Tierheimhund eingeschläfert - obwohl er schon ein neues Zuhause hatte
Im Jahr 2023 wurde Nanouk wegen schlechter Haltung von den Behörden beschlagnahmt und kam ins Tierheim. Zwei Jahre lang lebte er dort, wurde betreut und entwickelte sich zusehends positiv. Doch obwohl sich das Tierheim, Helfer und Betreuer für ihn einsetzten und bereits ein neues Zuhause für ihn bereitstand, ordneten die Behörden schließlich die Einschläferung an.
„Ich hoffe, dass Nanouk nicht für meinen Fehler bezahlen musste“
Zwischen dem ehrenamtlichen Gassi-Geher Sigurd, und Nanouk hatte sich über Monate hinweg ein enges Vertrauensverhältnis aufgebaut. „Etwa fünf Monate lang war ich fast jeden Tag zwei bis drei Stunden mit ihm unterwegs“, berichtet er. Er engagiert sich regelmäßig im Tierheim, um den Hunden Abwechslung zu bieten und sie auf ein Leben in einem neuen Umfeld vorzubereiten.
„Nanouk war insgesamt ein ruhiger, freundlicher Hund. Wir waren viel draußen – bei mir im Garten, zu Hause oder bei warmem Wetter am See“, erzählt Sigurd. „Nach etwas Übung stieg er problemlos ins Auto, ließ sich überall anfassen und konnte sogar ‚Pfötchen geben‘.“ Doch Nanouk ist tot – und Sigurd sieht sich selbst in der Verantwortung.
Der Vorfall ereignete sich Anfang Juli. „Nach unserer üblichen Runde im Wald brachte ich ihn in den Auslaufbereich“, schildert er. Dort habe es wie gewohnt Leckerlis und Streicheleinheiten gegeben – bis Nanouk plötzlich zubiss. „Das ging alles sehr schnell. Danach legte er sich hin, als wäre nichts gewesen. Für mich war es ein Missverständnis zwischen ihm und mir“, erklärt Sigurd.
Obwohl Nanouk bei Spaziergängen oft einen Maulkorb trug, habe er nie aggressives Verhalten gezeigt. „An der Leine war er stets ruhig. Vor dem Beißvorfall lag keine Einstufung als gefährlich vor. Ich ließ die Wunde nur sicherheitshalber im Krankenhaus behandeln“, so Sigurd. „Aber ich hatte ständig die Sorge, dass Nanouk für meinen Fehler bestraft wird.“
Und genau das passierte: Wegen der Bissverletzung wurde Nanouk eingeschläfert.
Obwohl ein Zuhause gefunden war – die Behörden entschieden anders
Die Einschätzung der Behörden fiel deutlich aus. „Alle Vermittlungsversuche sind gescheitert“, erklärte der Landkreis Harz in einer Stellungnahme. „Mehrere Angebote konnten aus Gründen der Plausibilität, fehlender Sachkunde und wegen der akuten Gefährdungslage nicht umgesetzt werden. Trotz zweijähriger Arbeit zeigte der Hund weiterhin aggressives und nicht kalkulierbares Verhalten – selbst für erfahrene Fachleute schwer einzuschätzen.“
Daher sollte Nanouk getötet werden – es sei denn, es würde innerhalb von vier Tagen eine sichere neue Bleibe für ihn gefunden. Eine nahezu unlösbare Aufgabe, doch das Tierheim-Team, Freiwillige und auch Sigurd gaben nicht auf. Und tatsächlich: Eine passende Familie wurde gefunden – sogar eine Übergangslösung war organisiert.
Doch dann die Wendung: Die Einschläferung sollte dennoch stattfinden – weil die entscheidende Person im Veterinäramt erst am Donnerstag, dem 10. Juli 2025, wieder verfügbar sei. Erst dann sollte entschieden werden, ob die vorgeschlagene Lösung zulässig ist. Dies war Inhalt einer Petition, die Nanouk retten sollte – es ging um gerade einmal vier Tage.
Innerhalb kurzer Zeit unterzeichneten Tausende Menschen. Auch Sigurd versuchte weiter, sich für Nanouk einzusetzen: „Ich habe meinen Fehler eingeräumt und versucht, die Situation bei verschiedenen Stellen zu erläutern“, sagt er. „Aber meine Sichtweise wurde nicht gehört. Bis heute wurde ich nicht einmal vom Veterinäramt zu dem Vorfall befragt.“
Letztlich reagierten die Behörden nicht. Am 11. Juli – nur wenige Tage nach dem Vorfall – wurde Nanouk eingeschläfert. Dabei wartete sein neues Zuhause bereits auf ihn.
„Das Veterinäramt hat bei der Entscheidung sowohl tierschutzrechtliche als auch sicherheitsrelevante Aspekte berücksichtigt“, teilte der Landkreis mit. Kritik blieb dennoch nicht aus: In Magdeburg kam es zu einer Demonstration. „Wir bitten um Besonnenheit. In sozialen Netzwerken kursieren teils falsche Informationen. Zudem wurden Mitarbeitende des Veterinäramts beleidigt oder bedroht“, heißt es in der offiziellen Mitteilung. Aus diesem Grund wurde dort auch die Kommentarfunktion deaktiviert.
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