Filmtiertrainer: Ein vielseitiger Beruf
Tiere in Filmen sind beliebt. Doch hinter dem Auftreten eines Tiers vor der Kamera steckt die lange Arbeit eines professionellen Filmtiertrainers. Aber was macht ein Filmtiertrainer eigentlich genau? Und wie kann man Filmtiertrainer werden? Wir haben Filmtiertrainerin Renate Hiltl gefragt.
Renate Hiltl ist seit über 40 Jahren Filmtiertrainerin und betreibt „Renates Filmtierranch“ in Wang, einer kleinen bayerischen Gemeinde zwischen Freising und Landshut. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern bildet sie verschiedene Tiere zu Filmtieren aus und begleitet sie zu den Dreharbeiten von Kino- und Fernsehfilmen, Serien und Werbespots. Auf ihrer Ranch hat sie etwa 60 Tiere, von denen einige aber auch schon „in Rente“ sind. Sei es Hund Ludwig aus der bayerischen Eberhofer-Reihe, Lassie aus dem Film „Lassie, eine abenteuerliche Reise", Hund Frodo aus „Conni und Co“ oder die Katze aus der Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“ – sie alle kommen von „Renates Filmtierranch“.
Welche Voraussetzungen braucht ein Filmtiertrainer?
Um Filmtiertrainer werden zu können, muss man sowohl formale und theoretische als auch persönliche Voraussetzungen erfüllen.
Offizielle Voraussetzungen für Filmtiertrainer
Der Filmtiertrainer ist in Deutschland kein offizieller Lehrberuf. Es kann aber trotzdem nicht einfach jeder Filmtiertrainer werden, denn Filmtiertrainer müssen wichtige Voraussetzungen erfüllen: „Um Tiere vor der Kamera führen zu dürfen, braucht man eine behördliche Genehmigung laut §11 des Tierschutzgesetztes“, weiß Filmtiertrainerin Renate Hiltl.
Um diese Genehmigung zu erhalten, muss man eine mündliche, praktische und schriftliche Prüfung ablegen, und zwar für jede Tierart, die man trainieren möchte, extra. „Man bekommt dann 500 bis 700 Fragen vom Veterinäramt und wenn man sich bereit fühlt, kann man einen Prüfungstermin vereinbaren“, so Hiltl. Außerdem benötige man eine Transportgenehmigung.
Zusätzliche Voraussetzungen für Filmtiertrainer
Das Bestehen der Prüfung ist die formale Voraussetzung für den Beruf Filmtiertrainer. Wie Filmtiertrainerin Hiltl erklärt, gibt es aber noch viele weitere notwendige Kenntnisse, die man sich selbst aneignen muss. Wichtig ist Hiltl zufolge zum Beispiel auch das Filmwissen: Man sollte wissen, wie ein Film entsteht, auf was es beim Drehbuch ankommt und wie die Arbeit am Set abläuft. Außerdem braucht man Kenntnisse im Umgang und dem Training mit Tieren.
Persönliche Voraussetzungen von Filmtiertrainern
Auch die persönlichen und charakterlichen Voraussetzungen spielen bei einem Filmtiertrainer eine wichtige Rolle. Filmtiertrainerin Renate Hiltl nennt folgende wichtige Eigenschaften:
- Geduld (beim Training mit dem Tier)
- Durchsetzungsvermögen und Weitblick
- Belastbarkeit
„Der Film ist zum Teil vom Tier abhängig“, erklärt Hiltl. Daher müsse man gut mit Druck und Stress umgehen können. Außerdem müsse man sich darüber im Klaren sein, dass der Beruf Filmtiertrainer mit langen Arbeitszeiten und wenig Freizeit verbunden ist. Es gebe „kein Wochenende, kein Weihnachten“, man müsse immer für die Tiere da sein, so Hiltl.
Wie werde ich Filmtiertrainer?
Da der Filmtiertrainer in Deutschland kein Lehrberuf ist, gibt es den einen Weg, wie man zu diesem Beruf kommt, nicht. Um alle notwendigen Kenntnisse, die ein Filmtiertrainer haben muss, zu erwerben, gibt es Filmtiertrainerin Renate Hiltl zufolge mehrere Möglichkeiten:
- Durch eine Ausbildung als Tierpfleger oder Tierarzthelfer könne man bereits viele Grundkenntnisse erwerben.
- Anschließend sollte man dann noch Seminare zur Weiterbildung im Filmwissen belegen und sich genauer mit dem Training von Tieren auseinandersetzen.
Auch Praktika bei einem Filmtiertrainer sind möglich. Auf Hiltls Filmtierranch dauern diese zwischen drei und sechs Monate. In dieser Zeit kann man in der Regel schon sehen, ob man für den Beruf geeignet ist oder nicht. „Da trennt sich die Spreu vom Weizen“, erklärt Hiltl. Und wer gut geeignet ist, hat Chancen, auf dem Gebiet weiterzuarbeiten. Bis man alleine zu Filmdrehs fahren kann, dauert es jedoch einige Zeit: Angehende Filmtiertrainer müssen zuvor – zumindest bei Renate Hiltl – 2,5 Jahre lang assistieren und richtig lernen, wie man ein Tier trainiert.
Die Aufgaben eines Filmtiertrainers
Die Aufgaben eines Filmtiertrainers sind sehr vielseitig. Grundsätzlich lassen sie sich in zwei große Bereiche unterteilen: die Arbeit „Zuhause“ und die Arbeit am Filmset
Die Aufgaben des Filmtiertrainers Zuhause
Die Arbeit daheim besteht aus der Tierpflege, dem Tiertraining und der Büroarbeit und beginnt schon früh am Morgen. „Machst du die Augen auf, schaut dich deine Arbeit schon an“, sagt Filmtiertrainerin Hiltl und lacht. Als erstes stehen ihr zufolge folgende Arbeiten an:
- Gassirunden mit den Hunden
- Pflege und Fütterung der Tiere
- Ausmisten der Ställe
Anschließend folgen dann das Training der Tiere sowie die Büroarbeit. Neben allgemeinen Bürotätigkeiten und dem Schreiben von Angeboten gehört hier auch das Lesen von Drehbüchern dazu. Denn ein Filmtiertrainer ist von Anfang an bei der Entstehung des Films dabei und muss beurteilen, wie - bzw. ob - die Szenen im Drehbuch mit dem Tier so überhaupt tiergerecht umzusetzen sind.
Die Aufgaben des Filmtiertrainers am Set
Die Arbeit zuhause macht Renate Hiltl zufolge etwa 80 Prozent ihrer Arbeitszeit aus. Die restlichen 20 Prozent verbringt sie an Filmsets. „Im Vergleich zu der restlichen Arbeit ist das dann fast wie Urlaub“, erklärt die Filmtiertrainerin. Denn während einem Dreh liege die Aufmerksamkeit nur auf einem einzigen Tier.
Am Set ist es ist die Aufgabe der Filmtiertrainerin, das Tier in den Szenen, in denen es nicht mitspielt, zu beschäftigen – und zwar so, dass es sich nicht langweilt, aber auch nicht vollkommen aus der Puste ist, wenn es wieder vor die Kamera muss. Während dem Dreh gibt Hiltl dann die Kommandos und vermittelt, wenn ein Schauspieler nicht so gut mit dem Tier klarkommt oder nicht weiß, wie er mit dem Tier umgehen soll. Außerdem achtet sie darauf, dass sich das Tier wohlfühlt und nicht gestresst wird.
Das Training von Tieren
Ein Filmtiertrainer hat, wie bereits deutlich wurde, viel mehr Aufgaben als das Trainieren von Tieren. Dennoch stellt das Training einen sehr wichtigen Teil der Aufgaben dar, denn ohne können die Tiere nicht ans Set.
Das Training von Tieren läuft unterschiedlich ab. Filmtiertrainerin Renate Hiltl nennt als Beispiel das Training von jungen Welpen, die im Alter von wenigen Monaten zu ihr kommen:
- Das erste Jahr besteht aus dem „Sozialisieren“.
- Im zweiten Jahr folgen dann die Grundkommandos. Der Hund müsse „mit fremden Menschen klarkommen“ und die Kommandos „in Worten und auch visuell verstehen“, erklärt Hiltl.
Die ersten zwei Jahre stellen also die Grundausbildung der Welpen dar. Wenn dann ein Drehbuch kommt, auf das der Hund passt, geht es damit weiter, „speziell auf den Film zu trainieren“, so Hiltl.
Katzen trainieren - wie geht das?
Selbstverständlich läuft das Training von Tierart zu Tierart unterschiedlich ab. Hunde lassen sich allgemein relativ gut trainieren. Bei Katzen sieht das etwas anders aus: Sie sind vor allem für ihre Eigenwilligkeit bekannt. „Unter 100 Katzen ist eine einsetzbar“, erklärt Hiltl. „Ich habe aber sechs.“ Also: Mit Geduld, viel Zeit und dem richtigen Know-How gelingt es auch, Katzen für Filmsets zu trainieren.
Bei Katzen gebe es die Besonderheit, dass sie fremde Orte nicht so gern mögen und nicht gerne reisen. Eine schlechte Voraussetzung für das Leben als Filmtier – doch auch hier ist Geduld und Training gefragt: „Wir füttern unsere Katzen in den Transportboxen“, erzählt Hiltl. „Sie verbinden die Boxen mit etwas Positivem. Katzen, bei denen die Box einmal im Jahr hervorgeholt wird, wenn es zum Tierarzt geht, verbinden mit ihr etwas Negatives“, so Hiltl. Auch der Transport wird geübt: Hiltl nimmt ihre Katzen häufig mit auf Besuche oder bei Autofahrten. So gewöhnen sich die Tiere an den Transport.
Besonderheiten, Vor- und Nachteile des Berufs Filmtiertrainer
Wie jeder Beruf bringt auch die Arbeit als Filmtiertrainer sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Die Besonderheiten und schönen Aspekte des Berufs sind Filmtiertrainerin Renate Hiltl zufolge:
- Man kann ständig mit den Tieren zusammen sein und Abenteuer mit ihnen erleben.
- Der Beruf ist sehr abwechslungsreich, denn „beim Film ist es immer anders“.
- Man kann schöne und außergewöhnliche Orte bereisen, die für Touristen so gar nicht zugänglich sind. Hiltl drehte zum Beispiel unter anderem schon in Österreich, Italien, Marokko und Südafrika.
Doch als Filmtiertrainer hat man auch einige Nachteile: „Spontan geht gar nicht“, so Hiltl. Ein Arbeitstag dauere etwa von 7 bis 22 Uhr, sieben Tage die Woche. „Das halten ganz wenige durch“, so Hiltl. Ab und an komme es außerdem zu mühsameren, nicht so schönen Momenten am Set, wenn ein Schauspieler oder Regisseur nicht mit dem Tier klarkommt oder denkt, dass der Tiertrainer keine Ahnung vom Film habe.
Für Renate Hiltl sind diese Nachteile jedoch nicht ausschlaggebend: „Ich lebe seit über 40 Jahren meinen Traumberuf“, so die Filmtiertrainerin. Und sie würde, könnte sie sich nochmal entscheiden, nichts anders machen.