Umgang mit Igelwaisen

Was müssen Sie beachten, wenn sie verwaiste Igelkinder finden? Was für Nahrung brauchen sie und wie sollte man eine passende Unterkunft gestalten?

Igelwaisen richtig versorgen
Zur Fütterung eignet sich am besten eine 2-ml- Einmal-Spritze – natürlich ohne Nadel.© Thomas Brodmann / animals-digital.de

 

Maßnahme

Zunächst ist es wichtig, das genaue Funddatum, die Uhrzeit, die Fundstelle sowie das Gewicht der Findlinge zum Zeitpunkt der Entdeckung zu notieren. Diese Informationen sind nötig für den Tierarzt, die Igelstation und den späteren Pflegebericht. Die Igelsäuglinge sind häufig von Ungeziefer befallen. Flöhe und Zecken kann man mit einer Pinzette absammeln, Fliegeneier und Maden müssen ebenfalls gründlich manuell entfernt werden. Kleinere Verletzungen der Haut, die durch Madenfraß verursacht wurden, heilen meist schnell. Auf keinen Fall dürfen Igelsäuglinge gebadet werden! Die gesäuberten Igelbabys brauchen nun rasch ein schönes, warmes Nest , denn oft sind die Waisenkinder unterkühlt. Dafür eignet sich ein Pappkarton, ein Käfig mit hoher Bodenwanne oder Ähnliches, in den eine Wärmflasche ( etwa handwarm ) gelegt wird. Diese bedeckt man mit einem doppelt gefalteten Handtuch und breitet einige Blätter Küchenpapier darüber. Dann kann man die Igelsäuglinge hineinsetzen.

Die Igelkinderstube sollte so groß sein, dass neben der Wärmflasche noch Platz bleibt. Dort wird Zeitungspapier ausgelegt, sodass kein Absatz zur Wärmflasche besteht. Dorthin können die Babys dann ausweichen, wenn es ihnen auf der Wärmflasche zu warm wird. Immer auf Sauberkeit im Igelnest achten! Heizkissen eignen sich nicht, da sie zu heiß werden! Sind Igelbabys sehr unterkühlt, so sollte man sie auf jeden Fall zuallererst wärmen und erst dann das Ungeziefer entfernen. Um die Igelkinder unterscheiden zu können, markiert man jedes am besten mit einem Farbtupfer (z.B mit ungiftiger Acrylfarbe oder Nagellack). Jedes Igelkind wird täglich zur gleichen Zeit (möglichst morgens vor der 1. Fütterung) gewogen und sein Gewicht auf einer Liste notiert. Die Zunahme sollte bis zu einem Gewicht von 90 g etwa 4–6 g pro Tag, ab 90 g gut 9–11 g betragen.

Fütterung

Will man Igel selbst aufziehen – natürlich nur unter Anleitung von Fachleuten –, muss man wissen, dass man eine sehr zeit- und arbeitsaufwändige Aufgabe übernommen hat, die zudem nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Besonders sehr junge Säuglinge können selten gerettet werden. Möchte man sich dennoch an die Aufzucht wagen, muss vor allem bei der Fütterung einiges beachtet werden. Die richtige Ernährung ist das A und O bei der Pflege von Igelsäuglingen. Niemals dürfen sie mit Ersatzmilchpräparaten für Menschensäuglinge oder gar Kuhmilch gefüttert werden. Der Laktosegehalt dieser Produkte ist viel zu hoch und führt unweigerlich zu Durchfall und Blähbäuchen, an denen die kleinen Igelchen meist sterben. Deshalb ist für das empfindliche Verdauungssystem junger Igel eine spezielle Ersatznahrung nötig, die sich schon vielfach bewährt hat: Esbilac. Das Präparat wurde eigentlich für Hundewelpen entwickelt und ist beim Tierarzt erhältlich. Trotz einiger Mängel ersetzt es weitgehend die Muttermilch, und wenn man die Igelkinder recht bald an selbstständige Nahrungsaufnahme gewöhnt, so entwickeln sie sich normal.

Zur Fütterung eignet sich am besten eine 2-ml- Einmal-Spritze – natürlich ohne Nadel –, auf deren Spitze man ein Stückchen Fahrrad-Ventilschlauch als Zitzenersatz stülpt. Das Igelbaby wird beim Füttern auf dem Rücken in die linke Hand genommen und mit dem Daumen vorsichtig festgehalten. Die allererste Mahlzeit sollte aus lauwarmem Fenchel- oder Kamillentee bestehen. Sehr junge Igelsäuglinge müssen auch nachts gefüttert werden, um ihnen eine ausreichende Nahrungsmenge in kleinen Portionen zuzuführen. Sind die Babys gut 14 Tage alt, beginnen sich die Augen zu öffnen, und das nächtliche Füttern kann unterbleiben. Die erste Mahlzeit sollte man dann gegen 7 Uhr früh geben und die letzte etwa um 23 Uhr. Insgesamt sollten die Igelkinder in 24 Stunden die Menge an Ersatzmilch trinken, die etwa einem Viertel ihres Körpergewichtes entspricht. Solange die Säuglinge noch nicht selbstständig fressen, ist das sogenannte Toiletting lebenswichtig! Normalerweise leckt und massiert die Igelmutter Bauch und Geschlechtsteile ihrer Kinder und regt damit ihre Verdauung an. Sie nimmt die Ausscheidungen der Igelchen auf und sorgt so dafür, dass das Nest sauber bleibt.

Diese Aufgabe muss bei Waisenkindern nun der Mensch übernehmen: Vor und/oder nach jeder Fütterung werden mit einem Wattestäbchen oder dem angefeuchteten Finger so lange Bauch und Aftergegend massiert, bis sich Erfolg einstellt. Vor und nach dem Toiletting sollte die Aftergegend mit Babyöl eingerieben werden. Keine Salben oder Puder verwenden! Etwa ab dem 19. Lebenstag fangen die Igel an, ihre Milch selbstständig zu trinken, und man kann damit beginnen, sehr fein gemahlenes Rinderhack bzw. Tartar oder Rührei darunterzumischen, wobei man unbedingt auf die Frische der Produkte achten muss. Die Menge an Festfutter sollte täglich gesteigert werden, die Ersatzmilch immer mehr verdünnt (z.B. mit Fencheltee o. Wasser). Sind die Igel ca. 30 Tage alt, sollte die Umstellung auf die – noch stark zerkleinerte – Kost erwachsener Igel vollzogen sein. Zu trinken gibt es nur noch Wasser.

Weitere Aufzucht

Freigehege: Mit einem Gewicht von gut 220–250 g sollten die Jungigel nun in ein Freigehege umsiedeln. Dies sollte möglichst groß sein, damit die Tiere lernen können, selbstständig nach Nahrung wie Käfern oder Würmern zu suchen. Dennoch muss man den Igelchen nach wie vor ihr gewohntes Futter ins Gehege stellen, denn die Nahrung, die sie dort finden, reicht nicht aus.

Auswilderung

Haben die Igelchen bereits zwei bis drei Wochen in einem Freigehege gelebt und sind sie kräftig und gesund, sollte man sie freisetzen. Am besten ist es, sie am Fundort auszusetzen. Ist das jedoch nicht möglich, so muss man sich nach einer geeigneten Stelle (z.B. Naturgarten im durchgrünten Siedlungsbereich) umsehen. Auch nach dem Freilassen sollte man die Igelchen noch einige Zeit füttern. Dauert die Aufzucht der Kleinen jedoch bis in den Oktober hinein und ist abzusehen, dass sie ihr Winterschlafgewicht von 500–600 g bis November nicht mehr erreichen , so sollte man sie in ihrem Freigehege unter möglichst natürlichen Bedingungen überwintern lassen.

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