Das Kleben
Pferde sind Herdentiere und als solche auf die Gesellschaft von Artgenossen angewiesen. Unter dem Reiter jedoch kann das Kleben an anderen Pferden schnell zum Problem werden.
Es ist in gewisser Weise verständlich, dass ein Pferd lieber in Gesellschaft seiner Herdenkollegen bleibt. (siehe auch artgerechte Haltung) Und auch für den Reiter ist es stets besser und vor allem sicherer, sich gerade im Gelände in Gesellschaft zu bewegen. Dennoch gerät man unweigerlich immer wieder in Situationen, in denen man sich mit seinem Pferd unabhängig von anderen bewegen muss. Wenn das Pferd sich dann aufregt, zackelt, wiehert und eventuell sogar durchgeht, ist das nicht akzeptabel. Ausnahmsweise spielen körperliche Ursachen wie Schmerzen, mangelnde Kondition usw. hier kaum eine Rolle. Ausgangspunkt für das Kleben ist die mentale Verfassung des Pferdes.
Ängstliche Pferde
Einerseits sind es besonders unsichere und ängstliche Pferde, die vehement an ihren Freunden kleben. Sicher und geborgen fühlen sie sich nur in der Herde, ohne deren Schutz trauen sie sich nicht weiter. Dem Reiter gelingt es noch nicht, dem Pferd als souveräner Führer gegenüberzutreten, es vertraut sich dem Menschen nicht an. Ein Pferd, das sich so verlassen fühlt, kann heftige Reaktionen bis hin zur Panik zeigen.
Dominante Pferde
Erstaunlicherweise sind es manchmal auch sehr selbstbewusste Pferde, die das Ansinnen des Menschen zurückweisen und energisch darauf drängen, bei ihren Artgenossen zu bleiben. Hier mangelt es nicht so sehr an Vertrauen in den Menschen, es mangelt an Respekt. Der Mensch ist schlicht nicht wichtig genug. Solche Pferde sind häufig auch innerhalb der Herde ranghoch und fühlen sich gewissermaßen verantwortlich.
Vertrauen und Respekt
Langfristig muss in beiden Fällen am Verhältnis des Menschen zum Pferd gearbeitet werden. Bodenarbeit ebenso wie die Arbeit unter dem Sattel gehören unbedingt dazu, doch vor allem spielt hier der ganz normale tägliche Umgang eine große Rolle. Jeden Tag, in jedem Moment – kurz: immer! – muss sich der Mensch verlässlich, konsequent, selbstbewusst und fair gegenüber dem Pferd zeigen, um sich Vertrauen und Respekt zu verdienen.
Was tun, wenn das Pferd klebt?
In der konkreten Situation kann es helfen, abzusitzen und das Pferd zu führen, bis die Kollegen außer Sicht- und Hörweite sind. Oft lässt sich das Pferd vom Boden aus leichter regulieren als vom Sattel aus. Je nervöser das unsichere Pferd wird, desto wichtiger ist die innere und äußere Gelassenheit des Reiters. Ganz bewusst wird darauf verzichtet, Druck auszuüben; das würde dem Pferd das falsche Signal geben. Das richtige Signal besagt: Es ist alles in Ordnung. Der Reiter lässt die Zügel locker. Wenn nötig, wird das Pferd kurz durchpariert und wieder locker gelassen, sobald es Schritt geht. Hier ist je nachdem allerdings viel Geduld gefragt, eventuell auch über einen längeren Zeitraum hinweg. Das dominante Pferd wird energisch abgewendet und kann durch einfache Lektionen wieder auf den Reiter konzentriert werden. (Britta Schön)