Kater sind vom Mars und Katzen von der Rolle
Liebe auf den ersten Blick ist unter Katzen selten. Sie lässt sich nicht vorausberechnen, vorhersagen oder gar erzwingen. Ein wenig sind wir allerdings schon in das Geheimnis gegenseitiger Sympathie eingedrungen – wie weit, das stellen wir Ihnen hier vor.
Als Paul Leyhausen, der inzwischen verstorbene Katzenforscher, die "Bruderschaft der Kater" entdeckt hat, war die Welt in Ordnung, für die Männer im Allgemeinen und die Katzen im Speziellen: Die Männlichkeit geht abends aus und hockt friedlich zusammen, während die Frauen das Haus hüten, mit den Kindern spielen oder hingebungsvoll schmusen, solange keine Rivalin in Sicht kommt. In diesem Fall hat die liebste Mieze klischeemäßig zur Furie zu werden, was natürlich Kater-Brüder nie im Leben tun würden.
Frei und potent
In Wirklichkeit jedoch ist dieses Verhalten nur eine punktuelle Beobachtung: Rivalisierende Kater liefern sich außerhalb ihrer "Kneipe" zeitweise wüste Gefechte. Weibchen tolerieren – zumindest in Katzengemeinschaften auf dem Land – ihre Töchter, manchmal sogar fremde Weibchen. Die jungen Kater werden indes von keinem so richtig ernst genommen. In halbwilden Katzengruppen lungern sie herum und gehen irgendwann auf Wanderschaft, bis sie groß und kräftig genug sind, um einen "Platzhirsch" vom Hof zu vertreiben. Wer einen potenten Freilaufkater hält, wird kaum einen zweiten dieser Sorte halten können. Denn anders als auf einem Bauernhof, bleiben die Jungkater nicht außerhalb der Wohnung und betreten somit den Sperrbereich für fremde Kater. Der Unterlegene wird verschwinden, und welcher das ist, entscheidet der persönliche Krieg zwischen den beiden. Mischt sich der Halter hier ein, wird der Zustand eher schlimmer als besser.
In der Wohnung
Das Leben ausschließlich in der Wohnung verschärft den Zustand um einiges. Dort kann schon ein einzelner potenter Kater schwer auszuhalten sein. Zwei davon kämpfen und markieren die Wohnung, dass es dem Halter ziemlich schnell zu viel wird. Wer züchtet, hält sich ganz von selbst an das Haremsprinzip: ein Pascha und ein bis drei Weibchen, Kinderzahl egal, Hauptsache, sie kommen vor der Geschlechtsreife außer Haus. Auf die Eunuchen (kastrierte Kater) kann man dafür verzichten. Diesen gegenüber sind die Paschas nicht immer freundlich, vorausgesetzt, sie wohnen überhaupt im Haus und für die Zucht wird nicht auf fremde Deckkater zurückgegriffen. Ein Hauch von Männlichkeit schwebt noch über kastrierten Katern, und das genügt manchmal schon, Misstrauen hervorzurufen. Die Zuchtkatzen selbst akzeptieren einen kastrierten Kater recht gut, wobei zu berücksichtigen ist, ob sie gerade Junge haben.
Kater bleiben mehr im Haus
Insgesamt gesehen ist das Kastrieren der beste Friedensstifter, will man mehr als eine Katze oder einen Kater halten. Damit bekommt das typisch männliche Kampfgebaren keine hormonelle Unterstützung mehr. Durch das operative Erlöschen der Lust aufs andere Geschlecht wird aus dem Mr. Fight ein Mr. Right, vielleicht ein Langweiler, aber nur selten ein Bösewicht. Häuslich geworden schmusen sie dann nicht nur mit uns, sondern auch miteinander und mit den Weibchen und werden uns Menschen immer ähnlicher. Wie Herrchen und Frauchen fallen sie nachts über das Knabberzeug her und schlafen gemeinsam vor dem Fernseher ein. Viele werden faul und träge, und wenn sie sich schon für Bewegung entscheiden, dann für die Friedensbewegung. Wer zwei liebevolle Katzen hat, riskiert mit der Hinzunahme einer weiteren den Burgfrieden, unabhängig davon, ob der Neuling ein Weibchen, ein Männchen, ein Jungtier oder ein Senior ist.
Weibchen wollen viel hinaus
Die Kätzinnen reagieren nach der Kastration etwas anders: Entlastet vom ewigen Rolligwerden und Kinderkriegen stürzen sie sich mit Vorliebe ins Vergnügen, in aushäusige Abenteuer mit einer Menge Mäusen, Käfern, Wiese, Sand und Sonne. Wenn ihnen Freilauf erlaubt ist, sind Weibchen jetzt eher öfters draußen als die Männchen. Dieser Lebenswandel, dieses Lustwandeln weckt bei einem Weibchen kein Bedürfnis nach anderer Katzengesellschaft. In der Wohnung kommt dagegen eher der Wunsch nach Abwechslung auf. Ob eine Katzengefährtin dafür taugt, weiß man nicht. Am ehesten passt hier vor allem ein Tier von dem Geschlecht, das die Mieze schon früher akzeptiert hat. Im Allgemeinen sagt man, dass sich weibliche Einzelkatzen nicht so leicht an eine Zweitkatze gewöhnen als Einzelkater. Wer es dennoch wagen möchte, nimmt besser einen kleinen Kater zu sich als ein zweites Weibchen. (Isabella Lauer)