Katzen in den sozialen Medien: Wo der Spaß aufhört und das Tierleid anfängt

Wenn Sie heute beim Surfen im Netz schon auf ein lustiges Katzenvideo geklickt haben, sind Sie nicht allein: Der Samtpfoten-Hype im Internet ist ungebrochen, kaum eine Woche vergeht ohne einen neuen Trend. Doch woher rührt die Faszination – und ab wann hört der Spaß auf?

Katzen in den sozialen Medien: Wo der Spaß aufhört und das Tierleid anfängt
© shutterstock.com/garetsworkshop

Was ist eigentlich Cat Content? Das Wort Cat Content setzt sich aus den englischen Wörtern „cat“ für "Katze" und „content“ für "Inhalt" zusammen und bezeichnet genau das: Inhalte, die sich um Katzen drehen – sei es in Bild- oder Video-Form – und digital geteilt und verbreitet werden.

Dabei erfüllt Cat Content viele Funktionen: So kann man etwa mit einem passenden Katzenbild die eigene Stimmung ausdrücken, anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern, den Alltag auf humoristische oder sarkastische Art kommentieren oder Gesellschaftskritik üben.

Cat Content ist so facettenreich, wie es Katzen eben sind. Dass die Inhalte nicht immer unproblematisch sind, wird beim Anblick einer süß tanzenden Katze gerne einmal vergessen – zu groß ist der Glückshormon-Kick, wenn bereits der nächste Clip im digitalen Feed aufploppt. Auf den folgenden Seiten beleuchten wir die Thematik genauer.

Cat Content in Zahlen

  • Katzenvideos und -bilder machen rund 15 % des weltweiten Internet-Traffics aus.
  • Von 4,66 Milliarden Menschen, die regelmäßig im Internet unterwegs sind, konsumieren etwa 699 Millionen jeden Monat katzenrelevante Themen, Bilder und Videos.
  • Mehr als 6,9 Millionen Katzenbilder schwirren schätzungsweise durchs Netz – 2010 waren es noch 1,3 Millionen.
  • Das erste Katzenvideo auf YouTube wurde 2005 von YouTube-Mitbegründer Steve Chen hochgeladen. Er veröffentlichte ein Video seiner Katze mit dem Titel „Pajamas and Nick Drake“.
  • Bereits 2015 gab es etwa 2 Millionen Katzenvideos auf YouTube, die insgesamt 24,6 Milliarden Mal angesehen wurden. Inzwischen ist die Zahl der Videos und Aufrufe exponentiell gestiegen – eine genaue aktuelle Zahl ist schwer zu bestimmen.
  • Virale Katzenclips erreichen auf TikTok nicht selten über 100.000 Likes oder mehr, abhängig von Trends und der Community-Interaktion.

Die 5 berühmtesten Katzen im Internet

  • Grumpy Cat (auch: Tardar Sauce) – berühmt für ihren permanent mürrischen Gesichtsausdruck, der zum viralen Meme wurde. Grumpy Cat litt an genetisch bedingtem felinem Kleinwuchs und verstarb 2019 an den Folgen einer Harnwegs-Infektion.
  • Maru – Ein japanischer, molliger Kater und bekannt für seine große Liebe zu Kartons.
  • Venus – Beiname: „The two-faced Cat“ oder „die Katze mit den zwei Gesichtern“. Bekannt wurde Venus durch ihr markantes, zweifarbiges Gesicht.
  • Nala – Hält den Guinness-Weltrekord für die meisten Follower eines Katzen-Accounts auf Instagram. Über 4,5 Millionen Menschen folgen ihr online.
  • Lil Bub – Mit ihrem einzigartigen Aussehen wurde Lil Bub zur Ikone. Sie litt an zahlreichen genetisch bedingten Krankheiten wie felinem Kleinwuchs und verstarb 2019.

Interview mit Elena Korowin

Elena Korowin ist Autorin des Buches "Cat Content"*. Mit Geliebte Katze spricht sie über den "digitalen Katzenkult".

Geliebte Katze: In Ihrem Buch schreiben Sie von einem „digitalen Katzenkult“ – warum sind es gerade die Katzen, die im Internet so viral gehen?

Elena Korowin: Dafür gibt es mehrere Gründe, die ich in meinem Buch genauer beleuchte. Seit den 1990er-Jahren surfen wir im Internet meistens von zu Hause aus, also von dort aus, wo auch die Katzen waren. Viele Menschen, die in dieser frühen Zeit zu bloggen anfingen, schrieben über ihre Haustiere, über das, was sie umgab, was sie beschäftigte. Katzen sind unterhaltsam und können sehr gut für Geschichten und Bilder dienen. Zudem sind Katzen als Avatare beliebt und das nicht erst seit es Memes und Katzen-GIFs gibt. Ich stelle mir vor, wie früher verzierte Maneki-neko als Wali Katzenbilder, um die eigene Stimmung auszudrücken. Mit ihrer facettenreichen Mimik und ihrer Cuteness sind Katzen die perfekte Sprache des Internets. Katzen sind nonchalant und witzig, sie wirken eigenständig und eignen sich gut für schnelle Inhalte, die einfach zu verstehen sind.

Geliebte Katze:Was fasziniert Sie am Phänomen „Cat Content“ am meisten?

Elena Korowin: Die Omnipräsenz und Vielfalt der Katzenbilder, die durch das Internet schwirren und dadurch auch immer wieder in unserem Alltag ankommen – sei es auf Bechern, Plakaten und T-Shirts zurück ins Analoge befördert werden. Ich bin immer wieder überrascht, wie hartnäckig sich „Cat Content“ im Netz verankert hat, was ja eigentlich davon lebt, immer weiter und schneller neue Inhalte zu generieren. Natürlich ist es auch spannend zu beobachten, wie aus Katzenbildern eine ganze Industrie werden kann, die vielen Menschen großen Reichtum gebracht hat.

Geliebte Katze:… und wo sehen Sie die Schattenseiten des „Katzenkults“?
Es wird vergessen, dass es hierbei um lebendige Wesen mit ganz eigenen Projektionseffekten handelt, die kein Material für Internet-Content sein sollten. Vor allem merkt man es, wenn aus Katzen denken und fühlen, eigentlich aber hinter einem süßen Verhalten wieder neue Challenges und Katastrophen stecken. Auch steckt leider noch zu viel Missbrauch und Tierquälerei, die in diesem Buch beleuchtet wird. Eine Sensibilität dafür zu schaffen, ist äußerst wichtig.

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Mit dem Ruhm kommt das Leid

Aufmerksamkeit ist ein menschliches Bedürfnis, und was eignet sich besser, um Aufmerksamkeit zu generieren, als ein Katzenvideo? Hinter vielen vermeintlich lustigen oder herzerweichenden Clips steckt jedoch oft erschreckendes Kalkül: Klicks, Likes und Kommentare auf einen Inhalt bringen Reichweite und letztlich Geld, und davon können viele unseriöse Content Creator nicht genug bekommen.

Die Leidtragenden sind die Katzen, die zur Selbstdarstellung und zum Vorteil des Menschen ausgebeutet werden. Im Folgenden klärt Wiebke Plasse, Social-Media-Expertin der Welttierschutzgesellschaft, über die sog. „Fake-Rettungen“ auf, mit denen Katzenfans hinters Licht geführt werden. Auch werfen wir einen Blick auf problematische TikTok-Challenges.

Diese TikTok-Challenges sind fragwürdig bis gefährlich

  • Wall-Challenge: Die Katze wird vor eine Wand (engl. wall) gehalten, auf die man sich langsam zubewegt. Stützt sich die Katze mit den Pfoten an der Wand ab, gilt sie als „schlau“. Stößt sie hingegen mit dem Kopf gegen die Wand, soll sie „dumm“ sein.
  • Eier-Challenge: Ein Ei wird neben der Katze platziert, um zu sehen, ob sie es „beschützt“. An sich eine harmlose Challenge, man sollte jedoch darauf achten, dass die Katze kein rohes Eiweiß frisst, sollte das Ei doch zu Bruch gehen.
  • Level-Up-Challenge: Die Katze soll über immer höher werdende Hindernisse springen. Dazu werden z. B. Toilettenrollen übereinandergestapelt. Je nach gestaltetem Objekt besteht Verletzungsgefahr, wenn die Katze beim Sprung „versagt“.
  • Gasp-Challenge: In unmittelbarer Nähe der Katze wird laut nach Luft geschnappt, um ihre Reaktion zu filmen. Viele Katzen erschrecken sich vor dem Geräusch.
  • Laserpointer-Challenge: Die Katze wird dabei gefilmt, wie sie dem Laserpointer hinterherjagt – über Möbel, an der Wand empor, über Kanten. Hier droht Verletzungsgefahr und Frust, weil der Laserpunkt unfassbar bleibt.
  • Gurken-Challenge: Eine Gurke wird unbemerkt hinter der Katze platziert. Sobald diese das Gemüse bemerkt, erschreckt sie sich in den meisten Fällen heftig. Was lustig aussieht, bedeutet für die Katze in dem Moment enormen Stress.
  • Filter-Challenge: Mensch und Katze schauen beide aufs Smartphone, während ein Face-Swap- oder Verzerrungs-Filter auf ihren Gesichtern liegt. Viele Katzen erschrecken sich, was auch ein Verletzungsrisiko für den Menschen darstellt, der sie in dem Moment auf dem Arm hält.
  • Tanz-Challenge: Katzen „tanzen“ zu bekannten Popsongs – natürlich nicht freiwillig, denn meist werden sie durch ihren Menschen in Position gehalten und unter Zwang bewegt.
  • Klebe-Challenge: Katzen werden Post-its auf die Stirn geklebt oder sie müssen über klebrige Flächen laufen – vor allem Letzteres ist für sie extrem unangenehm.
Diese TikTok-Challenges sind fragwürdig bis gefährlich: Laserpointer-Callenge
© shutterstock.com/Lemalisa

Achtung, Katzenleid für Klicks!

Ein Like für das Bild einer gefundenen Katze hier, ein Herz für ein Rettungsvideo dort: Tier-Inhalte in Social Media begeistern. Doch es gibt viele problematische Videos. Als Welttierschutzgesellschaft engagieren wir uns mit der Kampagne #StopptTierleid in sozialen Netzwerken seit 2020 gegen das wachsende Problem der Tierleid-Inhalte, erzählt Wiebke Plasse, Leiterin Kommunikation der Welttierschutzgesellschaft. 

Inszenierte Tierrettungen, sogenannte Fake Rescues, sind ein verstörender Trend. Tiere, häufig Katzen, werden in Gefahr gebracht, um dann für dramatische Videos „gerettet“ zu werden. Als Katzenliebende werden Sie viele dieser Inhalte sehen – und wir bitten um Ihre Mitarbeit. Prüfen Sie Inhalte bitte kritisch anhand dieser Warnsignale:

  • Die dargestellten Szenen erscheinen unrealistisch.
  • Dasselbe Tier ist in mehreren Rettungsvideos des Profils zu sehen.
  • Die rettende Person ist immer dieselbe.
  • In den Videos steht nicht die Rettung des Tieres im Vordergrund, sondern das leidende Tier.
  • Der Kanal steht mit keiner seriösen Tierschutzorganisation in Verbindung.
  • Die gezeigten tiermedizinischen Behandlungen wirken unprofessionell.
  • Der Kanal bietet keine Informationen, wie es dem geretteten Tier später geht.
Vermuten Sie eine Fake-Rettung bzw. Fake-Rescue, melden Sie das Video bitte an die Moderatoren des Netzwerks und interagieren Sie sonst nicht: Keine Likes, keine Kommentare, kein Teilen.

Mehr Infos finden Sie online unter: www.welttierschutz.org/fake-rescue-report

Wiebke Plasse ist studierte Journalistin und arbeitet als Leiterin Kommunikation der Welttierschutzgesellschaft. Die große Tierfreundin setzt sich mit ihrem Verein vehement auch politisch und im Austausch mit den Netzwerken für ein Ende des grausamen Tierleids für Klicks auf Social Media ein – und wird nicht müde, an ein tierleidfreies Social Media zu glauben.

Unterhaltsamer Cat Content mit Mehrwert? So kann es klappen!

Eines steht fest: Cat Content ist beliebt und bietet die Möglichkeit, sich mit gleichgesinnten Katzenfans zu vernetzen. Sie möchten ebenfalls den Alltag mit Ihrer Katze in den sozialen Medien teilen? André Karkalis, Geschäftsführer der Petfluencer-Agentur TONY und Jury-Mitglied bei den German Petfluencer Awards, gibt wertvolle Tipps für den Start:

"Videos erzielen auf Social Media die höchsten Reichweiten und erzeugen die stärksten Emotionen. Gleichzeitig sind es gerade Video-Produktionen, bei denen für Katzen Stress entstehen kann. Aber es gibt eine Lösung! Statt eine Katze zu stören, filmt man sie im Alltag – bei Dingen, die sie sowieso macht.

Denn kreative Videos entstehen nicht dadurch, dass man möglichst außergewöhnliche Aufnahmen von seinen Katzen macht, sondern durch kreatives Storytelling im Schnitt. Verleihen Sie Ihrer Katze beispielsweise eine Stimme. Dank künstlicher Intelligenz gibt es zahlreiche kostenlose Stimm-Generatoren im Internet. Spannend sind auch Dialoge zwischen Mensch und Katze. Zeigen Sie sich! Sie werden merken, wie viele unterhaltsame Situationen entstehen, wenn Sie Ihrer Katze antworten – und umgekehrt.“

Der Clou: Den Followern fällt es gar nicht auf, wenn Sie einzelne Video-Sequenzen öfter verwenden, beispielsweise ein süßes Drehen des Kopfes oder ein Schnurren. So benötigen sie wenig Videomaterial und können trotzdem unterhaltsame Geschichten erzählen.

Respektieren Sie immer, wenn Ihre Katze gerade keine Lust hat, mit Ihnen zu interagieren. Sie zu bedrängen oder gar zu etwas zu zwingen, ist der sichere Weg, um ihr Vertrauen in Sie nachhaltig zu schädigen.

Informativer und charmanter Cat-Content - Folgen lohnt sich!

Diese Instagram-Accounts waren 2024 für die German Petfluencer Awards nominiert. Sie begeistern ihre Follower mit informativem und charmantem Cat Content:

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