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Präzedenzfall für Tierhalterhaftung: Warum Hundehalter haften, auch wenn der Hund hört

Die Tierhalterhaftung greift auch dann, wenn ein Hund einem Kommando folgt und dabei durch sein Verhalten einen Schaden verursacht. Das stellt ein BGH-Urteil jetzt klar.

Ein Hund vor Gericht
Ein Präzedenzfall für die Tierhalterhaftung: Hundehalter muss haften, auch wenn der Hund hört© stock.adobe.com/BillionPhotos.com

Präzedenzfall für Tierhalterhaftung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass die Tierhalterhaftung auch dann greife, wenn ein Hund einem Kommando folgt und dennoch durch eigenes Verhalten einen Schaden verursacht. Diese Entscheidung folgte einem Vorfall, bei dem eine Frau über die Leine eines Hundes stolperte und sich verletzte, wodurch ihre Krankenkasse eine Erstattung der Behandlungskosten vom Hundehalter forderte.

Deshalb wurde der Hundehalter verklagt

Die Tochter des Hundehalters ging mit dem Familienhund am frühen Abend auf einem Feldweg spazieren. Dabei begegneten sie einer anderen Hundehalterin. Der Anblick einiger Wühlmäuse am Wegesrand regte den Jagdtrieb beider Hunde an, die daraufhin ein nahes Mäuseloch ansteuerten. Als die Frau versuchte, die Hunde von ihrer Jagdbeute fernzuhalten, rief die Tochter des Beklagten ihren Hund zurück. Der Hund, offenbar gut trainiert, gehorchte sofort und kehrte zu ihr zurück. Dabei verfing sich jedoch die lange Schleppleine, die er mit sich führte, um das Bein der anderen Frau, die dadurch zu Fall kam und sich verletzte. Ihre Krankenkasse wollte daraufhin die Behandlungskosten ersetzt haben und verklagte den Vater des Mädchens als Hundehalter.

Ein instanzgerichtliches Urteil hatte in diesem Fall eine Tierhalterhaftung des Herrchens bereits verneint. Dieses Urteil hat der BGH nun aufgehoben mit der Begründung, dass der Hund hier seine für unberechenbare Lebewesen typische Gefahr (Tiergefahr) gezeigt hatte. 

Rechtliche Grundlagen der Tierhalterhaftung

Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in § 833 Satz 1 die Tierhalterhaftung, die eine verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters vorsieht. Dies trifft zu, wenn sich durch ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares Verhalten des Tieres eine sogenannte "spezifische Tiergefahr" realisiert. Diese Regelung ist maßgeblich, da Tiere trotz höriger Reaktion auf Kommandos eigenständig und unvorhersehbar handeln können.

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Urteil und Begründung des BGH

Der BGH entschied, dass die spezifische Tiergefahr nicht allein dadurch ausgeschlossen wird, dass ein Tier einem menschlichen Kommando folgt. Im Urteil wird hervorgehoben, dass das eigenständige und kraftvolle Verhalten des Tieres weiterhin die Gefahr birgt, die der Tierhalter nicht vollständig kontrollieren kann. Durch diese Auslegung wird der Schutz von Dritten und der Tragweite der Verantwortung des Tierhalters besondere Bedeutung beigemessen. Der BGH stellte klar, dass die Lebendigkeit, Kraft und Energie des Tieres eine vollständige Kontrolle durch den Halter oft unmöglich mache und die spezifische Tiergefahr damit weiter bestehen bleibe.

Da man ein Tier nicht vollständig kontrollieren kann, bleibt die spezifische Tiergefahr trotzdem bestehen. Das stellt der BGH in seinem Urteil klar.

Im Klartext heißt das für diesen Fall:

Der Hund ist, anders als die vorigen Instanzen es gesehen hatten, nicht lediglich der Leitung der Tochter des Beklagten gefolgt. Denn das Loslaufen der Frau ist schließlich eigenständig passiert. Laufrichtung, Geschwindigkeit, Kraftentfaltung und Energieeinsatz des Hundes sind ihm selbst entsprungen.

Nun muss das Berufungsgericht neu über die Sache entscheiden. Währenddessen versteht der Hund vermutlich immer noch nicht, was genau er falsch gemacht hat.

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Philosophische Überlegungen zur Tierhaltung

In seiner Begründung berührte der Senat auch naturphilosophische Aspekte, indem er die Unkontrollierbarkeit eines lebendigen Organismus unterstrich. Diese Eigenschaft führt dazu, dass selbst strengste Kontrolle durch den Halter eine potenzielle Gefahr nicht gänzlich ausschließen kann. 

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Über die Autorin

Elvina Oeß

Content Managerin

Elvina Oeß ist seit 2018 als Content-Managerin bei Ein Herz für Tiere tätig. Von klein auf liebt sie Tiere. Ihre große Leidenschaft gilt ihrer Katze. Seit Elvina das kranke Kätzchen adoptiert und gesund gepflegt hat, steht sie im Mittelpunkt der Familie. Die Katze ist mit ihren 18 Jahren schon ein Senior. Sie fit und gesund zu halten, liegt Elvina sehr am Herzen. Mit informativen Inhalten und Produktempfehlungen anderen Tierbesitzern in ihrem Alltag mit Tieren zu helfen, ist ihr ein großes Anliegen. Elvina steht für respektvollen Umgang mit Tier und Natur.


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