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Einer schläft im Tierreich immer

Schlafen ist nicht nur gut zum Ausruhen, zum Sammeln neuer Kräfte oder zum Träumen. Es werden auch die Eindrücke des Tages verarbeitet und neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn geknüpft – schlafen macht schlau.

Schlafende Tiere
Nachteule, Frühaufsteher, Siebenschläfer, Tagträumer oder Traumtänzer - Jedes Lebewesen hat seinen Schlaf-Rhythmus auf seine Lebensweise angepasst© Foto: Thomas Brodmann / animals-digital.de

Bekanntlich gibt es Nachteulen und Frühaufsteher, Siebenschläfer, Tagträumer und sogar Traumtänzer unter Vögeln und Säugetieren. Jeder schläft eben auf seine Art. Jäger schlafen außerdem länger als Gejagte und träumen auch viel mehr. Löwen zum Beispiel verschlafen gut zwei Drittel ihres Lebens. Hund und Katz haben ihre Aktivitätszeiten zudem auf den Lebensrhythmus ihrer Besitzer abgestimmt.

Warum schlafen Mensch und Tier?

Warum Mensch und Tier schlafen, ist aber immer noch rätselhaft. Dass sie es der Ruhe wegen tun müssen, ist nur die halbe Antwort. Je nach Biorhythmus fallen die Augen zu und die Aktivität des Gehirns und der Bewusstseinszustand verändern sich und mit ihnen eine Reihe weiterer Körperfunktionen. In der Gruppe wirkt Schlafen direkt ansteckend, die Haltung wird artübergreifend von allen verstanden – entspannte Muskeln, geschlossene Augen und gleichmäßig fließender Atem.

Manche meistern das Leben im Halbschlaf 

Delfine allerdings können davon nur träumen – ob sie schlummern oder nicht, sieht man ihnen nicht an. Denn zum Schlafen im herkömmlichen Sinn haben sie keine Gelegenheit. Sie müssen regelmäßig auftauchen, um Luft zu holen, und bleiben darum immer in Bewegung. Nur die Gehirnhälften wechseln sich ab: schläft die linke tief, so kann die rechte Hälfte hellwach sein. Sogar die Hirntemperatur ändert sich je nach Munterkeit nur bei einer Hälfte. Welche gerade schlummert, ist nicht erkennbar an den Bewegungen des Meeressäugers, denn die wache Hälfte steuert den gesamten Organismus. Rund sieben Stunden schläft ein Delfin auf diese Weise. Und noch eins unterscheidet Delfine von Landsäugetieren, haben Moskauer Zoologen herausgefunden: Sie träumen nicht.

Hirn im Halbschlaf

Zwar versinken Seelöwen und Seebären, während sie an der Wasseroberfläche treiben, ebenfalls in so einen "Halbschlaf", aber ihre Schlaftechnik ist anders. Ihr Körper spiegelt wider, welche Hirnhälfte gerade die muntere ist. Schaut die linke Robbenseite aus dem Wasser, ist die linke Hirnhälfte wach und kann die rechte Flosse paddeln lassen. Die anderen Flossen ruhen zusammengelegt. Und bei den Robben kommt wenigstens die untätige Hirnhälfte in den Genuss des Traumschlafs.

Ruhen und gleichzeitig wachsam sein

Diese Hirnakrobatik ist den Meeressäugern nicht allein vorbehalten, haben amerikanische Forscher herausgefunden. Auch bei Stockenten und anderen Vögeln arbeiten die Hirnhälften unabhängig voneinander. Ruhen und gleichzeitig wachsam sein – Enten können das im Schlaf. Dadurch haben sie die Möglichkeit, ohne Furcht vor Überfällen selbst auf gefährlichen Plätzen zu ruhen. Als die Wissenschaftler von der Indiana State University die Tiere von 16 Wildenten-Gruppen filmten und deren EEGs aufzeichneten, zeigte sich, dass die Tiere in der Mitte meist beide Augen geschlossen hatten, während bei den am Rand sitzenden fast immer zumindest eines geöffnet war.

Ein Auge ist immer offen

Die EEGs enthüllten, dass letztere im Schlaf noch Ausschau hielten. Immer war das Auge offen, das von der Gruppe wegguckte. Das bedeutet gleichzeitig auch Sicherheit für die innen beidäugig schlafenden Artgenossen. Wenn die Enten sich angegriffen fühlten – in Wirklichkeit war es nur ein Videobild –, wurde der wache Teil des Gehirns aktiv. Innerhalb von Zehntelsekunden hatten die Vögel den schlafenden Teil ihres Gehirns geweckt, beide Augen geöffnet und die Flucht ergriffen. Und natürlich durfte jede Gehirnhälfte mal abschalten: Etwa jede Stunde standen die Tiere auf, drehten sich um und hockten sich wieder hin. Dann war das andere Auge geöffnet.

Große Denkpause zur Winterzeit

Zur Winterschlafenszeit besteht im gesamten Gehirn fast völlige Funkstille. Ohne Bewusstsein schlummert der Igel dem Frühling entgegen. Nur im Zwischenhirn herrscht noch Betrieb, wie der spanische Biologe Sanchez-Toscano herausfand. Er entdeckte, dass die Hirnnerven kurz vor dem Winterschlaf zusätzlich feine Ästchen ausbilden. So kann das Zwischenhirn in der Winterpause selbst äußerst schwache Hirnströme noch wahrnehmen und die wichtigsten Lebensfunktionen erhalten. Bis es Zeit ist aufzustehen.

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