Cesar Millan: Der kontroverse Hundeflüsterer
Der Name Cesar Millan polarisiert wie kaum ein anderer in der Hundeszene. Während Fans seine "Lebensphilosophie" feiern, werfen Kritiker ihm gewalttätige Erziehungsmethoden vor. In unserem Pro & Contra beziehen zwei Hunde-Expertinnen Stellung.
Ab Oktober 2019 geht Cesar Millan, einer der berühmtesten Hundetrainer der Welt, auf große Tour durch Deutschland und Österreich. Zum wiederholten Male wird er wohl ganze Stadien füllen.
Cesar Millan rettet Problemhunde vor dem Tod
Die glühende Anhängerschaft von Cesar Millan schwört auf die "Trainingsphilosophie" des Hundeflüsterers und schwärmt für seine einzigartige Art, mit Hunden zu kommunizieren. Zahlreiche einst verhaltensauffällige Hunde bewahrte Cesar Millan vor der Einschläferung. Heute lebt ein gutes Dutzend ehemaliger "Problemhunde" gemeinsam mit ihm in dessen "Dog Psychology Center". Die große Farm bei Los Angeles bildet das Hauptquartier des international erfolgreichen Millan-Imperiums.
Kritiker sagen: Erziehungsmethoden von Cesar Millan sind gewalttätig
Seine Gegner hingegen werfen Cesar Millan aversive und gewalttätige Erziehungsmethoden vor, die lediglich auf Einschüchterung beruhen und das Verhalten von (Problem-) Hunden nicht nachhaltig verändern.
Contra: "Cesar Millan verklärt seine Methoden mit Worten über Energie und Führung."
Zudem hielte das "Rüdelführer"-Konzept von Cesar Millan den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung nicht stand, so seine Kritiker.
Trainingsmethoden von Cesar Millan: Pro und Contra
Wir haben zwei Hundetrainerinnen um Ihre Einschätzungen zu den umstrittenen Trainingsmethoden von Cesar Millan gebeten.
Pro: "Cesar Millan hat keine Methode. Es ist eine Lebensphilosophie."
Cesar Millan hat keine bestimmte "Methode". Es ist eine Lebens-Philosophie. Auf der Ranch seines Großvaters konnte Cesar Millan beobachten, wie Hunde sich gegenseitig verständigen, wie sie untereinander, mit ihrem Auftreten und ihrer Körpersprache mit Aggression, Angst und Herausforderung umgehen.
"Ein klares "Nein" gehört dazu."
Da gehört ein klares "Nein" auch mal dazu. Wir Menschen merken gar nicht, wie gestresst und angespannt wir sind, wie viele Sorgen wir uns ununterbrochen machen. Hunde nehmen das in sich auf. Sie fressen es nur nicht dauerhaft in sich hinein. Sie suchen Dinge oder Situationen im Alltag, in denen sie das auslassen können und werden dann als "Problemhunde" abgestempelt.
"Hunde sind nur die Spiegel unseres inneren Befindens."
Hunde sind nur die Spiegel unseres inneren Befindens. Sie orientieren sich immer an Bezugsfiguren. Sind diese unausgeglichen, frustriert, gestresst, so ist das auch der Hund. Sind sie souverän und lassen sich auch in Stresssituationen nicht aus der Ruhe bringen, so ist der Hund auch entspannt. Diese Bezugsfiguren müssen aber auch klar und deutlich wissen lassen, wann etwas gar nicht gut oder angebracht ist.
"Hunde korrigieren sich untereinander kurz und knackig. Stupser, Rempler oder Zwicker sind involviert."
Unter Hunden ist das eine Korrektur, die nun mal kurz und knackig ist und oft einen Stupser, Rempler oder Zwicker involviert. Damit ein Hund unser Handeln ernst nehmen kann, müssen wir Menschen uns aber erst einmal wieder unserer selbst bewusst werden, lernen, zu entspannen, entscheiden, was wir wollen und nicht wollen, wohin wir wollen, und mit ganzem Herzen dahinterstehen. Nicht nur bei den Hunden, sondern im ganzen Leben. Man muss sich mit sich selbst auseinandersetzen. Das ist das Wundervolle an der Philosophie von Cesar Millan – und das Schwierige und Abschreckende zugleich.
(Florinda Bogner, Naturpsychologin mit Schwerpunkt Hund, begleitete Cesar Millan auf seiner Tour 2018) Cesar Millan wirkt auf viele Zuschauer charismatisch und kompetent, er traut sich an die wirklich schweren Fälle ran, an denen sich andere die Zähne ausbeißen würden. Wirklich? Natürlich nicht, "Der Hundeflüsterer" ist eine Unterhaltungssendung, deren Konzept auf den spektakulären Aktionen und schnellen Erfolgen eines Hundetrainers beruht.
"Hunde werden ungesichert gezielt mit Reizen konfrontiert und ihre Warnsignale ignoriert."
Dort sehen wir immer wieder, wie Cesar Millan Hunde ungesichert, gezielt mit Reizen konfrontiert und dann ihre Warnsignale ignoriert. Die Hunde sollen auf die Zuschauer möglichst gefährlich wirken, den Eindruck erwecken, das sind wirklich "Red-Zone-Hunde". Tatsächlich sind die Fälle, die in der Sendung von Cesar Millan gezeigt werden, für jeden Hundetrainer das tägliche Brot und nichts Besonderes.
"Jeder meiner Kunden ist besser in der Lage, die Körpersprache der Hunde zu deuten."
Jeder meiner Kunden ist besser in der Lage als Cesar Millan, die Körpersprache der Hunde zu deuten. Ich kann jedem Zuschauer empfehlen, die Sendung ohne Ton anzusehen und dabei genau auf die Beschwichtigungssignale der Hunde zu achten. Es ist bedenklich und unethisch, dass Cesar Millan den Hunden kein vernünftiges Alternativverhalten beibringt, damit sie eine Strategie lernen: Immer wenn die Situation so ist, mache ich das, und das ist richtig.
"Unfaires Training."
Stattdessen hagelt es Strafe, wenn der Hund etwas falsch macht, ohne ihm zuvor das Richtige beigebracht zu haben ... ein ziemlich unfaires Training. Jeder, wirklich jeder, der skrupellos genug ist, kann einen Hund durch dominantes Auftreten so einschüchtern, dass er in seinem Beisein kein Fehlverhalten mehr zeigt, das ist ein billiger Taschenspielertrick, aber kein Hundetraining.
"Unterm Strich bleiben Einschüchtern, Bedrohen, Treten, Würgen."
Die Fans von Cesar Millan glauben, er stehe für eine bestimmte Philosophie, einen Lebensstil. Tatsächlich verklärt Cesar Millan seine Methoden mit geschickt formulierten Worten über Energie und Führung. Ohne diese Worthülsen bleiben unterm Strich Einschüchtern, Bedrohen, Treten, Würgen.
(Manuela Zaitz, Hundetrainerin und Mitbegründerin der Trainer-Interessensgemeinschaft "Trainieren statt dominieren", trickschule.de)