No milk today: Sind vegane Milch-Alternativen besser?
Hoch erhitzte und gentechnisch veränderte Milch, mutierte Kühe – die krankhafte Realität in den deutschen Kuhställen ruft vegane Milch-Alternativen den Plan. Ist Pflanzenmilch die Lösung?
Schockiert wegen der Missstände in der Milchindustrie und besorgt um die Natur, greifen immer mehr Verbraucher zu Pflanzenmilch als Alternative zu Kuhmilch. Pflanzliche Milchalternativen stellen mittlerweile eine große Spielwiese für experimentierfreudige und umweltbewusste Käufer dar. In den Regalen gut sortierter Geschäfte sind längst nicht nur Hafer-, Mandel- und Sojamilch zu finden. Der Markt wächst jedes Jahr um über zehn Prozent und bringt auch andere pflanzliche Drinks hervor, wie Hanf-, Lupinen-, Cashew- und Kokosnuss- sowie Hirse- oder Dinkelmilch. Relativ neu im Handel ist Erbsenmilch, ein nachhaltiger Trend aus den USA. Je nach Pflanzenbasis variieren die guten Inhaltsstoffe der Getränke stark. Der aufmerksame Konsument soll vor allem aber auf die Zutatenliste achten, denn oft fügen die Hersteller einen Geschmacksköder hinzu: Zucker.
Inhaltsübersicht:
- Milchersatz mit ungleicher Klimabilanz
- Pflanzendrinks: Gesunde Alternative zu Milch
- Hafermilch & Co. selber machen
- Roboterkuh: Von Weidekuh zu Milchfabrik
- Die Kuh heute und früher
- Futteranbau: Über die Leichen
- Milch: Gutes Image, schlechte Qualität
- Vegane Milch: unser Fazit
Milchersatz mit ungleicher Klimabilanz
Eins ist unumstritten: Pflanzendrinks haben eine deutlich bessere CO2-Bilanz als Kuhmilch. Der ökologische Fußabdruck fällt allerdings je nach Sorte unterschiedlich groß aus. Entscheidend für die Klimafreundlichkeit ist der Anbau-Ort und der Wasserverbrauch. Unter den veganen Milchalternativen sind deswegen die regionalen Varianten am nachhaltigsten: Hanf-, Hafer-, Dinkel- und Lupinenmilch haben eben den Heimvorteil. Am wenigsten klimafreundlich – wenn auch immer noch besser als Kuhmilch – sind Reis-, Mandel und Cashewdrinks. Reis braucht sehr viel Wasser, weil er auf gefluteten Feldern wächst. Mandelmilch hat eine noch schlechtere Wasserbilanz, wenn sie aus kalifornischen Mandeln gemacht wird. Dort müssen die Bäume wegen der hohen Temperaturen ständig bewässert werden. Ähnlich problematisch sind Cashewdrinks. Sojamilch schneidet dagegen besser ab, als ihr Ruf ist: Entgegen der gängigen Meinung stammt Soja für unsere Milchdrinks fast ausnahmslos aus Europa und nicht von den gerodeten Wäldern Amazoniens.
Drink | Inhaltsstoffe | Umwelt-Faktor | Eigenschaften |
Cashewmilch | Eiweißreich. B-Vitamine, Magnesium, Eisen, Zink, Kupfer, Mangan & Ballaststoffe | Kein europ. Anbau; aufgrund der langen Transportwege weniger umweltfreundlich als andere Milchalternativen | Relativ kalorienarm |
Dinkelmilch | Viele Kohlenhydrate & Ballaststoffe, Magnesium, Kalium, Eisen, Zink & viel Kieselsäure; nur sehr wenig Eiweiß und Fett; enthält Tryptophan, eine Vorstufe des "Glückshormons" Serotonin | Regionaler Anbau, niedriger Wasserverbrauch | Schmeckt mehlig & wird sie oft mit Zucker versetzt; besser ist Süße aus Datteln oder Agavendicksaft; stark gluteinhaltig; gut aufschäumbar |
Erbsenmilch | Gesunde Fette & die gleiche Menge Eiweiß wie Kuhmilch; eiweißreicher als Hafer- oder Mandelmilch; liefert essenzielle Aminosäure Lysin & Omega-3-Fettsäuren | Erbsen wachsen in Europa und brauchen im Anbau deutlich weniger Wasser als Sojabohnen oder Mandeln | Leicht erwärmt, lässt sie sich gut aufschäumen; glutenfrei. |
Hafermilch | Viele Kohlenhydrate, 10 Mineralien & 15 Vitamine in geringen Mengen; viele Ballaststoffe, wenig Eiweiß | Regionaler Anbau; eine der nachhaltigsten Milchalternativen | Gut für Kaffee & Müsli; nicht glutenfrei; süßlich, mit deutlicher Hafernote |
Hanfmilch | Eiweißarm. Vitamin A, Kalzium, Magnesium, Zink und Aminosäuren. Mehr ungesättigte Omega 3- & Omega 6-Fettsäuren als andere Nussmilchvarianten | Hanf ist ein regionales Superfood; die Pflanze bindet mehr CO₂ als Bäume & verbessert die Bodenqualität | Optimal für Allergiker; glutenfrei; ungesüßt eine nussige Note |
Haselnussmilch | Viele Proteine & Ballaststoffe. Quelle für Calcium, Magnesium, Zink, Eisen und Selen; Omega-3-Fettsäuren & Vitamine; viel mehr Vitamin D als Kuhmilch | Nachhaltig, wenn Anbau in Deutschland oder Europa | Eher dickflüssig mit nussigem Geschmack; kalorienreich, glutenfrei |
Hirsemilch | Ballaststoffe, Eiweiß, ungesättigte & gesättigte Fettsäuren, weniger Fett als Kuhmilch | Regionaler Anbau | Nicht glutenfrei; eine der kalorienreichsten Milchalternativen |
Kokosnuss- milch | Viel Kalium & Laurinsäure; wenig Kohlenhydrate, aber viel Fett; gesättigte, aber mittelkettige Fettsäuren (gesund) | Kein europ. Anbau; aufgrund der langen Transportwege weniger umweltfreundlich als andere Milchalternativen | Glutenfrei; sehr kalorienreich |
Lupinenmilch | Viel Eiweiß, wenig Purin, außerdem Vitamin E, Kalium, Magnesium, Calcium und Eisen | Wächst in unseren Breiten | Glutenfrei; geschmacklich ähnelt der Kuhmilch sehr |
Macadamiamilch | Hoher Fettgehalt; B-Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente & ungesättigte Fettsäuren; mehr Eiweiß & Ballaststoffe als Kuhmilch | Kein europ. Anbau | Schmeckt cremig & butrig, fast wie Kuhmilch mit Honig |
Mandelmilch | Reich an B-Vitaminen & mehr Kalzium als andere Nüsse; wenig Eiweiß; mehr Protein als Reismilch & Hafermilch | Hoher Wasserverbrauch & lange Transportwege, wenn Anbau außerhalb von Europa | Gut zum Backen, für Desserts oder Müesli; glutenfrei |
Reismilch | Nährstoffe nur geringfügig vorhanden. Fettarm, weniger Eiweiß als andere Milchersatzprodukte | Anbau in Europa möglich; aufgrund von Wasserverbrauch & Treibhausgasemissionen weniger nachhaltig als andere Milchalternativen | Wässriger & süßer als andere Drinks; gut für Süßspeisen & als Energielieferant für Sportler; glutenfrei |
Sojamilch | Eiweiß- & purinreich; vorwiegend ungesättigte Fettsäuren; gleicher Proteingehalt wie Kuhmilch, aber fettärmer | Nachhaltig nur, wenn Anbau in Europa (was auf die meisten Drinks zutrifft) | Zum Backen, Kochen oder im Kaffee; ungeeignet für Gichtpatienten; glutenfrei. |
Pflanzendrinks: Gesunde Alternative zu Milch
Neben dem Umwelt- und Tierschutzaspekt spielen auch die inneren Werte der veganen Drinks eine Rolle: die Nährstoffe. Beim Eiweißgehalt kann nur Sojamilch mit dem Original von der Kuh mithalten, dicht gefolgt von Erbsendrink. Alle anderen Milchersatzprodukte haben weniger Protein. Stattdessen punkten sie mit Ballaststoffen und ungesättigten Fettsäuren, sind cholesterinfrei und enthalten deutlich weniger Fett als Kuhmilch. Das macht sie beim Abnehmen interessant. Einige Sorten wie Soja- oder Mandelmilch liefern wertvolle Vitamine und Mineralien. Der Stern am veganen Drink-Himmel ist aber die Hanfmilch, die neben ungesättigten Omega 3- und Omega-Fettsäuren zahlreiche weitere Mikronährstoffe mitbringt.
Hafermilch & Co. selber machen
Anders als Kuhmilch können Sie jede Pflanzenmilch leicht selbst herstellen. Die Hausmach-Varianten sind wegen frischer Zutaten und gut erhaltener Inhaltsstoffe ohnehin die gesündesten. Wenn es schnell gehen soll, sind Haferflocken ein besonders dankbares Lebensmittel, denn sie lassen sich schnell verarbeiten. Mandelmilch schmeckt den meisten Menschen besser, braucht aber verhältnismäßig viel Zeit, weil die Mandeln erst stundenlang eingeweicht werden müssen. Dank des enthaltenen Lecithins, das Wasser und Öl bindet, eignet sich Mandelmilch besonders gut zum Backen und Kochen. Ihr leicht nussiger Geschmack passt auch bestens für Desserts und als Milchersatz in den Kaffee oder ins Müesli. Wer es allerdings ganz eilig hat, kann das pflanzliche Getränk aus Mandelmus machen. Für eine kleine Portion sollten Sie einfach zwei gehäufte Teelöffel Mandelmus in etwas mehr als 200 ml Wasser gut aufrühren.
Hafermilch und Mandelmilch selber machen
Laden Sie sich jetzt kostenlos zwei einfache Rezepte für köstliche Milchalternativen herunter. Zwar werden auch Pflanzenmilch Bereiter angeboten, für einen leckeren veganen Drink brauchen Sie aber keine besonderen Behälter oder extra dafür entwickelten Roboter. Ein handelsüblicher Mixer oder Pürierstab reichen aus.
Roboterkuh: Von Weidekuh zu Milchfabrik
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Milch immer billiger geworden und der Milchbauer immer gestresster. Die Dumpingpreise, die die Big Player im Lebensmittelhandel an die Molkereien zahlen, haben das Streben nach Effizienz in der Produktion zur Folge gehabt. Die ständige Optimierung hat aus der Kuh eine Turbo-Milchmaschine gemacht. Noch vor 100 Jahren gab eine Milchkuh 10 Liter Milch am Tag – heute sind es 40 bis 50 Liter. Die überstrapazierten Euter sind durch das Power-Melken sehr schmerzempfindlich und oft chronisch entzündet. Für so viel Milch braucht die Kuh auch Unmengen an Energie, etwa das Fünffache an Kalorien als früher. Damit das möglich ist, werden Tiere mit extra langen Rippen gezüchtet – so können ihre voluminösen Körper noch mehr Futter aufnehmen.
Die moderne Milchkuh ist heute also kein normales Nutztier mehr. Sie ist eine Milchfabrik - krankhaft auf ihre Milchleistung optimiert, qualvoll gehalten, mit Antibiotika vollgepumpt und ungesund gefüttert. Das ist der traurige Alltag in den meisten deutschen Kuhställen. Der Bio-Anteil an der Milchproduktion in Deutschland liegt bei lediglich vier Prozent und selbst Bio-Kühe sind oft keine glücklichen Tiere. Die Milchwirtschaft der Bundesrepublik ist die größte in der EU – ein Vorzeigebeispiel ist sie aber kaum. Jedenfalls nicht, wenn es um das Tierwohl geht.
Die Kuh heute und früher
Kuh vor 100 Jahren | Kuh heute | |
Aussehen | Auch weibliche Tiere hatten Hörner | Wg. Verletzungsgefahr bei der Massentierhaltung bekommen Kälbchen die Hornanlagen ohne Betäubung wegätzt oder weggebrannt. |
Aufgabe | Die Milchkuh war auch Fleischlieferant | Fleischansatz ist unerwünscht, die Energie soll in Milchproduktion gehen. |
Größe | Das Milchvieh war 10 – 20 cm kleiner | Tiere sind viel größer und mit extra langen Rippen gezüchtet – für mehr Platz im Magen. |
Energiebedarf | 10.000 Kilokalorien täglich | 50.000 Kilokalorien täglich |
Futter | Gras und Heu | Vor allem Kraftfutter |
Vermehrung | Kuh wurde vom Stier befruchtet | Künstliche Befruchtung |
Leistung | 10 Liter Milch am Tag | 40-60 Liter Milch am Tag |
Gesundheit | Gesunde Klauen durch Weidehaltung | Kranke Klauen durch Stehen im eigenen Mist. Entzündete Euter. Beides ein häufiger Schlachtungsgrund. |
Futteranbau: Über die Leichen
Gras und Heu, wie in der Vergangenheit, reichen der modernen Kuh bei weitem nicht aus. Ihren beinahe unermesslichen Hunger kann sie nur noch mit Kraftfutter stillen, welches aus Raps sowie Resten der Zucker- und Stärkeherstellung, vor allem aber aus Mais und Soja besteht. Da der Bedarf an Futterpflanzen mit den in Deutschland oder Europa angebauten Mengen nicht gedeckt werden kann, wird gentechnisch produziertes Soja und Mais aus Südamerika sowie den USA importiert. Für den Anbau fallen riesige Flächen des Amazonas-Regenwaldes zum Opfer. Das viele Kraftfutter belastet aber auch die Verdauungsorgane der Kuh: Magenerkrankungen sind eine häufige Folge. Wie grotesk ist das? Wir machen die Kühe krank und zerstören die grüne Lunge der Erde, weil wir großen Appetit auf billige Milch und billiges Fleisch haben.
Milch: Gutes Image, schlechte Qualität
Erstaunlicherweise hält sich aber das positive Milch-Image als gesundes Getränk hartnäckig, vor allem aufgrund des hohen Kalziumgehalts. Allerdings lässt sich der Kalziumbedarf mit Spinat, Broccoli oder Grünkohl genauso gut decken. Und das ganz ohne Tierleid. Milch hat heute aber vor allem ein Qualitätsproblem. Damit sie möglichst lange haltbar ist, wird sie nämlich stark verarbeitet. Dabei gehen wertvolle Vitamine und andere Nährstoffe verloren. In der Frischmilch, die pasteurisiert, also auf etwa 75° erhitzt wird, sind sie noch zu einem sehr geringen Teil enthalten. Bei der H-Milch, die auf circa 135° erhitzt wird, sucht man gesunde Inhaltsstoffe vergeblich. Konventionelle Milch ist auch oft mit Antibiotika verunreinigt, die in der Massentierhaltung vorbeugend zum Einsatz kommen. Mit dem steigenden Konsum antibiotikabelasteter Produkte – ob Billigmilch oder Billigfleisch – wächst das Risiko für antibiotikaresistente Keime. Ein weiterer Schwachpunkt ist die sogenannte Gen-Milch. Der Anteil gentechnikfreier Produkte steigt zwar kontinuierlich, doch fast ein Viertel (23%) der in Deutschland produzierter Milch stammt aus konventioneller Herstellung, in der Gen-Soja oder Gen-Mais auf dem täglichen Speiseplan der Kühe stehen. Zu guter (oder eher unguter) Letzt gibt es viele Studien, die auf Zusammenhänge zwischen dem Milchverzehr und bestimmten Krankheiten verweisen.
Vegane Milch: unser Fazit
Vegane Drinks sind eine tierleidfreie Alternative zu Kuhmilch, welche in aller Regel unter qualvollen Bedingungen produziert wird. Auch in Sachen Umweltverträglichkeit schneiden sie weitaus besser ab als das weiße Original. Sie geizen nicht mit gesunden Inhaltsstoffen, solange man die Zutatenliste der einzelnen Produkte im Auge behält und Zucker vermeidet. Der Milchverzicht ist nicht schwer. Vielleicht können Sie schon bald zu dem berühmten Song von Herman's Hermits „No milk today“ aus vollem Halse singen.
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