zum Abliegen bereits so umfangreich trainiert, dass der Hund es in der gewünschten Situation und Reizlage abrufen kann?

Auf kalten, nassen Boden legen viele Hunde sich ungern.

Ein ganz banaler Grund für das Nicht-Hinlegen kann zudem sein, dass sich beispielsweise sehr dünnfellige Hunde sehr ungern auf kalte oder nasse Böden legen.

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2. Sie geben das Signal "Such" – und der Hund schaut fragend

In diesem Fall liegt der Verdacht nahe, dass der Hund das Signal noch nicht umfangreich verinnerlicht oder verstanden hat. Auch die Suche nach Gegenständen muss schrittweise aufgebaut werden.

Lassen Sie Ihren Hund bei den ersten Durchgängen ruhig beim Verstecken der Beute zugucken. Zudem ist zum Beispiel die Suche nach Futterbrocken klar durch ein separates Signal von der Suche nach Gegenständen zu unterscheiden. Um Ihrem Hund die Arbeit zu erleichtern, fügen Sie einfach ein zusätzliches Wort ein, welches Ihrem Hund verdeutlicht, wonach er auf die Suche gehen soll – "Such Dummy" oder "Such Leckerli" bieten sich hier beispielsweise an.

Zeigen Sie mit Blick und Körper, wo der Hund suchen soll!

Des Weiteren orientieren sich Hunde auch bei dieser Beschäftigungsform stark an der menschlichen Körpersprache. In diesem Rahmen geht es ganz besonders um die Blickrichtung. Bei der eigenständigen Suche soll sich der Hund vom Halter wegbewegen. Schaut der Halter dem Hund bei dem Signal "Suuuuch" tief in die Augen, wird der Hund mit hoher Wahrscheinlichkeit – sollte er in der Ausführung noch unsicher sein – einfach sitzen bleiben. Hier der Tipp: Schauen Sie unbedingt immer in die Richtung, in die Ihr Hund auf die Suche gehen soll.

3. Beim Signal "Fuß" zieht der Hund dennoch an der Leine

Die Ursache einer mangelnden Leinenführigkeit liegt häufig schon im Aufbau dieses Signals. Hier kommt es auf ein kleinschrittiges Training in sämtlichen Reizlagen über eine langsam ansteigende Dauer an, um das gewünschte Verhalten zu formen und zu festigen. Dies ist natürlich im alltäglichen Leben gar nicht so einfach umzusetzen, wodurch Hunde sehr schnell in große Stressmomente geraten können.

Beenden Sie die Übung "Fuß" mit einem Freigabe-Signal!

Das Beenden der Übung "Fuß" über ein Freigabesignal, bei dem der Hund sich wieder aus dieser Position heraus bewegen darf, oder auch die Unterscheidung von Halsband und Geschirr können hier hilfreich sein.

Zudem besteht bei dieser Übung die große Gefahr einer Fehlverknüpfung. Anstatt das Signal weiterhin zu festigen, wenn der Hund gewünschtes Verhalten zeigt, wird "Fuß" häufig als Ermahnung in Momenten genutzt, in denen der Hund ziehend in der Leine hängt. Kaum ein Halter belegt bei dieser Übung das gewünschte Verhalten – nämlich wenn der Hund entspannt an lockerer Leine neben ihm läuft – mit einer Belohnung. Nach einiger Zeit, in der das Wort "Fuß" ausschließlich in unerwünschten Momenten genutzt wird, hat der Hund gelernt, dass dieses Signal sich offensichtlich auf die gespannte Leine bezieht.

Loben Sie Ihren Hund, wenn die Leine locker ist, immer wieder!

Eine weitere Gefahr der Fehlkonditionierung besteht darin, dass der Hund bei dieser Übung häufig die meiste Aufmerksamkeit des Menschen erhält, wenn er unerwünschte Verhaltensweisen zeigt. Läuft er locker an der Seite seines Halters, erhält er dagegen in der Regel wenig Ansprache. Damit ist das Spannen der Leine natürlich zusätzlich eine lohnenswerte Sache.

In veralteten Trainingsmethoden erfolgt das Korrigieren bei der Übung "Bei Fuß" meist über eine Einwirkung über die Leine: Der Hund wird mit einem Ruck gemaßregelt oder zurück in die gewünschte Position gezogen. Hierdurch erfährt der Hund, welches Verhalten nicht erwünscht ist. Welches jedoch das eigentlich gewünschte Verhalten ist, wird meist nicht zureichend bestätigt.

Bestätigen Sie gewünschtes Verhalten durch Lob oder Belohnung.

Abgesehen von der völlig überzogenen körperlichen Maßregelung besteht hierbei zudem das Problem darin, dass diese Form des Trainings selten konsequent in den Alltag gebracht wird. So wird es Momente geben, in denen der Hund durch Zug zum Ort der Begierde kommt. Wird nun in einer Situation das Ziehen an der Leine gemaßregelt und in der nächsten nicht, führt dies zu starken Unsicherheiten beim Hund.

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Das Ziehen an der Leine muss richtig korrigiert werden.© stock.adobe.com/Karoline Thalhofer

Fazit

Zeigt der Hund auf ein bestimmtes Signal hin, nicht das erwünschte Verhalten, liegt der Fehler oft beim Halter. War der Halter in seiner Körpersprache unklar, hat er ein neues Signal nicht umfangreich generalisiert oder hat er unabsichtlich Fehlverknüpfungen geschaffen, so hatte der Hund gar nicht die Möglichkeit, das Signal richtig auszuführen.

Eine Maßregelung ist also absolut nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil – es wäre unter Umständen sehr schädlich für die Beziehung, wenn ein bereits überforderter Hund in diesen Momenten auch noch zusätzlich eine Maßregelung durch seinen Halter erfährt. Anstatt unerwünschtes Verhalten mit Strafe und Maßregelung zu korrigieren, ist es viel zielführender, den Hund mit Belohnung zu korrigieren. Denn der Hund ist ein Opportunist. Was er tut, muss sich für ihn lohnen. Demnach entspricht das Korrigieren durch Belohnung dem zielorientierten Lernverhalten unserer Hunde und wird eher zum Erfolg führen.

 Über die Autorin:

Zusammen mit ihrem Team ist Martin Rütter DOGS Coach Franziska Herre Ansprechpartnerin für die Hundehalter im Raum Weimar, Erfurt, Eisenach und begleitet sie mit ihren jungen und älteren Hunden durch den Alltag. Nähere Informationen unter www.martinruetter.com/erfurt-weimar.  

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