Zucht von Kameliden
In der spanischen Landessprache der Ursprungsländer nennt man Hengste von Lama und Alpaka "Machos" – und so benehmen sie sich auch gerne. Wer Kleinkamele züchten will, sollte dies bedenken.
Der Hengst
Lama- und Alpakahengste erreichen die Geschlechtsreife mit etwa drei Jahren. Sie benehmen sich dann dominant und dulden keinen anderen Hengst in ihrer Nähe. Es kommt zu ernsthaften Beschädigungskämpfen, wobei vor allem die messerscharfen unteren Schneidezähne zum Einsatz kommen. Handaufgezogene, fehlgeprägte Kamelhengste richten sich dann auch aggressiv gegen Menschen, in denen sie ihre Artgenossen sehen. Um die Stute balzt der Hengst mit allerlei Lautäußerungen. Der Deckakt selbst erfolgt im Liegen und kann zwischen wenigen Minuten bis zu einer Stunde dauern.
Wer nur gelegentlich züchten will, sollte von der Anschaffung eines eigenen Hengstes absehen und seine Stuten zum Decken in einen entsprechenden Zuchtbetrieb bringen.
Die Stute
Stuten sind bereits mit ein bis zwei Jahren geschlechtsreif. Eine zu frühe Belegung sollte jedoch vermieden werden, indem Jungstuten von deckfähigen Hengsten getrennt gehalten werden. Als Grundsatz gilt, dass die Stute mindestens zwei Drittel ihres Endgewichtes erreicht haben sollte, bevor sie belegt wird.
Der Zyklus erfolgt beim Kamel nicht regelmäßig, sondern wird erst durch den Deckakt ausgelöst. Nach einer Tragzeit von 331 bis 359 Tagen beim Lama und 320 bis 340 Tagen beim Alpaka bringt die Stute ein Fohlen zur Welt (Zwillinge sind äußerst selten). Die Geburt erfolgt fast immer am Tage, meist bis zum Mittag. So kann das Fohlen bis zum Abend, wenn es in den Ursprungsländern oft stark abkühlt, trocknen. Die Stute kümmert sich zunächst wenig um ihr Fohlen, dennoch ist die Mutter-Kind-Bindung sehr eng. Etwa zwei bis drei Wochen nach der Geburt ist eine Stute wieder deckbereit, sodass sie pro Jahr ein Fohlen zur Welt bringen kann. Um genügend Reserven für das neue Fohlen zu haben, werden Jungtiere mit etwa sieben bis acht Monaten von der Mutter abgesetzt.
Das Fohlen
Das Geburtsgewicht von Lamas und Alpakas liegt normalerweise bei gut acht Kilogramm. Spätestens zwei Stunden nach der Geburt steht das Fohlen bereits und trinkt bei der Mutter. Dies ist ganz wichtig, da die Stute innerhalb der ersten ei bis zwei Lebenstage des Fohlens die lebenswichtige Kolostralmilch produziert, die das Fohlen mit mütterlichen Immunstoffen versorgt. Das Jungtier selber hat zu dieser Zeit noch keine körpereigenen Abwehrstoffe und ist zur Vermeidung von Infektionen auf den mütterlichen Schutz angewiesen. Kann eine Stute ihr Fohlen nicht selber säugen, so muss dafür gesorgt werden, dass dem Neugeborenen die Kolostralmilch der Mutter oder einer anderen Stute des Bestandes zugeführt wird. Allerdings sollte man bei Handaufzuchten unbedingt einen zu engen Kontakt zum Fohlen vermeiden, um Fehlprägungen zu verhindern. Am besten bleibt das Jungtier in der Herde und wird ohne direkte Menschenberührung gefüttert.
Der Wallach
Wer gar nicht mit seinen Kleinkamelen züchten will, sondern zum Beispiel Trekkingtouren unternimmt oder auch Tiere für die tiergestützte Therapie benötigt, der ist am besten mit einer Herde Wallache beraten. Diese sind gut zusammen zu halten und viel umgänglicher als Hengste. Der Eingriff der Kastration wird durch den Tierarzt am sedierten Tier unter lokaler Schmerzausschaltung durchgeführt. Der beste Zeitpunkt für die Kastration liegt etwa im 18. Lebensmonat, also vor Eintritt der Geschlechtsreife, aber nach weitgehendem Abschluss des Wachstums. Frühere Kastration begünstigt das Längenwachstum der Röhrenknochen, wodurch Lamas zum Trekking eventuell zu groß werden. Spätere Kastration dagegen führt zu mehr oder weniger stark ausgeprägtem Hengstverhalten, was die Herdenhaltung erschwert. (Heike Pankatz)