Wann haftet der Tierarzt?
Auch bei Tierarztbesuchen kann ungewollt etwas schiefgehen. Ist dem Tier ernsthaft Schaden zugefügt worden oder ist es unerwartet verstorben, so stellt sich schnell die Frage, wer für die Kosten aufkommt und ob es einen Anspruch auf Schadenersatz gibt. Wir klären auf!
Ein Besuch beim Tierarzt ist irgendwann bei jedem Haustier notwendig, sei es zur Vorsorge oder im akuten Krankheitsfall. Auch bei Verletzungen ist ein Tierarztbesuch meist unvermeidbar. Oftmals ist die resultierende Rechnung dann genauso verständlich wie die des Zahnarztes oder Rechtsanwaltes. Gemeinsam ist diesen Berufsgruppen, dass sie eine Gebührenordnung haben, auf deren Grundlage sie abrechnen müssen.
Was ist, wenn dem Tierarzt bei der Behandlung Fehler unterlaufen?
Unterläuft einem Tierarzt ein grober Behandlungsfehler, muss dieser für den entstandenen Schaden in voller Höhe aufkommen. Beispielsweise führte der Behandlungsfehler eines Veterinärs zur Unfruchtbarkeit einer Hündin. Dem Halter wurde ein Schadensersatz in Höhe von 8.000 Euro zugesprochen.
Diesem Urteil liegen folgende rechtliche Grundlagen zugrunde:
- Entscheidet ein Tierarzt aus medizinischer Sicht, ein Tier einzuschläfern und nicht mehr retten zu können, muss der Halter des Tieres vollständig für die Kosten des "Eingriffs" aufkommen, auch wenn dieser meint, dass der Hund ungerechtfertigt getötet wurde. Nur wenn ein unabhängiger Gutachter zu dem Schluss kommt, dass das Einschläfern unnötig war, kann der Halter des Tieres Schadensersatzansprüche geltend machen.
- Ein Tierarzt ist verpflichtet, über die Art der Behandlung, eventuelle Risiken und Erfolgsaussichten aufzuklären. Unterlässt er diese Auskunftspflicht, kann er zu Schadensersatz verpflichtet werden.
- Tierärzte dürfen frei entscheiden, welches Tier sie behandeln und welches nicht. Ein Halter hat nur dann einen Anspruch auf Leistung, wenn der Veterinärmediziner eine Notfallbehandlung vornehmen muss.
- Hausbesuche des Tierarztes stellen eine freiwillige Leistung dar.
- Wer sein Haustier zum Tierarzt bringt, geht mit diesem einen Vertrag ein, der keiner Schriftform bedarf. Es gibt jedoch verschiedene Arten von Verträgen, die jeweils andere Schadensersatzregelungen beinhalten.
Vertragsarten zwischen Tierarzt und Tierhalter
Je nach Leistung der behandelnden Tierärzte kann man drei verschiedene Verträge unterscheiden. Auf deren Grundlage wird im Streitfall verhandelt.
1. Dienstverträge
In den meisten Fällen handelt es sich bei tierärztlicher Leistung um einen Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Dieser verpflichtet den Veterinär zu sachgerechter tierärztlicher Leistung, die eine Gesundung des Tieres herbeiführen soll. Eine Garantie wird in diesem Dienstvertrag nicht gegeben.
2. Werkverträge
Anders gestalten sich Werkverträge – Schutzimpfungen oder tierärztliche Ankaufuntersuchungen –, die eine bestimmte Leistungsfolge verpflichtend übernehmen. Tritt zunächst kein Erfolg ein, so ist eine Wiederholung der Leistung erforderlich bzw. der Anspruch auf Vergütung der Leistung entfällt. Erleidet der Tierhalter aufgrund der schlechten Leistung des Veterinärs einen Schaden, erhält er Anspruch auf Schadensersatz.
3. Behandlungsverträge
Bei der Behandlung in einer Tierklinik enthält der Vertrag sowohl dienstvertragliche wie auch werkvertragliche Elemente; es handelt sich demnach um gemischt rechtliche Vertragsverhältnisse.
So rechnet der Tierarzt für seine Leistung ab
Bei den Tierärzten heißt das Zauberwort für die Kasse Gebührenordnung für Tierärzte (kurz: GOT). Die GOT-Liste ist die Grundlage für die Rechnungserstellung durch den Tierarzt. Sie ist für alle Tierärzte verbindlich. Jeder Behandlungsschritt und dessen Kosten sind in dieser Liste, unterteilt in einzelne Tierarten, aufgeführt.
Im Ermessen des Tierarztes liegt es jedoch, welchen Satz für die Behandlung er abrechnet. In regulären Sprechstunden kann er zwischen dem 1-fachen und 3-fachen Satz wählen. Im Notdienst wird mindestens der 2-fache und höchstens der 4-fache Satz verlangt.
GOT Beispiel Schutzimpfung Hund und Katze:
- 1-facher Satz: 4,49 Euro
- 2-facher Satz: 8,98 Euro
- 3-facher Satz: 13,47 Euro
Welcher Satz vom Tierarzt verlangt wird hängt von der Schwierigkeit der Leistung, Zeitaufwand, Zeitpunkt, Wert des Tieres und örtlichen Verhältnissen ab.
Weitere Grundlagen für die Abrechnung
Bei der Abrechnung der Behandlungen gibt es neben der bereits erwähnten Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) weitere rechtliche Grundlagen, die die Kosten detailliert regeln.
Mindestpreis
- Für jeden Schritt einer Behandlung gibt es einen Mindestpreis, dieser wird einfacher Satz genannt. Weniger darf der Tierarzt nicht nehmen, mehr kann er schon, je nach Einzelfall und Schwierigkeit. Die Obergrenze bildet der dreifache Gebührensatz. Sowohl bei einer Unterschreitung des Mindestsatzes als auch bei einer Überschreitung des Höchstsatzes muss der Tierarzt vor Behandlungsbeginn eine gesonderte schriftliche Vereinbarung mit dem Tierbesitzer treffen.
Gebührenverordnung
- Im Jahr 2010 wurde die GOT mit der Gebührenverordnung vom 28.07.1999 nach gut 11 Jahren (Bundesgesetzblatt 1999, Teil I, Seite 1691 ff.) geändert. Die tierärztlichen Gebühren wurden um durchschnittlich 15 bis 20 Prozent angehoben. Der Leistungskatalog wurde dem medizinischen Fortschritt angepasst: Viele Behandlungs- und Untersuchungsmethoden wurden neu aufgenommen oder es wurde zwischen den einzelnen Behandlungsabschnitten stärker differenziert.
Gebührenverzeichnis
- Das Gebührenverzeichnis beziffert den Preis für jede tierärztliche Leistung. Dabei kann man das Gebührenverzeichnis als ein "Baukastensystem" verstehen: Die meisten Behandlungen setzen sich nämlich aus mehreren Schritten zusammen. Des Weiteren müssen verschiedene Faktoren, wie Aufwand, Materialverbrauch, Arzneimittelkosten, Zeitaufwand etc. berücksichtigt werden, denn bei einem Yorkshire-Terrier liegt der Arzneimittelbedarf naturgemäß niedriger als bei einer Dogge. Das Gebührenverzeichnis gliedert sich in einen Teil A, mit Grundleistungen z.B. Beratung, allgemeine Untersuchung mit Beratung und in einen Teil B, mit besonderen Leistungen z.B. Injektion, operativen Eingriffen (Kastration), Verband anlegen und vielem mehr.
Das sollte die Rechnung vom Tierarzt beinhalten
Damit der Tierhalter die Tierarztrechnung nachvollziehen kann, soll die Rechnung, nach Vorstellung des Gesetzgebers, folgende Mindestangaben enthalten:
- Datum der Behandlung,
- die Tierart,
- die Diagnose,
- die berechnete Leistung,
- den Rechnungsbetrag und
- die Umsatzsteuer
Rein theoretisch würde damit die Behandlung eines vergleichbaren Hundes auf dem Land genauso viel kosten wie in der Großstadt. Dem ist meist nicht so. In der Großstadt wird der Gebührenrahmen oftmals großzügiger ausgenutzt als im Umland.