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Gefahr für Deutschlands Katzen? Rätselhafte Seuche sorgt für Katzensterben

In Hessen sorgt eine bislang unerklärliche Katzenkrankheit für erhebliche Beunruhigung bei Tierfreunden und Behörden. Im Tierheim Butzbach hat sich innerhalb kurzer Zeit eine Epidemie entwickelt, die mehrere Katzen das Leben kostete. Experten ordnen die Lage ein.

Erkrankte Katze mit Verband an der Pfote
Im Fokus steht eine spezielle Form der Felinen infektiösen Peritonitis (FIP), verursacht durch Coronaviren (Symbolbild)© stock.adobe.com/Vera Aksionava

Bereits Anfang des Jahres trat im Tierheim Butzbach eine rätselhafte Krankheitswelle unter den Katzen auf. Innerhalb weniger Wochen infizierten sich 21 Tiere, von denen elf starben – beinahe die Hälfte des damaligen Katzenbestandes. Nach aktuellem Erkenntnisstand könnte ein mutiertes Coronavirus der Auslöser sein. Die Sorge wächst, dass sich diese Erkrankung weiterverbreiten und auch andere Katzenbestände erfassen könnte.

„Etwas seltsames geht hier vor sich“

Im Fokus steht eine spezielle Form der Felinen infektiösen Peritonitis (FIP), verursacht durch Coronaviren, die sich im Organismus der Katze verändern können. Medienberichten zufolge trat der erste bekannte Fall im Oktober auf, doch ab Mitte November beschleunigte sich das Infektionsgeschehen. Tierheimleiterin Claudia Maid erinnert sich: „Es war eigentlich von Anfang an klar, dass hier irgendwas Seltsames vor sich geht. Kein Arzt, niemand konnte uns helfen.“ (petbook.de)

Mit ansehen zu müssen, wie eine Katze nach der anderen erkrankte und qualvoll verstarb, war für die Mitarbeitenden besonders belastend. Obwohl FIP normalerweise als nicht ansteckend gilt, wurden drastische Maßnahmen ergriffen: Seit Ende November ist das Katzenhaus geschlossen, alle Tiere befinden sich in Quarantäne und die Mitarbeitenden tragen Schutzkleidung. Doch auch andere Regionen melden ähnliche Vorfälle.

Hat sich der Übertragungsweg verändert?

Auch im Tierheim Cappel wurde die Krankheit festgestellt, wie Leiterin Maresi Wagner gegenüber der „FAZ“ erläuterte. Auch dort wurde Quarantäne verhängt – wenn auch in weniger strenger Form. Wagner sagte: „Wir hatten die Krankheit auch schon früher, auch vor gut 20 Jahren, hier im Haus, aber verschärft haben wir mit ihr seit 2022 zu tun. Auch außerhalb des Tierheims gibt es seitdem ungewöhnlich viele Fälle.“

Besonders beunruhigend ist eine neue Beobachtung: „Wir beobachten und vermuten, dass die Krankheit nicht mehr nur über die Ausscheidung von Viren im Kot übertragen wird. Das war früher anders.“ Es erkrankten auch Tiere, die keinen direkten Kontakt zueinander hatten. „In solchen Fällen ist Tröpfcheninfektion durch Aerosole in der Luft zu befürchten. Da können wir aber keinen wissenschaftlichen Nachweis führen.“

Das Tierheim steht im Austausch mit einem Virologen der Universität Gießen und unterstützt die Forschung mit Blutproben der infizierten Katzen. Wagner betont jedoch: „Es ist kein von Tierheimen verursachtes Problem. Bei uns ballt es sich aber, weil es draußen viele Streunerkatzen gibt und wir viele Tiere aufnehmen müssen.“ Eine vollständige Isolation der Tiere sei räumlich nicht möglich – Kontakte zwischen potenziell infizierten und gesunden Katzen ließen sich kaum vermeiden.

Rätsel geben zudem Fälle wie der einer Hauskatze auf, die keinerlei Kontakt zu anderen Tieren hatte und dennoch FIP entwickelte. Wagner dazu: „Sie kam zu uns, war hier unter Quarantäne und hat in ihrem neuen Zuhause plötzlich FIP entwickelt. (…) Vielleicht hatte die Katze als Jungtier schon FIP über ihre Mutter bekommen.“

„Vorsichtsmaßnahmen sind jetzt essenziell“

Tierärztin Dr. Herder empfiehlt in solchen Situationen striktes Vorgehen: „Wenn es zu einem Ausbruch einer neuen Viruserkrankung in einem Katzenbestand kommt, sind Vorsichtsmaßnahmen essenziell.“ Solange die genaue Art des Virus und die Übertragungswege unklar seien, müsse maximale Hygiene eingehalten werden, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden. (petbook.de)

Im Tierheim Butzbach bietet sich ein erschütterndes Bild: Viele Katzen wirken apathisch, ziehen sich zurück, atmen schwer und verweigern die Nahrungsaufnahme. Für Tierärztin Susanne Konschewski aus Butzbach ist das ein noch nie beobachtetes Ausmaß. „Ungewöhnlich daran ist, dass diese Erkrankung plötzlich direkt von Katze zu Katze übertragen wird.“ (hessenschau.de)

Erkrankung wird direkt von Katze zu Katze übertragen

Zwar sind solche Übertragungen in Deutschland bisher nicht offiziell dokumentiert, doch das Auftreten in Butzbach spricht dafür. Die betroffenen Katzen wurden auf eine Variante getestet, die zuvor auf Zypern nachgewiesen wurde – der Test fiel jedoch negativ aus. Inzwischen konnte der Erreger in Laborkulturen angezüchtet, jedoch noch nicht eindeutig identifiziert werden.

Zur Eindämmung werden derzeit alle nicht betroffenen Tiere gegen Caliciviren geimpft, da diese ebenfalls bei den erkrankten Katzen festgestellt wurden. Die Symptome ähneln jenen, die derzeit im Tierheim auftreten.

Zur Möglichkeit einer Corona-Impfung äußert sich Dr. Herder bei petbook.de: „Das Besondere an Felinen Coronaviren ist, dass eine herkömmliche Impfung, die etwa in den Muskel verabreicht wird, bei diesen Virusinfektionen nicht funktioniert.“ Es existiert zwar eine nasale Impfung zur Stärkung der Schleimhautimmunität, doch deren Wirkung sei begrenzt und nur dann hilfreich, wenn die Katze noch nie mit dem Virus in Kontakt war.

Ein Hoffnungsschimmer sind Antibiotika und das antivirale Mittel GS-441524, das in Deutschland bislang nicht zugelassen ist. Einige Katzen zeigten leichte Verbesserungen. Die Behandlung ist jedoch langwierig – rund drei Monate – und teuer. Claudia Maid berichtet: „Allein die Medikamente sind wahnsinnig teuer. Die ständigen Tierarztbesuche mit Blutbildern kommen natürlich noch on top. Es sind immense Kosten für den Tierschutzverein.“

„Wir gehen davon aus, dass das ein deutschlandweites Ding wird“

Während man auf genauere Laboranalysen wartet, sind die Aussichten trübe. „Wir erhoffen uns Aufklärung über die Übertragungswege und Inkubationszeiten, damit wir wissen, womit wir es zu tun haben. Wir gehen aber leider schon davon aus, dass das ein deutschlandweites Ding wird.“

Auch Dr. Herder kommt zu einem ähnlichen Schluss: „Sollte es sich bei den beschriebenen Fällen um eine leicht veränderte Variante des Felinen infektiösen Peritonitis Virus, welches auch in Zypern aufgetreten ist, handeln, kann eine Verbreitung des Virus nicht ausgeschlossen werden.“ Bis zur endgültigen Klärung rät sie, jeglichen Kontakt zu infektionsverdächtigen Tieren zu vermeiden. (petbook.de)

Auch im Tierheim Cappel geht man nicht davon aus, dass die Gefahr bald gebannt ist. „Wir sind (…) an dem Punkt, an dem wir sagen: FIP gehört zum Alltag dazu, und wir können neue Fälle in Zukunft nicht ausschließen.“ Deshalb setze man auf aktive Aufklärung bei der Tiervermittlung und im Netz – mit positiven Rückmeldungen.

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Quellen:

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