Tiere töten für die Trophäe: Trophäenjagd und ihre Folgen

Wir haben mit der Biologin Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife gesprochen. Alle Fakten zur Trophäenjagd und ihren Folgen lesen Sie hier.

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© Pro Wildlife

Wer eine Jagdreise bucht, der bucht dabei nicht nur Flug, Unterkunft und Verpflegung, sondern er bucht auch ein Tier, das er in seinem Urlaub erschießen darf. Unter Trophäenjagd versteht man im Allgemeinen die Jagd und das Töten eines Tiers mit der Absicht, eins oder mehrere seiner Körperteile als Trophäe zu behalten. Das kann das ganze Tier oder sein Kopf sein, das Geweih/Horn, aber auch der Fuß, ein Elefanten-Stoßzahn oder ein anderes Körperteil. Um das Fleisch zur Ernährung geht es bei dieser Form von Jagd nicht. Den Jägern geht es vielmehr um das „Abenteuer“ und den Statuserwerb, mit dem sie innerhalb ihrer sozialen Gruppe angeben können.

Prinz Emanuel von Liechtenstein soll den größten Braunbären Europas für eine Trophäe getötet haben

Auch Prinz Emanuel von und zu Liechtenstein soll auf Trophäenjagd gegangen sein und im März 2021 in den Karpaten (Rumänien) Arthur, den größten Braunbär Europas, für eine Trophäe erschossen haben. Obwohl die Bärenjagd in Rumänien verboten ist und die Tiere in vielen Teilen Europas streng geschützt sind, hat der Prinz eine Sondergenehmigung erhalten - allerdings für ein Bärenweibchen, das in der Vergangenheit angeblich mehrere Bauernhöfe angegriffen haben soll. Jetzt ist allerdings der 17-jährige, große Bär Arthur tot, der aus Sicht der Trophäenjäger das "bessere" Ziel ist.

Die Identität des Jägers wurde von den Behörden offiziell noch nicht bestätigt. Gabriel Paun, Aktivist der Agent Green, ist sich aber sicher: "Es ist offensichtlich, dass der Prinz nicht gekommen ist, um ein Problem zu lösen, das die Dorfbewohner betrifft, sondern um der Trophäe wegen", sagte der Aktivist Medienberichten zufolge.

Der Prinz und das Fürstenhaus äußerten sich bislang kaum zu den Vorwürfen. "Ich persönlich möchte mich in keiner Weise in die Diskussion einbringen", sagte der Prinz dem Schweizer "Blick". Und das Fürstenhaus betonte gegenüber der Nachrichtenagentur afp lediglich seine Verbundenheit mit dem Respekt vor der Natur, wie Focus Online berichtet. Weiter wollte es sich über diese "private und persönliche Angelegenheit" aber nicht äußern.

Jagdreisen auf gefährdete Tiere

Für Jagdreisen gibt es extra Reiseveranstalter und Jagdmessen, bei denen z.B. deutsche Touristen eine Reise nach Afrika inklusive Abschuss eines Elefanten buchen können. Das kostet mindestens 37.000€. Die Jagd auf stark gefährdete und geschützte Arten ist dabei ganz üblich. So standen im Jahr 2017 zum Beispiel Jagdquoten für 1.028 Afrikanische Elefanten legal zum Abschuss durch Trophäenjäger frei, obwohl ihre Bestände in acht Jahren um etwa ein Drittel dezimiert wurden, wie die Tierschutzorganisation Pro Wildlife berichtet. Sogar für die extrem gefährdeten Spitzmaulnashörner werden immer wieder Jagdgenehmigungen erteilt.

Deutschland ist nach den USA (diese liegt mit großem Abstand auf Platz 1) und Spanien Spitzenreiter bei der Jagd auf gefährdete und geschützte Arten.

Wie viele Tiere werden aufgrund von Trophäenjagd getötet? 

Wie viele Tiere genau pro Jahr aufgrund von Trophäenjagd getötet werden, lässt sich nicht so einfach sagen, denn sehr viele Tiere werden gar nicht erfasst. Zahlen für Deutschland gibt es z.B. nur für die Arten, die durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) geschützt sind.

Im Jahr 2019 wurden Trophäen von 750 CITES-geschützten Tieren nach Deutschland eingeführt. 2020 waren es 517. Obwohl dieses Jahr von Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie beherrscht war, ist das eine sehr hohe Zahl. Hier eine Übersicht, von welchen Tieren die Trophäen unter anderem stammen:

Nicht durch CITES geschützte Tiere werden in diesen Statistiken nicht erfasst, selbst wenn sie gefährdet sind, wie Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife erklärt. Als Beispiel nennt sie die Giraffe. Sie wurde erst Ende 2019 von CITES geschützt und ist bei den Einfuhrzahlen von 2019 deshalb noch nicht inbegriffen. Im Jahr 2020 wurde auch die Giraffe erfasst und die Zahlen waren erschreckend: Trophäen von 31 Giraffen wurden 2020 allein nach Deutschland eingeführt. So wird klar, dass es eine sehr hohe Dunkelziffer an nicht erfassten Tieren gibt.

Die Tierschutzorganisation „ifaw“ analysierte die Daten von CITES und stellte fest, dass zwischen 2004 und 2014 weltweit mindestens 1,7 Millionen Jagdtrophäen gehandelt wurden. Mehr als 200.000 davon stammten von gefährdeten Tierarten. Wie viele getötete Tiere sich hinter diesen Trophäen verbergen, ist nicht bekannt.
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© Pro Wildlife

Warum ist die Einfuhr von Trophäen bedrohter Tiere nach Deutschland überhaupt erlaubt? 

Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, wie viele Deutsche jedes Jahr in die unterschiedlichsten Länder reisen, um auf Trophäenjagd zu gehen. Viele glauben auch, dass das „in Deutschland doch bestimmt verboten ist“. Doch das ist es nicht. Aber warum eigentlich nicht? Warum ist es erlaubt, Jagdtrophäen gefährdeter Tiere nach Deutschland einzuführen? 

In Deutschland darf niemand „einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen“. Das besagt das Tierschutzgesetz. Als vernünftiger Grund gilt z.B. die Jagd für das Fleisch, also zur Nahrungsgewinnung. Eine Trophäe zählt allerdings nicht dazu. Das heißt: In Deutschland ein Wildschwein zu töten, nur um seine Stoßzähne mitzunehmen und den Rest „liegen zu lassen“, ist verboten. Allerdings ist es erlaubt, eine Jagdreise nach Polen zu buchen, dort ein Wildschwein zu schießen und seine Zähne mit nach Deutschland zu nehmen. Oder einen ganzen Giraffen-Hals mit Kopf aus Südafrika. Oder ein Braunbär-Fell aus Kanada. 

Die Position der Bundesregierung 

Gesetzlich steht es jedem EU-Land frei, selbst zu entscheiden, ob es die Einfuhr von Jagdtrophäen der CITES-geschützten Arten erlaubt oder nicht. Pflicht ist, dass die Trophäe aus nachhaltiger und legaler Jagd kommt. Bei geschützten Arten müsse dafür ein Nachweis erbracht werden. Doch in der Praxis fehlt der oft. 

Deutschland könnte also die Einfuhr von Jagdtrophäen geschützter Tiere verbieten. Frankreich hat beispielsweise die Einfuhr von Löwentrophäen untersagt, die Niederlande die aller CITES-geschützten Arten, für die eine Einfuhrgenehmigungspflicht gilt. In Deutschland sieht es bisher nicht danach aus, denn die aktuelle Bundesregierung lehnt ein generelles Importverbot ab. In einem Hintergrundpapier des Umweltministeriums heißt es:

„Die Bundesregierung setzt nicht auf ein pauschales Importverbot, weil dieses fachlich nicht gerechtfertigt ist, aber auch um Schutzprojekte nicht zu gefährden, die auf Einnahmen aus Jagdtrophäen angewiesen sind. Stattdessen setzt sich die Bundesregierung erfolgreich für eine Verbesserung der Kontrolle je nach Situation im Ursprungsland ein, um die Nachhaltigkeit der Jagd sicherzustellen.“ 

Gleichzeitig räumt das Ministerium aber ein, dass das in der Praxis oft nicht der Fall ist: „Es gibt immer wieder Fälle, in denen Trophäenjagd nicht den Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht oder schlecht gemanagt und durchgeführt wird. Bedingt werden Missstände meist durch Korruption, zu hohe Quoten und mangelnde Überwachung.“ Konsequenzen daraus scheint es dennoch nicht zu geben.

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In welchen Ländern findet Trophäenjagd statt und welche Tiere sind davon betroffen? 

Trophäenjagd ist theoretisch auf der ganzen Welt möglich, je nach Rechtslage in den jeweiligen Ländern, und es ist eigentlich auch kein Tier per se davor geschützt: Vom Wolf in Polen bis zum Eisbären in Kanada und dem Elefanten in Afrika ist alles möglich. Je nach Land und Art des Tiers sind die Preise natürlich sehr unterschiedlich. Hier einige Beispiele:

Selbst die durch CITES streng geschützten Tierarten sind nur vor kommerziellem, internationalem Handel geschützt. Ob die Trophäenjagd auf solche Arten erlaubt ist, steht in der Macht der einzelnen Länder. Sie können die Jagd auf „ihre“ Tiere verbieten. Und das haben Länder, in denen der Tiger lebt, z.B. Indien, getan. Auch Kenia hat die Trophäenjagd auf „seine“ Tiere verboten, denn der Fototourismus ist für das Land eine lukrativere Einnahmequelle.

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© Pro Wildlife

Welche Folgen hat Trophäenjagd für die Artbestände der Tiere? 

Dass das Töten von Tieren nur für eine Trophäe aus ethisch-moralischer Sicht höchst fragwürdig ist, ist die eine Sache. Doch das ist nicht alles. Denn Trophäenjagd ist auch auf bedrohte und geschützte Tiere erlaubt. Es stellt sich daher die Frage, wie sich die Trophäenjagd auf den Bestand bedrohter Arten auswirkt und ob sie sogar zur Bedrohung der Tiere beitragen kann. 

Vertreter der Trophäenjagd argumentieren, dass sich die Trophäenjagd sogar positiv auf den Bestand von Wildtierpopulationen auswirke. Außerdem würden die Einnahmen durch die Jagdreisen auch der Bevölkerung vor Ort zugutekommen. Vom Deutschen Jagdverband, Befürworter der Trophäenjagd, heißt es zum Beispiel: 

„Die Jagd durch Gäste und Einheimische hat weltweit einen positiven Effekt: Die Bestände von jagdbaren Wildarten in Reiseländern weltweit steigen seit mehreren Jahrzehnten oder sind auf hohem Niveau stabil. Jagd - speziell durch zahlungskräftige Ausländer - verleiht Wildtieren einen (wirtschaftlichen) Wert vor Ort, weshalb die Tiere und ihre Lebensräume für die Lokalbevölkerung schützenswert sind."

Pro Wildlife sieht das, wie viele andere Organisationen auch, sehr skeptisch. "Tatsächlich gibt es keine Studien und empirische Daten, die den eindeutigen Rückschluss zulassen würden, dass die Trophäenjagd für das Wachstum von Wildtierpopulationen zuständig ist", so Daniela Freyer. „Das wird pauschal behauptet, ohne das durch Bestandszahlen zu belegen." Zahlen zu positiven Bestandsentwicklungen würden hingegen aus dem Zusammenhang gerissen und so eingesetzt werden, als wären sie auf die Trophäenjagd zurückzuführen. Dabei werde „einfach eine Grafik mit einem Bestandswachstum einkopiert und ein Kausalzusammenhang zur Trophäenjagd hergestellt. Andere Faktoren wie strengere Gesetze oder verbesserte Schutzmaßnahmen lässt man unter den Tisch fallen“, so Freyer.

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© Pro Wildlife

Negative Auswirkungen der Trophäenjagd 

Die Trophäenjagd funktioniert in vielen Fällen nicht so kontrolliert und nachhaltig, wie oft behauptet. Außerdem herrscht viel Korruption vor, wodurch überhöhte Jagdquoten vergeben werden. Als weitere Probleme nennt Freyer:

  • Tiere aus Forschungsprogrammen werden erschossen. 
  • Tiere, die nicht für die Jagd freigegeben sind, werden getötet. 
  • Tiere werden aus Schutzgebieten herausgelockt und dann erschossen. 

Es gibt außerdem Hinweise auf die negativen Auswirkungen der Trophäenjagd für die Tierbestände mancher Arten. Wie Freyer erklärt, sei dies zum Beispiel für Löwen gut dokumentiert: Wissenschaftlichen Veröffentlichungen zufolge trage die Jagd in vielen afrikanischen Ländern, z.B. Tansania, zum Bestandsrückgang der Löwen bei. Bei Leoparden ist es wohl ähnlich.

Die Trophäenjagd hat außerdem noch weitreichendere negative Folgen für Wildtierpopulationen:

  • Bei Löwen werden oft die Rudel-Männchen geschossen, weil sie für die Jäger besonders attraktiv sind. Ist das der Fall, übernimmt ein neuer Löwe das Rudel und tötet die Jungen des vorherigen Anführers, um eigenen Nachwuchs zu zeugen. Somit sterben durch einen geschossenen Löwen in der Regel mehrere Tiere. 
  • Bei geweih- und horntragenden Tieren betreiben die Jäger eine sehr selektive Auswahl: Geschossen werden vor allem die stärksten Tiere mit dem größten Geweih/Horn. Dadurch nehmen die Jäger auf Dauer Einfluss auf die genetische Zusammensetzung der Population und es kommt dazu, dass es keine Tiere mit großen Hörnern mehr gibt. 

Von den Einnahmen aus den Jagdreisen profitieren außerdem vor allem ausländischen Jagdreiseveranstalter, wie Pro Wildlife berichtet. Die Bevölkerung vor Ort erhalte laut einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) bestenfalls einen „Hungerlohn“: Im Durchschnitt nur 0,3 US-Dollar pro Person soll die lokale Bevölkerung aus dem Jagdtourismus jährlich verdienen.

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Quellen

Hier einige Quellen zu Studien, die Pro Wildlife als Grundlage verwendet. Sie stellen die negativen Auswirkungen der Löwenjagd sowie das Problem der unnatürlichen Selektion der Trophäenjäger dar:

  • Creel, S., M'soka, J., Dröge, E., Rosenblatt, E., Becker, M. S., Matandiko, W., & Simpamba, T. (2016). Assessing the sustainability of African lion trophy hunting, with recommendations for policy. Ecological Applications, 26(7), 2347-2357.
  • Packer, C., Kosmala, M., Cooley, H. S., Brink, H., Pintea, L., Garshelis, D., Purchase, G., Strauss, M., Swanson, A., Balme, G., Hunter, L. & Nowell, K. (2009). Sport hunting, predator control and conservation of large carnivores. PloS one, 4(6), e5941.
  • Mweetwa, T., Christianson, D., Becker, M., Creel, S., Rosenblatt, E., Merkle, J., Dröge, E., Mwape, H., Masonde, J. & Simpamba, T. (2018). Quantify-ing lion (Panthera leo) demographic response following a three-year moratorium on trophy hunting. PloS one, 13(5), e0197030.
  • Selier, S. A. J., Page, B. R., Vanak, A. T., & Slotow, R. (2014). Sustainability of elephant hunting across international borders in southern Africa: A case study of the greater Mapungubwe Transfrontier Conservation Area. The Journal of Wildlife Management, 78(1), 122-132.
  • Coltman, D., O'Donoghue, P., Jorgenson, J. et al. (2003) Undesirable evolutionary consequences of trophy hunting. Nature 426655–658.
  • Palazy, L., Bonenfant, C., Gaillard, J. M., & Courchamp, F. (2011). Cat dilemma: too protected to escape trophy hunting?. PloS one, 6(7), e22424.
  • Knell, R. J., & Martínez-Ruiz, C. (2017). Selective harvest focused on sexual signal traits can lead to extinction under directional environmental change. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 284(1868), 20171788.
  • Coulson, T., Schindler, S., Traill, L., & Kendall, B. E. (2018). Predicting the evolutionary consequences of trophy hunting on a quantitative trait. The Journal of Wildlife Management, 82(1), 46-56.
  • Frank, Shane C., et al. “Indirect Effects of Bear Hunting: a Review from Scandinavia.” Ursus, vol. 28, no. 2, 2017, pp. 150–164. JSTOR.
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