Vergisst ein Hund Schläge?
Im Bereich der Hundeerziehung stößt man früher oder später leider auch auf das Thema Gewalt. Ob ein Hund Schläge vergisst und was das mit dem Vertrauen zur Bezugsperson macht, lesen Sie hier.
Das Zusammenleben mit Hund ist nicht immer harmonisch. Häufig, besonders am Anfang, ist es einfach nur anstrengend und nervenaufreibend. Der Hund muss sich erstmal in der neuen Umgebung und der neuen Familie zurechtfinden. Auch der Mensch muss sich an den neuen Alltag erst gewöhnen und stößt dabei eventuell auf Herausforderungen. Der Geduldsfaden wird dabei stark strapaziert, so dass einem sprichwörtlich fast "die Hand ausrutscht". Wie erleben unsere Hunde eine solche Situation, vergisst ein Hund Schläge?
Inhaltsübersicht
Bei einem einmaligen Ausrutscher wird sich Ihr Hund nicht konkret an den Tag erinnern, an dem sie ihn geschlagen haben. Er weiß jedoch, dass etwas negatives in Verbindung mit Ihnen passiert ist und das wird er sich merken. Traumatisierte Hunde, die über einen langen Zeitraum Gewalt ausgesetzt waren, vergessen das niemals.
Ein Tier zu schlagen ist niemals gerechtfertigt. Sollten sie einen solchen Zwischenfall beobachten, können Sie die Polizei oder das Ordnungsamt informieren. Wenn Sie sich trauen, können Sie den Halter oder die Halterin direkt ansprechen.
Verzeihen ist ein sehr menschlicher Begriff, der auf Hunde nicht ganz zutreffend ist. Hier geht es vielmehr um das Vertrauensverhältnis, das zerrüttet wurde. Daran müssen Sie als Halter arbeiten und das Vertrauen zu Ihrem Hund wieder herstellen. Das gelingt, je nach Zwischenfall und Charakter des Hudes, besser oder schlechter.
Gewalt als Erziehungsmittel
Noch immer zirkuliert hier und da die Meinung, dass Hunde Erlebtes schnell vergessen. Wenn Haltern dann wirklich mal die Hand ausrutscht, wird die häufig gerechtfertigt mit Sätzen wie:
- "Der muss das ab können."
- "Wölfe machen das in der Wildnis auch so."
- "Dominanz muss man sich verdienen."
- "Ich zeige ihm, wer der Rudelführer ist."
Hier stellt sich dann direkt die Frage: Ab wann sprechen wir von Gewalt? Gemeint ist sowohl die physische als auch die psychische Gewalt gegen Hunde.
Physische Gewalt: An der Leine rucken, schlagen, treten, zwicken
Psychische Gewalt: Wurfkette, Rütteldose, schreien, auf den Boden Werden (den Hund unterwerfen)
Niemand kann erwarten, dass ein Mensch-Hunde-Team vom ersten Tag an harmoniert. Geben Sie sich und Ihrem Hund bis zu sieben Tage Zeit, um sich zu akklimatisieren. Wenn Sie keine Veränderung feststellen können und sich hilflos oder überfordert fühlen, zögern Sie nicht und suchen sich Hilfe. Ein Hundetrainer kann den Hund ganz anders einschätzen und Probleme identifizieren. Lassen Sie es erst gar nicht so weit kommen, dass Ihnen die Hand ausrutscht.
Vergisst ein Hund Schläge des Vorbesitzers?
Hunde aus dem Tierschutz oder aus zweiter Hand haben ein Leben geführt, bevor Sie, der jetzige Rudelführer in sein Leben getreten sind. Bei Tierschutzhunden ist die Vorgeschichte häufig unbekannt. Aber man kann davon ausgehen, dass die meisten ein hartes Hundeleben hatten.
Ein einmaliger Ausrutscher
Wenn Ihnen oder dem Vorbesitzer ein Mal die Hand ausgerutscht ist und Sie Ihren Hund geschlagen haben, wird ihn das nicht traumatisieren. Ihr Hund wird diesen Zwischenfall nicht vergessen, sondern in seinem Kopf abspeichern. Sollte Ihnen das passiert sein, müssen Sie Ihrem Hund nun die Zeit und den Raum geben, die er braucht. Zwingen Sie sich nicht auf und drängen Sie nicht nach Nähe. Auch wenn Sie Ihr schlechtes Gewissen plagt, muss der Hund das Geschehene erst verarbeiten. Warten sie daher ab, bis Ihr Hund auf Sie zu kommt.
Ist dies ein einmaliger Ausrutscher ist es ehr wahrscheinlich, dass sich die Beziehung zu Ihrem Hund wieder erholt. Sie sollten Ihren Alltag wie gewohnt fortführen, um dem Hund zurück in die Routine zu helfen. Natürlich kann man nicht pauschal sagen, nach wie vielen Tagen ein Hund Schläge vergisst oder wie er darauf reagieren wird. Das ist ganz individuell und vom Charakter des Hundes sowie seiner Vorgeschichte abhängig.
Traumatisierte Hunde
Straßenhunde aus dem Tierschutz haben meist eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Selbst in einigen europäischen Ländern haben Hunde noch einen anderen Stellenwert, der Schläge zu rechtfertigen scheint.
Gehört Gewalt hingegen zum Alltag des Hundes, wird dieser mit großer Wahrscheinlichkeit ein Trauma erleiden und Verhaltensauffälligkeiten entwickeln. Das Zusammenleben mit traumatisierten Hunden gestaltet sich sehr schwierig, da häufig unklar ist, was dem Hund widerfahren ist. Der Hund lebt in ständiger Alarmbereitschaft und erwartet den nächsten körperlichen Ausbruch ihm gegenüber.
Diese Hunde werden niemals vergessen, was ihnen angetan wurde. Sie als Halter können versuchen, ein neues Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen und sollten die Bindung zum Hund stärken. Gerät Ihr Hund jedoch in eine Situation, die ihn an früher erinnert, verfällt er wieder in sein altes Muster und wird von seinen Erinnerungen und Erfahrungen überrumpelt. Diese Hunde haben Angst und leiden darunter.
Traumatisierten Hunden fällt es schwer, sich in neue Familien zu integrieren. Sie sind von ihrer Angst gelähmt und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Wenn Sie extremes Angstverhalten bei Ihrem Hund feststellen, müssen Sie umgehend einen darauf spezialisierten Hundetrainier konsultieren.
Pauschal kann man nicht sagen, wie lange sich ein Hund an Schläge erinnert. Das ist abhängig von seinem Charakter und seiner Vorgeschichte. Es muss jedoch auch nicht von Anfang an alles harmonisch laufen. Wenn sie jedoch merken, dass Sie überfordert sind und Unterstützung mit Ihrem Hund brauchen, sollten Sie einen Hundetrainer konsultieren. Denn ist das Vertrauen zu Ihrem Hund erst zerstört, wird es sehr schwer, dies wieder herzustellen. Gewalt hat in der Hundeerziehung nichts verloren.
