Schilddrüsenüberfunktion bei Katzen

Die Krankheit war bis in die achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts fast unbekannt. Heute jedoch zählen die Wissenschaftler die Überfunktion der Schilddrüse oder die Hyperthyreose zu den häufigsten Hormonstörungen älterer Katzen.

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Eine Überfunktion der Schilddrüse gibt es auch bei Katzen.© Alex Anstey / iStockphoto

Bei einer Hyperthyreose vermehren sich die Zellen der Schilddrüsen – es kommt zu einer Schwellung des winzigen Organs, das im Hals nahe dem Kehlkopf liegt.

Die Krankheit verkürzt das Leben

Die Vergrößerung der Schilddrüse an sich ist meist gutartig und wäre daher harmlos, wenn nicht ausgerechnet die aktiven, hormonbildenden Zellen wuchern würden. Diese Zellen stellen das Hormon Thyroxin her. Thyroxin facht die Verbrennung von Fett und Zucker an, um Energie zu gewinnen, und treibt alle Organe und Zellen des Körpers zu schnellerer Arbeit an. Tatsächlich ist Thyroxin ein lebensnotwendiger Stoff. Ein Mangel an diesem Hormon führt zu Müdigkeit, niedriger Körpertemperatur, Gewichtszunahme und Hautproblemen. Jungtiere, die unter einem Thyroxinmangel leiden, können sterben oder bleiben in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurück. Doch bei einer Hyperthyreose kreist zuviel Thyroxin im Blut. Der ganze Organismus läuft dadurch auf Hochtouren. Katzen mit einer Hyperthyreose wirken häufig nervös und schreckhaft. Eines der auffälligsten Symptome ist der Heißhunger der Katzen. Die Tiere nehmen sogar Nahrung zu sich, die sie früher verschmäht hätten. Einige Katzen fressen so gierig und hastig, dass sie sich nach der Mahlzeit erbrechen. Trotz der gesteigerten Futteraufnahme verlieren die Katzen an Gewicht. In manchen Fällen wechseln sich die Phasen unstillbaren Hungers mit Phasen von Appetitlosigkeit ab. Unter Thyroxineinfluss verstärken sich die Eigenbewegungen des Darms. Es kommt zu faulig riechenden, voluminösen Durchfällen. Das Fell der Tiere ist häufig struppig und ungepflegt.

Bessere Chancen durch frühe Diagnose

Bei den geringsten Aufregungen oder Anstrengungen beginnen hyperthyreote Katzen zu hecheln, weil sie für ihre beschleunigte Verbrennung auch mehr Sauerstoff als gesunde Tiere benötigen. Dramatisch sind die Auswirkungen des Thyroxinüberschusses auf das Herz. Es schlägt viel schneller als normal. Durch die pausenlose Anstrengung kann der Herzmuskel Schaden nehmen, und es können sich Arrhythmien entwickeln. Unbehandelt führt die Hyperthyreose früher oder später zum Tod der Katze durch Erschöpfung oder Herzversagen. Prinzipiell gibt es drei Therapiemöglichkeiten: die lebenslange Gabe von Medikamenten, die chirurgische Entfernung des überaktiven Schilddrüsengewebes und die Radiojodtherapie. Mit speziellen Medikamenten (Wirkstoffe Methimazol und Carbimazol) kann die Bildung von zu viel Thyroxin gehemmt werden. Der Thyroxinspiegel im Blut sinkt, und der Zustand der Katze normalisiert sich. Allerdings muss sie ihr restliches Leben die Arzneimittel einnehmen, was den Besitzer manchmal vor eine unlösbare Aufgabe stellt, denn viele Katzen wehren sich erfolgreich gegen die Einnahme der Tabletten. Außerdem vertragen einige Katzen die Medikamente nicht. Sie zeigen Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Erbrechen, Hautausschlag und Juckreiz.

Radiojodtherapie hat die wenigsten Risiken

Die chirurgische Entfernung des überflüssigen Schilddrüsengewebes kann dagegen nur bei Katzen vorgenommen werden, denen es noch recht gut geht, das Operationsrisiko wäre sonst zu hoch. Ein weiterer möglicher Nachteil einer Operation ist die Gefahr, dass zu wenig Schilddrüsengewebe übrig bleibt und die Katze danach unter einem Thyroxinmangel leidet. Dieser kann allerdings durch die regelmäßige Gabe von Thyroxin ausgeglichen werden. Seit einigen Jahren bietet die Universität Gießen in Deutschland die Radiojodtherapie für hyperthyreote Katzen an. Den Katzen wird radioaktives Jod 131 gespritzt. Dieses Jod gelangt in die Schilddrüse und zerstört nur die Zellen, die das überschüssige Thyroxin bilden. Es bleiben genügend hormonbildende Zellen übrig, um den Körper mit den Mengen an Thyroxin zu versorgen, die er braucht. Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt geworden. Vor der Behandlung muss die Katze vom Haustierarzt genau untersucht werden. Denn die Hyperthyreose kann andere schwere Erkrankungen verschleiern. Sie sollten möglichst vor der Therapie entdeckt werden.

In der Klinik drei Wochen Isolation

Ein Nachteil der Radiojodtherapie ist, dass die Katze zwei bis drei Wochen in der Klinik verbringen muss. In dieser Zeit darf nur Klinikpersonal mit Sondergenehmigung Kontakt zu der Patientin haben. Denn laut der deutschen Strahlenschutzverordnung gilt die Katze nach der Behandlung als radioaktiver Stoff. Ein Trost: Die Klinikräume, in denen die Katzen wohnen, sind sehr geräumig. Erst wenn die Strahlung nachgelassen hat, darf die Patientin zurück nach Hause. Dr. Max Puille von der Klinik für Nuklearmedizin hofft aber, dass diese Vorschrift bald gelockert wird und sich der Aufenthalt der Katze verkürzt.

Radiotherapie in Deutschland

Seit einigen Jahren bietet die Medizinische und Gerichtliche Veterinärklinik I – Innere Krankheiten der Kleintiere in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum/Klinik für Nuklearmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen die Radiojodtherapie bei hyperthyreoten Katzen an. Mittlerweile hat man dort fast 70 Katzen erfolgreich behandelt. Nebenwirkungen sind bisher nicht aufgetreten. Die Behandlung und der stationäre Aufenthalt kosten zwischen 800 und 850 Euro.

Kontakt

Medizinische und Gerichtliche Veterinärklinik I – Innere Krankheiten der Kleintiere

Frau Nicole D. Puille

Frankfurter Straße 126

D-35392 Giessen

Tel. 0641 9938604

Fax 0641 9938609

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