Das Verhalten des Menschen beeinflusst das des Hundes

Hundehalter müssen sich entscheiden, ob sie einen immer netten oder einen willensstarken Hund haben wollen. Denn ihr Verhalten beeinflusst wesentlich die Entwicklung und das Wesen des Hundes.

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Das Verhalten des Besitzers wirkt sich auf das des Tieres aus.© stock.adobe.com/Vasyl

Der Mensch bestätigt erwünschtes Verhalten des Hundes

Familie O. hatte vor dem Hundekauf alles durchdacht und geplant: Die Jack-Russell-Terrierin Baffy sollte es sein, und Frau O. machte sich sofort an die Erziehung: Dreimal die Woche ging sie mit Baffy zum Hundeplatz, erst zur Welpenschule, dann in die Junghundgruppe, dann zu Agility. Baffy war überall mit Leib und Seele dabei. Aber Frau O. wurde von Monat zu Monat unzufriedener. Und als Baffy erwachsen war, war Frau O. sicher: Das war nicht der Hund, den sie sich gewünscht hatte.

Baffy war umgänglich und freundlich zu allen und jedem. Ja. Aber kaum ließ Frau O. sie von der Leine, hatte sie nichts anderes im Sinn, als mit anderen Hunden und Menschen herumzutoben. Frau O. war Luft für sie. Baffy war fröhlich und selbstbewusst, aber sie war weder anhänglich noch zuneigungsbedürftig. An Streicheleinheiten lag ihr nichts, Spaziergänge mit Frau O. fand sie langweilig. Und als Wach- und Schutzhund war sie eine "ausgesprochene Niete": Bei ihren Menschen zu bleiben und sie zu beschützen, das interessierte Baffy überhaupt nicht.

Dass Hunde – auch ohne Schutzhundausbildung – ihr Revier und ihr Rudel beschützen, dass selbst zarte Winzlinge – zur Not – übermächtige Gegner in Schach halten, das ist altbekannt. Und so mancher menschenfreundlich-umgängliche Familienhund verdankt sein ruhiges Leben der Polizei, die sagt: "Ein Hund im Haus ist besser als jede Alarmanlage", oder der Experten-Formel: "Ein Hund, der seinen Menschen liebt, verteidigt ihn."

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Der Wachinstinkt ist angeboren

Hunde sind Rudeltiere, und sie bewachen "ihr" Rudelrevier. Nähert sich irgend etwas Ungewöhnliches, dann geben sie Laut: Selbst die "stummen" afrikanischen Basenjis fiepen, wenn sich ein Fremder nähert, und auch der gastfreundlichste Samojede "meldet" erst einmal, ehe er den Fremden begrüßt. Der Inhalt der Meldung ist immer der gleiche: "Achtung! Da kommt was! Alle Kinder ins Versteck, alle Erwachsenen hierher!"

Deshalb meiden Diebe Häuser mit Hunden. Hunde haben auch – gemessen an anderen Tieren – eine geringere "Fluchtdistanz" Angreifern gegenüber. Sie fliehen nicht gleich, sie warten ab und entscheiden erst im letzten Augenblick. In den USA haben die Jäger deshalb einen "Test" entwickelt, um wilde Hunde, die immer gejagt werden dürfen, von Wölfen und Coyoten zu unterscheiden, die man nicht immer überall jagen darf: Nähert sich ein Jäger einem Welpenlager, und die aufsichtführende "Hündin" zieht sich leise zurück, lassen sich die Welpen ohne Gegenwehr fassen und aufheben – dann sind das junge Wölfe oder Coyoten. Macht die Hündin dagegen Terz, ruft sie das ganze Rudel zusammen und beißen schon die kleinen Welpen, was das Zeug hält, dann sind das wilde Hunde.

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Ein Hund wird so, wie Sie ihn behandeln

Hunde verteidigen sich und ihre Jungen auch gegen Menschen. Ob sie allerdings zur Not auch den "allmächtigen" Rudelchef verteidigen, das ist abhängig von angeborenen und erlernten Verhaltensweisen – und von dem Verhältnis, das sie zu ihrem Rudelchef haben: Wird ein Hund von seinem Menschen immer als "vierbeiniges Kind" behandelt, dann wird er sich auch wie ein Kind benehmen. Er wird bei Gefahr auf den Alarmruf der Großen reagieren – und sich erst einmal selbst in Sicherheit bringen.

Wird ein Hund von seinen Menschen als "Omega-Wolf" behandelt, der in der Familien-Rudel-Ordnung ganz unten steht, dann wird er sich bei Gefahr hinter die Beine des großen "Alpha-Wolfs" retten: Omega-Wölfe verteidigen ihren Alpha-Wolf nicht. Das tut der selber – sonst wäre er kein Alpha-Wolf. Bekommt ein Hund aber das Gefühl, dass er   "das fünfte Rad am Wagen" ist, dass niemand ihn ernst nimmt, dass alle an ihm rumnörgeln, dann verabschiedet er sich irgendwann. Er kommt nur zum Essen und Schlafen "nach Hause" und sucht sich ein anderes Rudel, das er mutig verteidigt. Verteidigungsbereitschaft und Mut haben nichts mit Größe und Kraft zu tun: Zarte Winzlinge können "Helden" sein und große Riesen "Schlappis".

Mutig ist nicht der Hund, der sich immerzu selbst gegen alles und jedes verteidigt, oder der, der keiner Keilerei aus dem Weg geht. Mut zeigt der, der da ist und da bleibt – auch wenn er weiß, dass es sicherer und  besser wäre, sich aus der Gefahrenzone zu bringen. Dieses "Trotzdem" setzt eine Bindung voraus. Kein Hund verteidigt ein fremdes Rudel. Mut kann selbst bei den besten Anlagen verkümmern, wenn keine zuverlässige, alltägliche Bindung da ist, wenn der gegenseitige Respekt fehlt. Mut ist keinem Hund angeboren. Was ihm angeboren ist, ist die Bereitschaft, sich einem Rudel mehr oder weniger eng anzuschließen und in diesem Rudel dann – mehr oder weniger – Verantwortung selbst zu übernehmen: Mutig sein kann deshalb nur der Hund, der bereit und willens ist, auch dem eigenen Rudelchef ab und zu ganz dickköpfig und selbstbewusst zu widersprechen. Und der, der – trotz oder wegen dieser Dickköpfigkeit – vom gesamten Rudel geachtet wird.

Den engelsgleichen Hund, freundlich und führig, der mit allen zurechtkommt, nie widerspricht, nie Ärger macht, der aber doch – in der Stunde der Not – erzengelsgleich vom Himmel saust und seinen Menschen beschützt, den gibt es nicht: Menschenfreundliche, gehorsame Hunde sind auch in der Stunde der Not menschenfreundlich und gehorsam. Und mutige Hunde sind – auch ohne Not – eigenständig bis hin zum Sturkopf.

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