Erste Hilfe für Jungvögel - Teil 1
Im Mai, Juni und Juli ist bei einheimischen Vögeln Brutzeit. Da ist es gar nicht so selten, dass Spaziergänger auf ein hilfloses Federknäuel stoßen, das halbnackt am Boden oder wackelig auf einem Ast hockt.
Instinktiv regt sich Mitleid. Und der Entschluss reift, es zu Hause aufzupäppeln. Doch Vorsicht: Bei fast allen Vogelarten verlassen die Jungen den Brutplatz schon, bevor ihr Gefieder vollständig ausgewachsen ist und sie richtig fliegen können. Doch diese Tiere sind nicht "aus dem Nest gefallen" und schon gar nicht verlassen: Ihre Eltern versorgen sie weiter. Deshalb: Lassen Sie die Jungvögel an Ort und Stelle! Allenfalls Tiere, die mitten auf eine Straße oder einen Weg geraten sind, sollten Sie etwas abseits an eine geschützte Stelle setzen. Die Vogeleltern werden ihr Kind trotzdem weiter akzeptieren.
Abwarten, ob die Eltern wiederkommen
Nur wenn ein gefiedertes Findelkind offensichtlich geschwächt, ausgekühlt oder durchnässt ist und sich innerhalb der nächsten ein bis zwei Stunden kein rufendes Alttier in der Umgebung bemerkbar macht, oder wenn das Tier verletzt ist, sollten Sie eingreifen. Eines müssen Sie allerdings wissen: Wenn Sie ein Vogelkind mit nach Hause nehmen, machen Sie sich in den meisten Fällen strafbar, da fast alle unsere heimischen Vögel irgendeinem Gesetz unterliegen: dem Jagdgesetz, dem Naturschutzgesetz oder dem Artenschutzgesetz. Bei den meisten Arten wird jedoch ein Auge zugedrückt, da offizielle Vogelauffangstellen für hilflose, verletzte oder verunglückte Vögel relativ dünn gesät sind. Keine Ausnahme gibt es jedoch bei Greifvögeln und Eulen. Wenn Sie deren Jungtiere finden, sind Sie verpflichtet, diese in anerkannte Pflege- und Aufzuchtstationen zu bringen. Damit Sie genau wissen, was zu tun ist, wenn Sie einmal ein Vogelkind finden, das wirklich Ihre Hilfe braucht, geben wir Ihnen hier die wichtigsten Tipps.
Aufzucht bedeutet Verantwortung
Bitte überlegen Sie sich vorher, ob Sie eine Aufzucht zeitlich überhaupt schaffen. Ein junger Vogel braucht sehr viel Pflege. Sie müssen ihn z.B. stündlich, und falls er noch nackt ist, sogar jede halbe Stunde füttern. Wenn er sich später nicht mehr in das natürliche Leben einordnen kann, muss man auch weiter für ihn sorgen.
Das Quartier
Wie das Ersatznest für Ihr gefiedertes Findelkind eingerichtet sein muss, hängt davon ab, ob Sie einen Nesthocker oder einen Nestflüchter mit nach Hause gebracht haben. Nesthocker (wie Amseln oder Meisen) schlüpfen nackt und blind. Gerät so ein Jungvogel in Ihre Obhut, sollten Sie in einem Korb, einem Pappkarton oder einem größeren Blumentopf ein "Nest" aus Laub, feinem Heu oder weichem Stoff schaffen. Auch Zeitungen, Sägespäne oder Küchenpapier erfüllen ihren Zweck. Nicht geeignet sind Materialien, die leicht Schlingen bilden, wie Wolle, Holzwolle und Fäden aller Art, sowie Watte. Der Vogel könnte sich darin verwickeln und ersticken.
Alte leere Vogelnester, die Sie vielleicht draußen gefunden haben, sind keine empfehlenswerte Behausung. Sie stecken meistens voller Milben und anderen Krankheitserregern. Aus dem alternativen Nestmaterial formen Sie eine Mulde, die so tief ist, dass Ihr Vogelkind nicht über den Rand herausfallen kann. Bei allen Jungvögeln sollte man außerdem darauf achten, dass ihr Nest so ausgestopft ist, dass die Beine nicht seitlich wegrutschen können. So vermeidet man spätere Beinfehlstellungen.
Stellen Sie sicher, dass das Ersatznest windgeschützt und warm steht. Zugluft und Feuchtigkeit schaden allen Jungtieren. Solange Ihr Findling noch einen dürftigen Federflaum hat, müssen Sie für ständige Wärmezufuhr sorgen. Dazu eignen sich entweder Heizkissen, Infrarotstrahler oder 20/40-Watt-Glühbirnen. Kontrollieren Sie bitte häufig die Temperatur, die zwischen 35 und 37 Grad liegen muss. Reißt Ihr kleiner Gast den Schnabel auf, streckt Kopf und Hals weit nach vorne und hechelt, ist ihm zu warm. Wenn der Vogelkörper vollkommen von Federn bedeckt ist, können Sie die Wärmezufuhr sein lassen.
Voliere für den Jungvogel
Beginnt der Findling, sein Nest zu verlassen, müssen Sie für einen Sitzast sorgen, dessen Umfang der Länge seiner Zehen entspricht. Jetzt ist es auch an der Zeit, einen Käfig oder eine Voliere zu besorgen, da der Jungvogel nun beginnt, laufend, hüpfend und flatternd seine Umwelt zu erforschen. Nestflüchter (wie Entenküken) können schon wenige Stunden nach dem Schlüpfen laufen. Sie brauchen daher mehr Platz als Nesthocker. Ideal sind eine Kiste oder ein Karton von mindestens einem Quadratmeter Grundfläche, die man mit Sand bedeckt oder mit kleingeschnittenem Gras auslegt. Die Behausung muss mit einem feinmaschigen Netz oder Gitter abgedeckt werden, damit der Findling nicht entwischen kann.
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