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Tierische Ingenieure: Verborgene Baumeister der Natur und ihre Leistung für das Ökosystem

Tiere hinterlassen deutliche Spuren in ihrer Umwelt – oft in einem Ausmaß, das selbst Fachleute erstaunt. Neue Studien zeigen, wie essenziell diese Aktivitäten für Ökosysteme und damit auch für uns Menschen sind.

Biber baut einen Biberdamm
© stock.adobe.com/Jillian

Ein Forscherteam unter der Leitung von Gemma Harvey von der Queen Mary University of London hat rund 600 Tierarten identifiziert, die aktiv in die Gestaltung der Erdoberfläche eingreifen. Sie beeinflussen durch ihre natürlichen Verhaltensweisen die Landschaft und leisten damit einen bedeutenden ökologischen Beitrag.

Biber errichten Dämme, die Flüsse umlenken und neue Feuchtgebiete entstehen lassen. Nilpferde schaffen durch ihre Wanderbewegungen natürliche Wasserkanäle. Ameisen durchlüften den Boden, was das Pflanzenwachstum begünstigt. Unzählige weitere Spezies graben, bauen und formen so ihre Umgebung.

Natürliche Kräfte mit gewaltiger Energie

Das Team um Harvey hat versucht, die von Tieren erbrachte Energieleistung zu quantifizieren. Das Resultat überrascht selbst Experten: Jährlich setzen Wildtiere rund 76.000 Gigajoule Energie für die Veränderung der Erdoberfläche frei. Laut Thassilo Franke von den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns entspricht dies der Kraft von Hunderttausenden schweren Flutereignissen.

Zur Berechnung dieser Werte analysierten die Wissenschaftler, wie viel Energie einzelne Tierarten für Aktivitäten wie das Graben von Tunneln aufwenden. Diese Daten wurden mit der globalen Biomasse der jeweiligen Art kombiniert, um die Gesamtleistung aller untersuchten Tiere zu bestimmen.

Bedrohung der Artenvielfalt gefährdet Ökosysteme

„Unsere Forschung zeigt, dass Tiere eine viel bedeutendere Rolle in der Gestaltung von Landschaften spielen, als bisher angenommen“, erläutert Harvey. Doch ein besorgniserregender Befund der Studie ist, dass fast 30 Prozent der erfassten Tierarten als selten, endemisch oder bedroht gelten. Ihr Verlust könnte tiefgreifende Auswirkungen auf Ökosysteme und deren Stabilität haben.

Die unsichtbaren Ökosystem-Ingenieure: Termiten, Ameisen und Regenwürmer

Ein weiteres Forschungsteam unter Leitung von Nico Eisenhauer, Professor für Experimentelle Interaktionsökologie an der Universität Leipzig, kam zu ähnlichen Ergebnissen. Die Wissenschaftler untersuchten die Einflüsse von Termiten, Ameisen und Regenwürmern auf Böden weltweit und stellten fest, dass diese Tiere essenzielle Prozesse in der Natur steuern.

Sie tragen erheblich zur Verfügbarkeit wichtiger Nährstoffe bei, indem sie organisches Material abbauen. Ihre Bauten – seien es Termitenhügel, Ameisennester oder Regenwurmgänge – sind reich an Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor, was das Wachstum von Pflanzen fördert. Für die Untersuchung wertete das Team über 1.000 Studien aus sechs Kontinenten aus.

Das Beispiel Yellowstone – Wenn eine Art fehlt

Die tragende Rolle von Tieren für das ökologische Gleichgewicht wird oft erst dann sichtbar, wenn sie verschwinden. Ein bekanntes Beispiel ist der Yellowstone-Nationalpark: Als in den 1920er-Jahren die Wölfe ausgerottet wurden, stieg die Zahl der Hirsche stark an.

Erst mit der Wiedereinführung der Wölfe im Jahr 1995 normalisierte sich das Gleichgewicht allmählich. Die Vegetation regenerierte sich, die Biodiversität nahm zu, die Wasserqualität verbesserte sich – und sogar die seltene Cutthroat-Forelle kehrte zurück.

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass jede Art eine unverzichtbare Rolle im Ökosystem spielt. Das Verschwinden einzelner Spezies kann weitreichende Veränderungen verursachen, deren langfristige Folgen oft nicht vorhersehbar sind.

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