Turnierhundesport
Mit dem Turnierhundesport wurde vor mehr als 40 Jahren Neuland in der Beziehung zwischen Hund und Mensch betreten.
Alleinstellungsmerkmale, das Kapital des THS
Die für die Entwicklung des THS wichtigen Alleinstellungsmerkmale werden in der neuesten Turnier-Ordnung (TO) des VDH durch die fein abgestimmte Angebotspalette plastisch herausgestellt. Diese Alleinstellungsmerkmale tragen zweifellos dazu bei, dass sich der THS im Verbund mit sinnvollen Fortentwicklungen zu einem "nicht tot zu kriegenden Selbstläufer" entwickelte. Folgende Alleinstellungsmerkmale prägen den THS: - Mensch und Hund bringen sich in allen THS-Wettbewerbsformen zu gleichen Teilen in das Wettkampfergebnis ein. Die Art des Hundes spielt nicht die alles entscheidende Rolle, wie dies bei anderen Hundesportarten Fakt ist, wo nur einige wenige Hunderassen an der Spitze zu finden sind. - Das Bild im Training und bei Wettkämpfen ist von der Hundeseite her bunt gemischt, die Zahl der in den THS integrierten Mischlingshunde groß. - In keiner anderen Hundesportart ist der Jugendanteil auch nur annähernd so groß wie im THS. Mit den Hindernislauf-Turnieren und dem "Shorty" stehen Kindern und Jugendlichen Einsteiger-Wettkämpfe zur Verfügung, die durch ihren auf Machbarkeit und Erfolgserlebnis angelegten Zuschnitt besonders den Anfängern Mut für weitere Aktivitäten in den anspruchsvolleren THS-Disziplinen machen. - Dass alle Altersschichten eine auf sie zugeschnittene Plattform für den Sport mit dem Hund finden und das Bild vom THS zeichnen, ist als weiterer Pluspunkt zu werten. - Einmalig bunt und von seiner besten Seite zeigt sich der THS bei den Deutschen Meisterschaften des dhv. Hunderte von THS-lern mit allen Arten von Hunden geben dieser größten deutschen Meisterschaft ein besonderes Flair. Leider werden in 2005 erstmals die Jugendklassen abgekoppelt. Die Jugend trägt eine eigene Meisterschaft aus. Das verändert natürlich das gewohnt schöne Bild radikal.
Turnierhundesport bietet für jeden etwas
Was sind nun die attraktiven Sportangebote des THS an die Hundehalter? Die nachfolgende Auflistung gibt einen Überblick, wie abwechslungsreich die Wettbewerbsformen des THS sind.
HINDERNISLAUF-TURNIERE (erstes Turnier im Jahre 1972): Der Einsteiger-Wettkampf schlechthin, verschafft rasche Erfolgserlebnisse. Turnierbahn 75 Meter lang, mit acht Hindernissen bestückt, zwei Durchgänge pro Turnier. In die Wertung kommt die gemessene Laufzeit des zuletzt die Ziellinie überschreitenden Team-Partners; evtl. Hindernis-Fehler (Auslassen eines Gerätes z.B. vier Fehlersekunden) werden der Laufzeit hinzugerechnet.
VIERKAMPF 1 (erster mehrteiliger Wettkampf im Jahre 1974): Der VK ist die "Königsdisziplin" im THS. Diese vielseitig angelegte Wettkampfart stellt an das Team fortgeschrittene Ausbildungs-Ansprüche in puncto Kommunikationsfähigkeit, Führigkeit und Schnelligkeit. Um in die Stufe 2 aufzusteigen, sind im Gehorsam hohe Anforderungen gestellt. Voll ausleben wird sich das Team sowohl in der Stufe 1 als auch in der Stufe 2 in den "leichtathletischen" Disziplinen Hürden-, Slalom- und Hindernislauf. Als Erleichterung für VK-Einsteiger können in der Stufe 1 die drei Laufdisziplinen mit dem an der Leine geführten Hund gezeigt werden.
VIERKAMPF 2 (VK-Aufstiegsstufe seit dem Jahre 2002): Der VK 2 ist eine Fortentwicklung des seit 1982 eingeführten VK 1. Mit dem VK 2 wurde dem Leistungsgedanken im THS und damit dem Wunsch der Top-Teams nach höheren sportlichen Anforderungen Rechnung getragen. Alle Disziplinen im Verlauf der Stufe 2 sind mit dem frei laufenden Hund auszuführen. Zudem ist im Gehorsam eine Stehübung eingebaut. Bei der Disziplin "Hürdenlauf" sind sechs 40 Zentimeter hohe Hürden von Sportler/in und Hund gemeinsam (im Parallellauf) zu überspringen.
GELÄNDELAUF MIT DEM HUND (2.000/5.000 m, erstmals im Jahre 1977): Eine THS-Disziplin, die sich an den sportlich ambitionierten Hundefreund, der an der Bewegung in der freien Natur zusammen mit seinem Vierbeiner Freude hat, wendet. Der Hund muss auf den Geländelaufstrecken, die in ihrem Profil strukturiert sein sollen, an der Leine geführt werden.
GELÄNDELAUF PLUS (2.000/5.000 m, Einführung im Jahre 2002): Nach kontrovers geführten Diskussionen "pro und kontra Bauchschnallung" wurde in der neuen TO der Geländelauf plus eingeführt.
Nach Pause weitere attraktive THS-Formen Die von 1972 bis ins Jahr 1987 gepflegten Wettkampfformen benötigten für eine dauerhafte Akzeptanz des Turnierhundesportes neue, zukunftsweisende Ergänzungen. Der Anstoß zu neuen Formen des Turnierhundesportes kam nicht von den Hundesportorganisationen selbst, sondern von außen, vor allem von den Veranstaltern großer internationaler Hallen-Reitturniere. "CSC" und "QSC" (Premiere jeweils in der Stuttgarter Schleyerhalle) wurden für das Rahmenprogramm aus der Taufe gehoben. Hans Heidinger übernahm die Ausarbeitung der beiden beim Publikum sehr beliebten Wettbewerbe. Auch der "Shorty" wurde auf Anforderung einer Messeleitung entworfen. Der Mannschaftswettbewerb hatte auf der Publikumsmesse "Animal" in den Stuttgarter Killesberghallen Premiere. Die angeführten drei attraktiven Wettkampfformen hat der Autor mit seinem Verein, dem HSV Mühlacker, jeweils innerhalb weniger Wochen realisiert. Erst einige Jahre nach Vorstellung wurden diese Quotenbringer des Turnierhundesportes in die Turnierordnung des VDH aufgenommen.
"CSC" (Combinations Speed Cup, erstmals im Jahre 1987): Dieser attraktive Mannschaftswettkampf zeichnet sich durch eine hohe Teilnehmerakzeptanz aus. Drei Mannschaftsmitglieder laufen in dem in drei Sektionen eingeteilten Parcours als Staffel. Die Anforderungen an die Teams bestehen aus Kombinationen von Laufelementen des Vierkampfes. Der "CSC" wurde ursprünglich als Hallen-Wettbewerb konzipiert. Die Stärke des "CSC" liegt auch darin begründet, dass er zusätzlich als äußerst anspruchsvoller Einzelwettbewerb ausgetragen werden kann. Auch die Möglichkeit, den "CSC" als Familienwettbewerb auszulaufen, ist gegeben.
"SHORTY" (erstmals im Jahre 1995): Der "Shorty" ist ein Kurz-Bahn-"CSC" für Zweier-Mannschaften (zwei Geräte-Sektionen). Schnelle Aktionen, sehr guter Unterhaltungswert. Besonders geeignet für Einsteiger mit Hindernislauf-Turnier-Erfahrung; ist besonders im Jugendsport-Bereich ein Renner. Die Austragung ist auch auf kleinen Flächen möglich. Er wurde ursprünglich als Hallen-Wettkampf konzipiert.
"QSC" (Qualifikations Speed Cup, erstmals im Jahre 1992): Ein Wettkampf nach dem K.o.-System auf zwei baugleichen Parcours. Beim "QSC" ist durch den Kampf Team gegen Team für "Action pur" gesorgt. Sehr anspruchsvoll.
Die Startklassen sind altersmäßig abgestuft
Die läuferischen Elemente im THS verlangten bald nach einer Altersklasseneinteilung (AK), um die in der Altersstruktur liegenden Leistungsunterschiede auszugleichen. Die Macher des THS sahen es als unfair an, dass ein Aktiver auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit in die Konkurrenz mit den Jüngsten oder Senioren tritt. Die zusätzliche AK-Splittung in weibliche und männliche Teilnehmer war die logische Konsequenz dieser Denkweise.
Der THS kennt folgende AK-Einteilungen
1. Jüngstenklasse. Von dem Tag an, an dem der Jugendliche den Hund ohne Fremdhilfe zum Start führen kann und dem Kalenderjahr, in dem das 10. Lebensjahr vollendet wird. Für alle weiteren AK gilt jeweils das Kalenderjahr, in dem das zutreffende Lebensjahr vollendet wird.
2. Jugendklasse, 11 bis 14 Jahre.
3. Juniorenklasse, 15 bis 18 Jahre.
4. Aktivenklasse A, 19 bis 29 Jahre.
5. Aktivenklasse B, 30 bis 40 Jahre.
6. Altersklasse A, 41 bis 50 Jahre.
7. Altersklasse B, 51 bis 60 Jahre.
8. Seniorenklasse, ab dem 61. Lebensjahr
Training mit Köpfchen gestalten
In der Trainerausbildung hat sich im THS in den letzten Jahren einiges bewegt. Ganz neue Ansatzpunkte für ein systematisch aufgebautes Training wurden erarbeitet. Besonders die Seminare von Albrecht Heidinger (bundesweit bekannter Erfolgstrainer und Autor der Broschüren "Mit System trainieren" und "Auf dem Weg zum Team") stoßen auf eine riesige Resonanz. Sein Konzept basiert auf einem langfristig angelegten Trainingsaufbau, den er jahreszeitlich in drei Phasen periodisiert: 1. Übergangsphase: Allgemeines Grundlagentraining (Oktober bis Dezember); 2. Vorbereitungsphase: Spezifisches Grundlagentraining (Januar bis April); 3. Wettkampfphase: Wettkampfnahes Training (Mai bis September). Das Trainingsjahr beginnt bei ihm also im Herbst und endet im nachfolgenden Sommer. Hier lassen längere Trainingsphasen für den schonenden Aufbau des Hundes reichlich Zeit. Allzu viele Junghunde nehmen nach Albrecht Heidingers Sichtweise durch übertriebenen Ehrgeiz und unsystematisch aufgebautes Training (der Hund wird zum Experimentierfeld) bleibenden Schaden. Bei dem vorgestellten Trainingskonzept ist die Möglichkeit gegeben, dass THS-Einsteiger in die bestehende Trainingsgruppe integriert werden können. Parallel dazu wird der Teampartner "Mensch" in die leichtathletische Laufschule, einschließlich Aufwärmen, eingeführt. Voraussetzung für den Einstieg in das THS-Training ist eine breit angelegte Basisausbildung (die "Spezialisierung" des Teams für eine Sportart darf nicht zu früh erfolgen), bei welcher der Junghund auf den Grundlagen positiver Motivation Teilschritt für Teilschritt auch mit den Laufdisziplinen des THS spielerisch vertraut gemacht wird. Auf dem Weg zum Team sollte das Training auf das jeweilige Potenzial des Gespanns Mensch-Hund abgestimmt sein. Die vorhandenen Möglichkeiten hat der geschulte Trainer in der von ihm betreuten Guppe zu erkennen.
Wettkampfregeln leicht verständlich
Die Wettkampfregeln sind im THS schon ab dem Jahre 1974 einfach und damit nachvollziehbar gestaltet. Besonders bei den Laufdisziplinen kommt diese Denkweise zum Tragen. Gemessen wird die Laufzeit (meist elektronisch) des zuletzt die Ziellinie überlaufenden Team-Partners (Mensch oder Hund). Der Laufzeit werden evtl. angefallene Fehler als Fehlersekunden zugerechnet; in der Summe ergibt dies die Gesamtlaufzeit. Das Team mit der kürzesten Gesamtlaufzeit ist Sieger. Beim VK werden die Laufzeiten addiert und in Punkte umgerechnet. Hinzu kommen zur Errechnung der Gesamtpunktzahl die Punkte aus der Disziplin Gehorsam. Bedingt durch dieses elegante Wertungskriterium sind Disqualifikationen von Teilnehmern im THS eng begrenzt. Disqualifiziert wird z.B. nur, wer Futter oder Spielzeug mitführt oder nicht durch das Zieltor läuft. Eine Disqualifikation erfolgt auch, wenn beim Geländelauf der Hund nicht an der Leine geführt wird. Nu r der "QSC" macht eine Ausnahme: Wer im Parcours ein Gerät auslässt, wird aus der Wertung genommen. Sinn macht die Bestimmung, dass ein Hund erst im Alter von 15 Monaten zu einem Wettkampf zugelassen ist. Die heute gültigen Wettkampfregeln sind in der TO des VDH verankert (neueste Ausgabe von 2002).
THS muss mit einem Handicap leben
Der THS kann von seiner Konzeption her im Konzert der Hundesportarten punkten. Aber an einem gewaltigen Handicap kommt auch der beste Freund des THS nicht vorbei: Der Sportart fehlt trotz deutschlandweiter Verbreitung die internationale Anerkennung. Diese steht nach 33 Jahren Erfolgsgeschichte immer noch aus. Versuche Einzelner, die Aufnahme des THS in den Reigen weltweit angebotener Hundesportarten zu schaffen, waren immer wieder da. Aber dem THS fehlt in dieser für ihn überlebensnotwendigen Sache einfach die Lobby, um die Anerkennung durchsetzen zu können. Sicher ist mit ein Grund für das Desinteresse, Schritte zur Anerkennung des THS in die Wege zu leiten, der hohe Anteil an Hunden mit Mix-Status. Aber das ist ja gerade eines der positiven Alleinstellungsmerkmale des THS, dass er mit jedem Vierbeiner – unabhängig seiner Art und Abstammung – erfolgsorientiert ausgeübt werden kann. Das hat den deutschen Hundesportvereinen – und als Mitnahmeeffekt auch dem VDH – in den letzten beiden Jahrzehnten einen satten Mitgliederzuwachs gebracht. Fakt ist, dass mit der Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft die Karriere eines THS-Teams ihren Höhepunkt hat. VDH und FCI sind im internationalen Sport auf den Rassehund fixiert. Hier muss dringend ein Umdenken einsetzen, denn die Problematik "Hunde ohne FCI-Ahnentafel" beschränkt sich ja nicht nur auf den Turnierhundesport.
Der Autor: HANS HEIDINGER (66) ist schon seit 1956 Hundefreund aus Überzeugung. Über 30 Jahre leitete er die Öffentlichkeitsarbeit im Südwestdeutschen Hundesportverband (swhv). Die von ihm erarbeiteten Aussagen um den zeitgemäßen Hundesport und das von ihm gestaltete Hundesportlogo sind heute Allgemeingut. Er zeichnete mit den von ihm initiierten Pro-Hund-Aktionen in der Öffentlichkeit ein positives Bild rund um den artgerecht erzogenen Hund und den umweltgeschulten Hundehalter. Für sein kreatives Engagement im Ehrenamt erhielt er die Landesehrennadel von Baden-Württemberg.
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