Von Sängern, Spöttern und Schwätzern
Amsel, Drossel, Fink und Star begeistern im Frühjahr nicht nur den Vogelfreund mit ihrem Gesang. Aber es ist nicht alleine ihre Stimme, die Singvögel zu etwas ganz Besonderem macht.
Ohne Zweifel zählen die Singvögel zu den erfolgreichsten Vertretern innerhalb der gefiederten Verwandtschaft. Obwohl gerade mal 45 Millionen Jahre alt – ein für Vögel ausgesprochen junges Alter –, stellen sie mit weltweit über 4.000 Arten fast die Hälfte aller Vogelarten. Und die schier unüberschaubare Zahl an Rassen deutet darauf hin, dass der Prozess der Artbildung noch im vollen Gange ist. Auch bei uns gehören immerhin rund 120 der insgesamt etwa 270 einheimischen Vogelarten den Singvögeln an.
Die Vielfalt macht’s
So enorm hoch die Artenzahl, so formenreich auch ihr Auftreten. Singvögel konnten die unterschiedlichsten Lebensräume für sich erobern. Meist sehen wir sie auf Bäumen sitzend oder behände von Zweig zu Zweig hüpfend. Für derlei Hochseilakrobatik ist ihr vierzehiger Klammerfuß auch bestens geeignet. Andere klettern lieber an Felswänden oder Baumstämmen entlang. Und manche sind zu Bodenbewohnern geworden oder leben im Schilf und Sumpf. Einer ist sogar unter die Taucher gegangen. Nur der Lebensraum des freien Wassersist den Singvögeln verwehrt geblieben.
Typische Singvögel
Eine der Voraussetzungen für die große Dichte, die viele Singvögel in ihren Biotopen erreichen, ist ihre meist recht kleine Größe und der damit verbundene geringe Nahrungsbedarf. Mit einer Länge von 9 cm ist das Sommergoldhähnchen unser kleinster heimischer Singvogel. Als größter gilt der Kolkrabe, der immerhin die Maße eines Mäusebussards erreicht.
Sänger und Handwerker
Das markanteste Merkmal der Singvögel ist sicherlich ihr Gesang, wenn auch nicht das verlässlichste. Denn nicht alle sind in der Lage, wohlklingende Laute oder gar melodische Singstrophen zustande zu bringen. Man denke nur an eine Krähe. Umgekehrt stammen nicht alle Flötentöne automatisch von einem Singvogel. Trotzdem: Sie sind die Vögel, die am schönsten trällern. Als Musikinstrument verwenden sie dabei die sogenannte Syrinx, den Stimmapparat der Vögel, der bei Singvögeln besonders hoch entwickelt ist. Die Syrinx liegt bei den meisten Arten am Ende der Luftröhre und besitzt schwingungsfähige Membranen. Mit ihrer Hilfe können die männlichen Piepmätze ihrer Kehle wie einer Orgelpfeife die bezaubernden Töne entlocken. Ihre künstlerische Ader zeigen sie aber nicht nur im Gesang, auch im Nestbau beweisen Singvögel oft eindrucksvolle Handwerkskunst. Qualitätsarbeit ist auch wichtig, verbringen die Jungen als Nesthocker doch viel Zeit in ihrem Heim. Schon auf geringste Reize hin strecken die blinden und nackten Zwerge den Altvögeln ihre dürren Hälse entgegen und reißen weit ihre Mäuler auf. Ein Verhalten, das deshalb auch "Sperren" genannt wird und ebenfalls typisch für Singvögel ist.