Ein Wirbelwind kommt selten allein

Zwei Hunde oder mehr liegen im Trend. Heißt das auch doppelte oder gar dreifache Arbeit, oder nehmen die Vierbeiner dem Menschen sogar Erziehungsarbeit ab?

 

Trainingstipps für Hunde-Duos
Alter und Größe sollten passen!© Thomas Brodmann / animals-digital.de

So schön hatte man sich alles vorgestellt. Endlich hat der Vierbeiner einen Spielkameraden, mit dem er den ganzen Tag nach Lust und Laune herumtollen kann. Es gibt auch kein schlechtes Gewissen mehr, weil er ab und an allein zu Hause bleiben muss. Langeweile gibt es nicht mehr, er hat ja einen Gefährten.

Doch welch unangenehme Überraschung: Nun stellen zwei Wirbelwinde die Wohnung auf den Kopf, und beim Spazierengehen hat man die doppelte Zugkraft an der Leine. Außerdem – wie führt man eigentlich zwei Hunde aus? Den einen links, den anderen rechts, oder besser beide auf einer Seite? Aber auf welcher?

Das ist eine der häufigsten Fragen, mit denen Angelika Stahl regelmäßig in ihren Kursen für "Two & more" ("Zwei und mehr") konfrontiert wird. "Am besten ist es, mehrere Varianten auszuprobieren", antwortet sie dann. Denn manchmal ist es ratsam, beide Hunde auf einer Seite zu führen, manchmal kann es den Hunden aber auch zu eng werden, nebeneinander zu laufen. Dann kann es besser sein, den einen links und den anderen rechts von sich zu führen.

"Nach meiner Erfahrung haben Mehrhundehalter die gleichen Schwierigkeiten, die der Einzelhundehalter auch hat, nur dass es sich unter Umständen potenziert. Denn tendenziell schauen sich Hunde leider eher die Dinge vom anderen ab, die zum normalen Hundeverhalten gehören und uns als Mensch nicht ganz so gut gefallen", erklärt die Hunde-Expertin.

Der richtige Zeitpunkt für den Zweiten

Die häufigsten Probleme sind ihrer Erfahrung nach mangelnder Gehorsam im Freilauf, Leinenaggressivität, Jagdverhalten, die Neugier, überall hin zu laufen, wo etwas Interessantes sein könnte. Auch das Verbellen von Passanten oder anderen Hunden am Gartenzaun macht gemeinsam mindestens doppelt so viel Spaß wie alleine.

Bevor Sie sich an Übungen wie Gehen, Sitz, Platz, Bleib im Doppelpack wagen, sollten beide Hunde im Grundgehorsam fit sein. Hundeanfängern empfiehlt sie ohnehin, mit dem Zweithund zu warten, bis der erste gut erzogen ist. "Ist dieser gut ausgebildet, kann er eine Vorbildfunktion haben. Wird er gerufen, kommt der zweite meist mit. Bleibt er in einer schwierigen Situation ruhig, ist es der andere meist auch. Es macht die Sache also bedeutend einfacher, wenn der Ersthund mit erzieht", sagt sie.  

Spielen Sie mit dem Gedanken, sich einen Zweiten anzuschaffen, warten Sie aber auch nicht zu lang. Der Ersthund sollte noch jung und fit genug sein, um auch Spaß daran zu haben. Ist er älter und wird langsam gebrechlich, sollten Sie sich gründlich überlegen, ob Sie ihm noch einen Kollegen oder gar einen Welpen zumuten wollen. Je länger ein Hund allein gelebt hat, desto schwieriger kann es für ihn werden, einen Partner zu akzeptieren. Auch wenn es für Sie vielleicht tröstlich ist, schon einen Nachfolger im Haus zu haben, sollten Sie aus Rücksicht auf den Senior besser darauf verzichten.

Alter und Größe sollten passen

"Zwei Welpen gleichzeitig sollten sich nur fortgeschrittene Halter anschaffen", rät Angelika Stahl. "Die Hunde haben dann zwar immer einen Spielpartner, machen aber auch ungleich mehr ‚Unsinn‘. Zu einem Junghund einen Welpen dazuzunehmen oder umgekehrt halte ich auch für keine gute Idee, weil sie spiel- und entwicklungstechnisch meist nicht gut zusammen passen." Schauen Sie sich am besten in der gleichen oder einer ähnlichen Rasse nach einem Partner um. Dann haben die Hunde ein ähnliches Verhaltensrepertoire und Spielverhalten.

Auch das Größenverhältnis sollte stimmen. "Zwar können Labrador und Jack Russell Terrier ein gutes Team abgeben, häufig ist das Spielen mit deutlich größeren Artgenossen für Hunde aber belastend, sie fühlen sich oft bedrängt, und auch gesundheitlich kann es Probleme geben. Man sollte also nicht unbedingt Dogge und Chihuahua vergesellschaften und auch bei Hundebegegnungen sehr unterschiedlich großer Hunde entsprechende Vorsicht walten lassen. Hier gilt auf keinen Fall – das machen die schon unter sich aus", erklärt die Trainerin. Sie hält es für ratsam, auch getrennt mit den Hunden spazieren zu gehen und zu trainieren. So kann man sich ganz auf den einen Hund konzentrieren, und die Vierbeiner lernen, auch ohne den anderen zu sein. "Es ist für beide eine wertvolle Erfahrung, dass sie ganz gut mit ihrem Menschen allein sein bzw.  allein zu Hause sein können. Irgendwann wird einer nicht mehr da sein, und das kann für den Zweiten zum großen Problem werden", sagt sie.

Manchmal kann es für ein Doppelpack einen großen Unterschied machen, welcher zuerst ein Kommando erfüllen soll. Haben die Hunde eine Rangordnung unter sich ausgemacht, kann es schwierig werden, wenn Sie das ändern wollen. Beobachten Sie Ihre Hunde daher genau, welche Gepflogenheiten sie im Miteinander haben.

Achten Sie auf die Reihenfolge

So kann der eine nicht ins Auto einsteigen wollen, weil der "Chef" schon drinnen ist. Kehren Sie die Einsteigfolge um, ist das Problem behoben. Auch die Futterreihenfolge kann wichtig sein. Dabei kann es zu "intelligenter Gehorsamsverweigerung" kommen. Sie rufen z.B. erst den "Boss" zu sich. Er kommt, sitzt vor, und während er auf sein Leckerli wartet, rufen Sie den anderen. Obwohl Sie sich an die Reihenfolge gehalten haben, die Ihre Hunde vereinbart haben, wagt es der zweite nicht, dem Befehl Folge zu leisten. Er weiß nämlich, ist Essen im Spiel, versteht sein "Chef" keinen Spaß. Bestehen Sie darauf, dass er sich danebensetzt, können Sie eine Auseinandersetzung provozieren.

"Als Mehrhundehalter haben Sie also noch mehr zu beachten als ein Einzelhundehalter", sagt Angelika Stahl. "Trotzdem ist es eine wunderschöne Aufgabe. Wenn Sie es richtig machen und die richtigen Hunde vergesellschaften, werden Ihre Vierbeiner es Ihnen doppelt danken. Denn der Mensch kann einem Hund zwar viel geben, aber nie den Artgenossen ersetzen."

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