Psychopharmaka bei Katzen: Wie sie eingesetzt werden und welche Alternativen es gibt
Für jedes Verhaltensproblem die passende Lösung in Tablettenform – das wird auch für Katzen immer mehr zur traurigen Realität. Doch ab wann machen Antidepressiva und Co. wirklich Sinn?
Eine traurige Bilanz: Immer mehr Katzen leiden unter Stress, weil sie ihre natürlichen Bedürfnisse nicht oder nur unzureichend erfüllen können. Das ist besonders bei Katzen in Wohnungshaltung der Fall. In der Folge werden sie verhaltensauffällig und allzu oft zum „Problemfall“.
Dabei ist der Begriff „Verhaltensproblem“ irreführend, denn er impliziert, dass die Katze ein Problem hat. Dem ist jedoch nicht so. Die Katze verhält sich ihren Instinkten und dem Erlernten entsprechend normal, doch der Halter versteht ihr Verhalten als abnormal und möchte es ändern. Das „Verhaltensproblem“ gründet also eher auf Verständigungsschwierigkeiten zwischen Katze und Mensch. Lesen Sie dazu auch: Problemverhalten bei Katzen – die größten Mythen
Dass insbesondere Psychopharmaka nicht in der Lage sind, diese Verständigungsprobleme zu lösen, sollte eigentlich jedem einleuchten. Und trotzdem sind – vor allem in den USA – Antidepressiva für Haustiere ein ganz großes Geschäft. Sie stellen für viele Menschen eine komfortable Lösung dar, um die „widerspenstige“ Katze in den Griff zu bekommen.
Hierzulande wird diese Entwicklung scharf kritisiert, unter anderem vom Bundeslandwirtschaftsministerium:
Vor Angst wie gelähmt, vor Wut schäumend – letzter Ausweg Psycho-Pille?
Momentan sind in Deutschland keine Medikamente für den Einsatz in der Verhaltenstherapie bei Katzen zugelassen. Es besteht jedoch laut Tierarzneimittelrecht die Möglichkeit der Umwidmung von Medikamenten, die auf ein anderes Anwendungsgebiet bzw. eine andere Tierart zugelassen sind.
Psychopharmaka in der Verhaltenstherapie
Psychopharmaka werden in der Verhaltenstherapie meist nur eingesetzt, um ein vernünftiges Training mit der Katze einleiten zu können – das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Katze so ängstlich oder aggressiv ist, dass ein Lernprozess gar nicht erst stattfinden kann.
Während Psychopharmaka also den emotionalen Zustand der Katze verbessern und neues Lernen ermöglichen oder erleichtern können, können nur bei gleichzeitiger Verhaltensänderung neue neuronale Bahnen eingerichtet, neue Verhaltensweisen erlernt und ängstliche Reaktionen auf Reize in positive geändert werden.
Wie bei jedem Einsatz von Medikamenten muss auch vor der Verabreichung von Psychopharmaka ein umfassendes Blutbild erstellt werden.
Bedacht werden müssen:
- das Alter der Katze
- klinische Vorerkrankungen
- und bereits bestehende medikamentöse Therapien.
Viele Präparate sind für Katzen mit Nebenwirkungen verbunden, darunter Kombinationen von Sedativa und trizyklischen Antidepressiva. Auch Benzodiazepine, die bei Katzen in der Therapie von Epilepsie eingesetzt werden, sind in der Verhaltenstherapie eher kontraproduktiv, da sie Lernprozesse im Gehirn hemmen.
Übrigens: Spannende Informationen und wertvolle Tipps rund um Ihre Katze erhalten Sie auch in unserem Geliebte Katze Magazin. Kennen Sie schon unser risikoloses Testabo? Gleich hier bestellen und 50 % sparen!
Nahrungsergänzungsmittel, Pheromone und Co. – die sanften Alternativen
Es gibt einige Nahrungsergänzungsmittel, die eine Verhaltenstherapie unterstützen oder in Stresssituationen für Entspannung sorgen können. Dazu zählen unter anderem:
- alpha-Casozepin (Zylkène®*): Der Extrakt alpha-Casozepin wird durch enzymatische Spaltung (Trypsin) aus dem Milcheiweiß Kasein aus Magermilch gewonnen und besitzt eine beruhigende Wirkung.
- L-Tryptophan (Relaxan®*): L-Tryptophan ist hingegen eine Aminosäure und Vorstufe des „Glückshormons“ Serotonin.
Beide Wirkstoffe haben sich bei Angstproblematiken und zu erwartenden Stressphasen (zum Beispiel bei Umzug oder an Silvester) bewährt.
Alternativ können auch Pflanzenextrakte aus Johanniskraut, Lavendel und Passionsblume angstlösend wirken (zum Beispiel in Felised®).
Pheromone für mehr Wohlbefinden
Eine große Rolle im kätzischen Seelenhaushalt spielen auch die Pheromone. Dabei handelt es sich um chemische Substanzen, die als soziale Duftbotschaft fungieren.
- Pheromon F3: Das Gesichtspheromon F3, mit dem die Katze exponierte Stellen im Haus markiert (zum Beispiel durch Köpfchenreiben), signalisiert ein Gefühl von Wohlbefinden und Sicherheit.
- Pheromon F4: Das Pheromon F4 hingegen soll bei Spannungen und Aggressionen im Mehrkatzenhaushalt helfen.
Beide Pheromone sind in synthetischer Form, als Spray oder Zerstäuber, erhältlich (Feliway® CLASSIC* und Feliway® FRIENDS*).
Fazit: Psychopharmaka dämpfen das Symptom, behandeln aber nicht die Ursache
Letztlich gilt, dass es kein „Wundermittel“ gibt, um Verhaltensprobleme zu lösen. Dies erfordert vielmehr einen verständigen Halter, der den Willen hat, selbst aktiv zu werden. Wer dabei Unterstützung sucht, findet sie bei auf Katzenverhalten spezialisierten Tierärzten oder Katzenverhaltensberatern. Keine Katze gleicht der anderen, weswegen für jeden Fall eine individuelle Lösung gefunden werden muss. Psychopharmaka können dies nicht ersetzen.