Steppenlemming

Der Steppenlemming gehört mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 90 - 110 mm zu den eher kleinen Wühlmausartigen. Wie viele andere Nagetiere sind auch Steppenlemminge extrem fortpflanzungsfreudig. Weitere Infos zu Lebensweise, Verhalten und Kommunikation erfahren Sie hier.

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Steppenlemminge ernähren sich herbivor, d.h. von Pflanzen.© Daniel Schüller

Steckbrief

  • Körperlänge: 9 - 11 cm (Schwanzlänge: 10 - 15 mm)
  • Gewicht: 15 - 40 g
  • Körper: walzenförmig
  • Kopf: groß, spitz zulaufend
  • Fellhaar: kurz, dicht, mit dünner Fettschicht versehen
  • Lebenserwartung: ca. 2 Jahre

Systematik

  • Klasse: Säugetiere
  • Ordnung: Nagetiere
  • Familie: Wühler
  • Gattung: Steppenlemminge
  • Art: Grauer Steppenlemming

Aussehen

Der Steppenlemming gehört mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 90 - 110 mm zu den eher kleinen Wühlmausartigen. Wie bei den meisten seiner Verwandten ist sein Schwanz dicht behaart und mit 10 - 15 mm Länge relativ kurz. Im Gegensatz zum Schwanz sind die Fußsohlen nur teilweise behaart. Je nach Herkunftsgebiet variiert die Färbung des Rückens zwischen Hellgrau und Graubraun. Auch das Alter hat einen wesentlichen Einfluss auf die Fellfärbung. Ältere Tiere zeigen eine deutlich bräunlichere Färbung und werden oftmals fälschlicherweise als Braune Steppenlemminge (Lagurus luteus) angeboten. Kennzeichnend für den Grauen Steppenlemming ist der schwarze Dorsalstreifen. Die Bauchseite ist weißlich gefärbt, die Krallen sind hornfarben.

Auf den ersten Blick besitzt der Steppenlemming enorme Ähnlichkeit mit dem Chinesischen Streifenhamster (Cricetulus griseus). Wie dieser besitzt der Steppenlemming einen lang gestreckten walzenförmigen Körper, er unterscheidet sich aber deutlich durch die kleinen Ohren und den kurzen Schwanz von dem Hamster. Da die Beine des Steppenlemmings sehr kurz sind, wirkt er beim Laufen wie an einer Schnur gezogen, besonders wenn sich der Körper bei rascher Fortbewegung zusätzlich streckt.

Fortpflanzung und Entwicklung

Wie viele andere Nagetiere sind auch Steppenlemminge extrem fortpflanzungsfreudig. Nach einer Tragzeit von etwa 20 Tagen werden 6 - 8  Jungtiere geboren. Die Jungtiere wiegen bei der Geburt kaum mehr als 1 Gramm.  Sie entwickeln sich extrem schnell und können bereits im Alter von 10 - 13 Tagen feste Nahrung zu sich nehmen. Mit etwa 4 Wochen sind die Jungtiere geschlechtsreif und können für eigenen Nachwuchs sorgen. Im Normalfall erfolgt der erste Wurf eines Weibchens aber nicht vor dem 3. Lebensmonat.

Lebensweise und Verhalten

In ihrer Heimat bewohnen Steppenlemminge Steppen und Halbwüsten, nur wo diese durch den Menschen verloren gingen, besiedeln sie auch Kultur- und Weideland. Im sandigen Boden der Steppen errichten sie umfangreiche Bausysteme, in denen sie sich überwiegend aufhalten. Die Baue können eine Tiefe von bis zu 90 cm erreichen. Um Fressfeinden den Zugang zu erschweren, besitzen sie lediglich 2 - 3 Öffnungen. Ein Bestandteil des Gangsystems ist die Nestkammer. Sie ist eine kugelförmige Höhle mit einem Durchmesser von 10 -15 cm, welche von den Tieren mit trockenem Gras und feinen Wurzeln ausgepolstert wird. Ihren Bau verlassen die Steppenlemminge vor allem nachts, aber auch tagsüber sind die Tiere für 2 - 4 Stunden außerhalb der schützenden Gänge anzutreffen. Für die Flucht vor Feinden legen Steppenlemminge zusätzliche Fluchbaue an, die meist nur aus einer einfachen Röhre bestehen und in die sie beim Auftauchen von Räubern fliehen.

Sinnesleistungen und Kommunikation

Steppenlemminge verfügen über ein sehr empfindliches Gehör. Vor allem in niederfrequenten Bereichen (3000 – 5000 Hz) ist ihr Gehörsinn besonders empfindlich. So können sie die dumpfen Geräusche, die ein herannahender Fressfeind bei Auftreten auf den Boden verursacht, gut wahrnehmen und den sich nähernden Beutegreifer bereits frühzeitig orten. Über den Sehsinn von Steppenlemmingen kann nur spekuliert werden. Zwar haben sie  durch ihre seitlich angebrachten Augen einen guten Rundumblick, sie verfügen aber wohl nicht über ein räumliches Sehvermögen. Bewegungen nehmen sie hingegen gut wahr. Die meisten Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass sie wie die meisten Nagetiere nur eine eingeschränkte Sehschärfe besitzen und hauptsächlich über Hell–Dunkel- bzw. Bewegungswahrnehmung verfügen. Fest steht, dass Steppenlemminge Höhen nicht oder nur schlecht abschätzen können.

Die Kommunikation erfolgt bei Steppenlemmingen fast ausschließlich über den Geruchssinn. Sie verständigen sich über gezielt ausgebrachte Duftspuren, mit denen sie ihr Revier markieren. Auch die Erkennung von anderen Individuen erfolgt anhand des Geruchs. Jede Familie besitzt einen typischen Familiengeruch. Jedes Familienmitglied verfügt zusätzlich über einen Individualgeruch, der es den Tieren ermöglicht, einzelne Tiere wieder zu erkennen. Neben dem Geruchssinn spielen Töne bei der Verständigung eine wichtige Rolle. Vor allem nicht selbstständige Jungtiere kommunizieren mittels Tönen mit dem Muttertier. Ein Teil der Kommunikation erfolgt im Ultraschallbereich und ist somit für uns Menschen nicht hörbar.

Ernährung

Steppenlemminge ernähren sich herbivor, d.h. von Pflanzen. Ihre Hauptnahrung besteht aus Gräsern, Knollen, Wurzeln und  Steppenkräutern. In ihrem natürlichen Lebensraum bildet Wermut (Artemisia absinthium) die bevorzugte Nahrungsquelle. Steppenlemminge, die nahe an Kulturflächen leben, nutzen auch Getreide und Saaten als Nahrungsgrundlage, wobei sie große Schäden in den Pflanzungen anrichten können. Aus diesem Grund sind die Lemminge bei den einheimischen Bauern nicht sehr beliebt. Einen Teil ihrer Nahrung tragen die Steppenlemminge in ihren Bau ein, wo er getrocknet wird und als Vorrat für den Winter dient.

Hätten Sie's gewusst

Viele Menschen bringen Lemminge mit Massenselbstmord in Verbindung. Selbst Computerspiele greifen dieses Bild auf.  Der Hintergrund dieser Legende, die leider auch in "Fachbüchern" immer wieder erzählt wird, liegt in dem 1958 von Walt Disney veröffentlichten Film "White Wilderness". In diesem Film werden die angeblichen  Massenwanderungen der Lemminge mit dem anschließenden Todessprung ins Meer gezeigt. Tatsächlich aber hat die Filmcrew damals lediglich einige Dutzend Tiere bei Einheimischen gekauft und diese auf einer schneebedeckten Drehscheibe laufen lassen. Aus entsprechender Perspektive gefilmt entstand so der Eindruck einer riesigen wandernden Gruppe Lemminge. Um den Selbstmord filmisch in Szene zu setzen, wurden die Tiere anschließend direkt an einer Klippe ausgesetzt und mit Hunden in den Abgrund gehetzt.

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