Die 7 größten Mythen über Nagetiere und Kaninchen
Geht es um die artgerechte Haltung von Nagetieren und Kaninchen, treten immer wieder Mythen auf. Auch wissenschaftliche Erkenntnisse entwickeln sich ständig weiter, was Aufklärungsarbeit besonders wichtigmacht.
Gemeinsam mit Natascha und Rico, Gründer der Burg Nagezahn, wirft die Redaktion einen Blick auf die gängigsten Mythen.
Mythos 1: Kaninchen und Nagetiere sind zum Streicheln da
Falsch: Die kleinen Tiere sind keine Streicheltiere. Besonders Familien mit kleinen Kindern sollten sich vor einer Adoption darüber bewusst sein, dass Kuscheleinheiten mit dem neuen Familienzuwachs nicht tierfreundlich sind.
„Zu den realistischen Routine-Aufgaben bei einer artgerechten Haltung zählen: Gehege sauber machen, Futter besorgen, Tiere beobachten, einmal die Woche einen Gesundheitscheck durchführen, Wiegetabelle ausfüllen.“
Mythos 2: Kaninchen brauchen etwas zum Kauen
Gibt man Kaninchen beispielsweise Knabberstangen fördert das nicht den Zahnabrieb. Der Grund: Kaninchen und Nagetiere kauen ihre Nahrung nicht, sie mahlen sie. Ungeeigneter Knabberspaß kann zu Zahnwurzelschäden führen. Die Ernährung stellt grundsätzlich einen wichtigen Parameter für ein gesundes Leben dar. Häufig werden Lebensmittel mit unnatürlichen Inhaltsstoffen verkauft, was zu Magen-Darm-Problemen führen kann.
„Es gibt viele Leute, die uns Feedback geben und sagen, es war ihnen gar nicht bewusst, dass eine Knabberstange ungesund ist und was es für das Tier auslöst.“
Mythos 3: Kaninchen und Meerschweinchen sind tagaktiv – nachts können sie im Stall schlafen
Falsch: Kaninchen sind Wechsel- bzw. Dämmerungsaktiv. Sind sie in ihrer aktiven Phase eingesperrt, kann das zu verstärkten Randalieren wie Buddeln oder Nagen am Gitter führen. Auch nachts sind ausreichende Auslaufmöglichkeiten wichtig. Wer einen ungestörten Schlaf haben möchte, sollte auch darauf achten, wo sich das artgerechte Gehege befindet.
„Sie sind zeitweise aktiv, dann gehen sie wieder schlafen oder legen sich zum Dösen hin. Einen tiefen Schlaf gibt es gar nicht unbedingt.“
Mythos 4: Ein kleines Tier braucht wenig Platz
Falsch: Auch kleine Tiere brauchen ein großzügiges Gehege. Zu wenig Platz kann Probleme im Sozialverhalten verursachen. Innerhalb einer Gruppe sollte darauf geachtet werden, ob männliche und weibliche Tiere aufeinandertreffen. Bei Männchen kann es schnell zu Revierkämpfen kommen. Grundsätzlich gilt: Die Gruppe sollte sich gut verstehen, damit einem friedlichen Zusammenleben nichts im Wege steht.
„Viele Besitzer können keine Gruppe oder mehrere Pärchen halten. Zudem beziehen sich viele der Anfragen auf Probleme im Sozialverhalten, oder wenn sich die Tiere nicht verstehen.“
Mythos 5: Kaninchen mit Schlappohren sind süß
Ja, Kaninchen mit Schlappohren sehen süß aus, aber: Das ist eine Qualzucht!
Die Rasse mit seitlich herabhängenden Ohren wird in der Fachsprache Widder genannt. Sie gehört zu den Qualzuchten. Erst seit rund drei Jahren findet die Qualzucht und deren Folgen Gehör in der Wissenschaft. Typische Folgen sind unter anderem Taubheit, eingeschränkte Kommunikation sowie ein erhöhtes Risiko für Ohrenentzündungen.
„Früher dachte ich Widder sind total toll. Durch Aufklärungsarbeit anderer wurde mir klar, dass ich mich nie richtig damit beschäftigt habe. Nun habe ich ein ganz anderes Bild von den Tieren, sie tun mir sehr leid. Seitdem lassen wir unsere Widder spezifisch auf typische Krankheiten untersuchen. Auch Tierärzte setzen sich in den letzten Jahren vermehrt damit auseinander.“
Mythos 6: „Wir wollen unbedingt Jungtiere!“ Junge Tiere sind süß und bilden in der Gruppe eine gute Gemeinschaft"
Jungtiere sind süß, aber: Wie Menschen oder andere Tiere, zum Beispiel Hunde, kommen Kaninchen in die Pubertät. Das kann innerhalb einer Gruppe Stress verursachen. In der Regel hält sie rund drei Monate an und variiert nach Größe des Kaninchens.
„Vielen ist die Pubertätsphase nicht bewusst. Wir geben immer auf den Weg, dass es zu dieser Zeit schwierig zwischen den Tieren werden kann.“
Mythos 7: Nagetiere oder Kaninchen sind perfekt als Einsteiger-Tiere für die Kinder
Per se spricht nichts dagegen, sich als „Einstiegs-Haustier“ für Kaninchen oder Nagetiere zu entscheiden. Dennoch muss klar sein: Eine artgerechte Haltung verursacht Arbeit. Die muss innerhalb der Familie abgesprochen werden und Verantwortungsbereiche verteilt werden.
„Eine Familie mit Kindern und Nagetieren als Einstiegshaustier kann eine ganz tolle Kombination sein. Doch viele haben ein völlig falsches Bild. Klare Absprachen und ein Bewusstsein dessen, was es bedeutet ein Tier zu halten sind wichtig.“