Die Lüge um biologisch abbaubare Hundekotbeutel
Hundekotbeutel, die biologisch abbaubar sind, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Doch sind Bio Gassitüten wirklich besser? Wir haben genauer hingesehen.
Biologisch abbaubare Hundekotbeutel landen immer häufiger im Warenkorb umweltbewusster Tierhalter. Viele Menschen wollen nämlich auf Kunststoff verzichten und greifen auch bei Gassitüten zu nachhaltigen Alternativen. Doch leider ist der Begriff Bio Plastik gesetzlich nicht geschützt und das Greenwashing-Potenzial dahinter entsprechend groß. Wann Hundekotbeutel kompostierbar sind und warum sich vermeintliche Bio Kotbeutel zu einem Umweltproblem entwickeln, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhaltsübersicht
- Die Flut aus Bio Hundekotbeuteln
- Hundekotbeutel aus Maisstärke und Co.
- Die halbe Wahrheit: Biobasierte Kottüten
- Hundekotbeutel: biologisch abbaubar oder kompostierbar?
- Hundekotbeutel mit Compost-Siegel
- Industriell und heimkompostierbar – die Unterschiede
- Hundekotbeutel fürs gute Gewissen
- Poopick: Der nachhaltige Hundekotbeutel
- Hundekot entsorgen
Die Flut aus Bio Hundekotbeuteln
Hundekotbeutel aus Maisstärke und anderen vermeintlich biologisch abbaubaren Materialien überfluten seit einiger Zeit den Markt. Das hat allerdings nichts mit grünem Gewissen der Hersteller zu tun. Die Bio-Plastik-Flut hat zwei Gründe:
- EU-Verbot für Einwegbesteck und -geschirr im Juli 2021. Das schwappt mit der Zeit auch auf Mülltüten sowie Hundekotbeutel über. Die Produzenten suchen nach Alternativen.
- Mit Bio-Plastik lässt sich richtig gut Geld verdienen. Auf dem Gebiet herrscht völlige Narrenfreiheit. Viele Produzenten nutzen die Gutgläubigkeit der Verbraucher aus.
Auf das gute Bio-Image, das Sie aus dem Lebensmittelhandel kennen, können Sie beim Bio Hundekotbeutel leider nicht vertrauen. Denn anders als das offizielle „Bio“-Siegel, ist der Begriff "Bioplastik" nicht geschützt. Prominent auf der Produktverpackung platziert, führen die verheißungs-vollen Siegel den Kunden oft in die Irre und wecken falsche Erwartungen. Sie sind auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass Gassigeher volle Kotbeutel in der Natur entsorgen. Schließlich soll sich der Inhalt der Hundekotbeutel samt seiner Hülle auf natürliche Weise zersetzen. Weit gefehlt!
Hundekotbeutel aus Maisstärke und Co.
Hundekotbeutel aus Maisstärke oder Rohrzucker sind im Zoohandel am häufigsten vertreten. Doch die harmlos klingende Zutat sagt nichts darüber aus, ob sich der Kotbeutel relativ schnell und von alleine zersetzt. Bio-Tüten können nämlich sowohl aus fossilen als auch aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und unabhängig davon biologisch abbaubar sein oder nicht. Bio-PE wird beispielsweise aus Zuckerrohr gemacht, kann sich aber nicht zersetzen. PBAT besteht aus Erdöl, wird aber vollständig biologisch abgebaut. Stoffe wie PHA können beides: sie sind biobasiert und gut abbaubar. Am schlimmsten sind aber die sogenannten oxo-abbaubaren Kottüten. Denn bei der Oxo-Variante handelt es sich um herkömmliche, erdölbasierte PE-Tüten, die dank chemischer Zusätze leichter zerfallen. Die sogenannten Additive machen die Zersetzung schnell möglich, doch weder wird hier Erdöl eingespart noch Mikroplastik vermieden. Noch vor zwei Jahren waren oxo-abbaubare Hundekotbeutel als umweltfreundlich hoch im Kurs. Heute sind sie verboten.
Zu Bioplastik zählen:
+biologisch abbaubare Kunststoffe
+biobasierte Kunststoffe, hergestellt (meist nur anteilig) aus Biomasse, also nachwachsenden Rohstoffen, die nicht biologisch abbaubar sind
+Kunststoffe, die beide Eigenschaften haben
Die halbe Wahrheit: Biobasierte Kottüten
Die Bezeichnung “biobasiert” steht für Materialien, die aus Biomasse, also aus nachwachsenden Rohstoffen entstehen. Dazu zählen etwa Mais, Kartoffeln, Zuckerrohr oder Zellulose. Das Wort löst positive Assoziationen hervor, deswegen greifen viele Hundehalter gerne zu Kottüten, die als „biobasiert“ gekennzeichnet sind. Doch hinter dem vollmundigen Versprechen steckt viel Greenwashing, denn solche Hundekotbeutel bestehen oft nur zum Teil aus Biomasse und zum Teil aus fossilen Rohstoffen wie Kohle, Öl oder Gas. Es gibt weder eine klare Definition noch Vorschriften.
Hundekotbeutel: biologisch abbaubar oder kompostierbar?
Eins der größten Missverständnisse in Sachen nachhaltige Hundekotbeutel betrifft aber das Thema Verrottung und die Bezeichnungen „abbaubar“ und „biologisch kompostierbar“. Sie sind nämlich keine Synonyme. Laut dem Deutschen Institut für Normierung (DIN) ist ein Stoff biologisch abbaubar, wenn ihn Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze grundsätzlich zersetzen können. Und zwar in ihrem naturgegebenen Tempo, ohne unser Zutun. Kompostierbare Kunststoffe hingegen haben die Zeit nicht: Laut Euro-Norm müssen sie sich innerhalb von zwölf Wochen zu mindestens 90 % zersetzt haben. Das ist nur in den optimalen Bedingungen einer industriellen Anlage möglich. In dieser Zeit lassen sich beispielsweise PHA-Beutel gut zersetzen. Für PLA ist der Zeitrahmen dagegen oft zu kurz.
Bioabbaubar ist ein Produkt, das sich dank Mikroorganismen ohne definierte Bedingungen oder vorgegebenen Zeitraum nach und nach in CO2, Wasser und Biomasse zersetzt.
Kompostierbar ist ein Produkt, das sich unter konstanten Bedingungen innerhalb eines kurzen Zeitraums vollständig in CO2, Wasser und Biomasse umwandeln muss (aerob). Ohne Luftzufuhr (also anaerob) entsteht zusätzlich noch Methan.
Hundekotbeutel mit Compost-Siegel
Auf dem Markt gibt es eine Reihe Kennzeichnungen, die eine Auskunft über die Zersetzbarkeit der Gassitüten geben. Sind Hundekotbeutel in einer industriellen Kompostieranlage biologisch abbaubar, erfüllen sie die Anforderungen der Norm EN13432. Zu den Siegeln gehören:
- Keimling
- OK compost INDUSTRIAL
- DIN-Geprüft industriell kompostierbar
Wenn Sie eine Kottüte suchen, die sich im eigenen Garten kompostieren lässt, müssen Sie Ausschau nach dem OK compost HOME Siegel oder BPI Zeichen halten. Aufgrund der geringeren und nicht konstanten Temperatur ist die Heimkompostierung schwieriger und dauert länger. Diese Siegel garantieren, dass sich ein Kotbeutel innerhalb von einem halben Jahr zu mindestens 90 % zersetzt. Eine 100%-ige und rückstandslose Zersetzbarkeit garantiert kein Siegel.
Unterschiede zwischen industriell und heimkompostierbarem Hundekotbeutel
Industriell kompostierbar | Heimkompostierbar | |
Temperatur | 58°C | 20 – 30°C |
Zerfallszeit | 12 Wochen | 6 Monate |
Biologische Abbauzeit | 6 Monate | 12 Monate |
Abbaulevel | Mindestens 90 % | Mindestens 90 % |
Hundekotbeutel fürs gute Gewissen
Auf die Klimabilanz der Hundekotbeutel haben mehrere Faktoren Einfluss: die verwendeten Rohstoffe, der Produktionsort, der Energieaufwand bei der Herstellung und Entsorgung, aber auch die Verpackung und Druck. Wer die Nase voll von Plastik hat, soll nach Produkten Ausschau halten, die:
- nach Möglichkeit in Europa entstehen
- auf Recycling basieren
- aus rein natürlichen Stoffen bestehen
- kein Erdöl enthalten
- auch beim Bedrucken umweltfreundlich bleiben
Leider werden die meisten Hundekotbeutel, auch die biologisch abbaubaren, überwiegend in China produziert. Der kompromisslose Umweltschützer kann stattdessen auf Pappe-Kottüten ausweichen, die in Deutschland oder Europa hergestellt werden. Dazu gehören die Produkte von Poopick* oder Eco Poop Scoops*. Auf dem Markt gibt es sonst einige transparente Marken, wie Organic Dog Life, The Sustainable People* oder Pooplino*, die sich hinter die Kulissen schauen lassen. Wer dort nachfragt, erhält auch eine ausführliche Antwort.
Marke | Poopick | EcoPoop- Scoop | The Sustainable People | Pooplino |
Besonder-heiten | Die Alt-Papier-Lösung aus Deutschland | Der Pappe-Beutel aus Norwegen, Deutschland und Niederlande | Hundekot- beutel OK compost HOME zertifiziert | Gassitüten aus Recycling-Plastik |
Preis | 7,95 € für 25 Stück | 22,00 € für 110 Stück | 17,99 € für 252 Stück | 18,00 € für 360 Stück |
Zum Shop |
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Poopick: Der nachhaltige Hundekotbeutel
Einer der Vorreiter in Sachen plastikfreie Hundekotbeutel ist die junge Marke Poopick. Das Braunschweiger Unternehmen hat zwei Produkte entwickelt, die in Sachen Nachhaltigkeit die Nase vorn haben: die Tüte aus Karton und einen plastikfreien, biologisch abbaubaren Beutel. Der Pappegreifer wird in Deutschland hergestellt und enthält nur Alt-Papier und Reste der Möbelindustrie, die ihm Festigkeit verleihen. Die Verwendung von Recyclingpapier in der Produktion spart bis zu 60% Energie und bis zu 70% Wasser. Die grünen Kottüten dagegen sehen wie herkömmliche Hundekotbeutel aus und fühlen sich auch ähnlich wie Plastik an. Sie bestehen aber nur aus natürlichen Stoffen, hauptsächlich aus der Stärke der Maniokwurzel und Rizinusöl. Nach Aussage des Gründers Christian Salzmann ist das der erste 100% erdölfreie und wirklich klimaneutrale Hundekotbeutel auf dem Markt.
Hundekot entsorgen
Tierhalter, die sich so viele Gedanken um die Bestandteile und Herstellung der Hundekotbeutel machen, müssten eigentlich an dieser Stelle aufhören zu lesen. Denn unabhängig davon, ob Hundekotbeutel biologisch abbaubar sind oder nicht, landen sie am Ende im Restmüll und werden verbrannt. Die deutschen Kompostieranlagen sind nämlich nicht dafür ausgelegt, die kompostierbaren Tüten zu erkennen und zu verarbeiten. Also werden alle – ob normales oder Bio-Plastik – aufwändig aussortiert. Volle Plastik-Kotbeutel dürfen auch nicht im gelben Sack landen, ebenso wenig wie verschmutzte Pappekotgreifer im Altpapiercontainer.
Noch schlimmer sind jedoch die gebrauchten Kottüten, die in der Natur liegen bleiben. Die meisten hinterlassen Mikroplastik und geben Schadstoffe aus den Additiven frei. Wer jedoch über einen Garten verfügt und zu plastikfreien Hundekotbeuteln greift, die biologisch abbaubar sind, könnte volle Kottüten auch im Heimkompost entsorgen. Aber das Maximum an Nachhaltigkeit erreicht nur der Tierhalter, der Hundekot mit einer Schaufel zu Leibe rückt und ihn einfach verbuddelt.
Die Bio-Plastik-Szene ist mittlerweile zu einem unübersichtlichen Dschungel geworden, in dem sich gefühlt nur Chemiker trittsicher bewegen können. Doch selbst wer sich gut informiert, wird am Ende feststellen müssen: Unabhängig davon, wie gut ein „Sackerl fürs Gackerl“ auf der Nachhaltigkeitsskala abschneidet, landet es am Ende im Restmüll. Das gute Gewissen bleibt trotzdem. Denn zuverlässig biologisch abbaubare Hundekotbeutel zapfen die endliche Ressource Erdöl nicht an, schonen die Umwelt durch nachhaltige Produktion und die aus Pappe unterstützen auch die heimische Wirtschaft. Mehr über nachhaltiges Leben mit Hund und nachhaltige Hundekotbeutel erfahren Sie in unserem Heft dogs 06/22.
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