Neue Gefahr durch invasive Ameisen: Tapinoma magnum erreicht Ostdeutschland
Die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammende Ameisenart Tapinoma magnum ist mittlerweile auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Während bisher vor allem Städte im Süden betroffen waren, wurden nun erstmals auch Exemplare im Osten entdeckt. Die Insekten gelten als zerstörerisch – Expertinnen und Experten fordern nun entschlossenes Handeln.
In Kehl, Baden-Württemberg, sorgten die invasiven Ameisen im letzten Jahr für erhebliche Schäden: Sie zerfraßen Strom- und Internetleitungen, krochen massenhaft in Fahrzeuge und nisteten sich sogar in Haushaltsgeräten wie Geschirrspülern ein. Auch andere Regionen in Südwestdeutschland berichten seit einiger Zeit über ähnliche Vorfälle.
Neu ist jedoch, dass inzwischen auch in Ostdeutschland zwei bestätigte Funde gemacht wurden – konkret in Dresden-Langebrück und in einem Gartencenter in Coswig. Die Analysen wurden von Dr. Bernhard Seifert durchgeführt, einem führenden Entomologen am Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. Seifert bestätigt, dass es sich zweifelsfrei um Tapinoma magnum handelt.
Schnelle Reaktion erforderlich
Dr. Seifert zeigt sich überrascht, dass bislang keine Funde aus Bundesländern wie Sachsen oder Thüringen gemeldet wurden, obwohl es im Südwesten bereits zu größeren Ausbrüchen kam. Wahrscheinlich, so der Experte, seien bisherige Kolonien schlicht zu klein gewesen, um aufzufallen.
Er warnt davor, das Problem zu unterschätzen: „Nur wenn frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, lässt sich die Bildung sogenannter Superkolonien möglicherweise noch verhindern.“ Diese unterscheiden sich deutlich von anderen Ameisenarten: Statt rivalisierend zu agieren, schließen sich die Kolonien der Tapinoma magnum zusammen und können tausende Königinnen hervorbringen – was zu einer rasanten Ausbreitung führt. Solche Superkolonien können Flächen von bis zu 20 Hektar besiedeln.
Ein weiterer Grund zur Sorge ist die hohe Frosttoleranz der Art. Ihre unterirdischen Nester, die bis zu einem Meter tief liegen, ermöglichen ihr das Überleben selbst bei Minusgraden bis -15 °C. Ist eine Superkolonie erst etabliert, gestaltet sich ihre Bekämpfung äußerst schwierig. Bislang zeigte lediglich heißes Wasser eine begrenzte Wirkung, während gängige Insektizide meist nicht helfen oder nicht zugelassen sind.
Trotz früher Warnungen an das sächsische Landesamt für Umwelt sei bislang keine Reaktion erfolgt, kritisiert Seifert: „Die schlafen.“
Verantwortung bei Pflanzenhändlern
Die mutmaßliche Ursache für die Einschleppung der Ameisen sieht Seifert im Import mediterraner Pflanzen. Deshalb spricht er sich für eine bundesweite Meldestelle aus, bei der Gartencenter und andere Importeure befallene Ware melden müssen. Ziel sei es, die Tiere möglichst frühzeitig zu identifizieren und zu isolieren, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.
„Die Händler müssen stärker in die Verantwortung genommen werden“, fordert Seifert. Die Schäden seien erheblich und erforderten klare gesetzliche Regelungen.
Die ersten dokumentierten Funde in Deutschland stammen aus dem Jahr 2009 in Rheinland-Pfalz. Seitdem hat sich die Art kontinuierlich ausgebreitet – inzwischen auch bis nach Hamburg. In Hannover sorgt eine verwandte Art, die Tapinoma ibericum, für Probleme in einem Supermarkt.
Im Mittelmeerraum stößt die Ameise auf natürliche Gegenspieler wie andere Ameisenarten, bestimmte Pilze oder Krankheiten. In Deutschland hingegen fehlt es an solchen Feinden, was ihre ungehinderte Ausbreitung begünstigt.
Forschungsprojekt soll Strategien entwickeln
In Baden-Württemberg läuft derzeit ein wissenschaftliches Projekt, das sich mit der Tapinoma magnum befasst. Es wird gemeinschaftlich von den Naturkundemuseen Stuttgart und Karlsruhe durchgeführt. Ziel ist es, mithilfe genomischer und ökologischer Untersuchungen die Ausbreitungswege besser zu verstehen und effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Auch die Öffentlichkeit wird in die Forschung eingebunden: Verdachtsfälle können durch Einsendung von Fotos oder Proben gemeldet werden. Bestätigen die Fachleute den Befund, wird der neue Fundort auf einer Deutschlandkarte vermerkt.
Typisch für die Große Drüsenameise sind die ungleich großen Arbeiterinnen, ihre tiefschwarze Färbung und ein auffälliger Geruch: Zerdrückt man sie, riechen sie stark nach ranziger Butter. Wer unsicher ist, ob es sich um diese invasive Art handelt, findet auf der Webseite des Naturkundemuseums Stuttgart hilfreiche Bestimmungshilfen und weiterführende Informationen.
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