Herdenschutzhund: Erziehung, Haltung, Herausforderungen
Immer mehr Gebrauchshunde finden ihren Weg in Städte und leben in Familien. Auch Herdenschutzhunde werden eher selten noch für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzt.
Viele Gebrauchshunde wie der Border Collie, der Schäferhund oder der Dackel werden heute gar nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck gezüchtet. Das Jagen, Hüten, Aufstöbern oder Bewachen sind Anforderungen, die mittlerweile in den Hintergrund gerückt sind. Familienhunde sind das, was sich mehr Menschen wünschen. Dabei möchten sie sich bei der Wahl des Hundes nicht von der Rasse einschränken lassen. Bei Herdenschutzhunden ist eine ähnliche Entwicklung erkennbar. Früher lebten sie unter Schafsherden und sollten diese vor Gefahren schützen. Aber ist auch ein Leben abseits der Herde mit Ihnen möglich?
Inhaltsübersicht:
- Herdenschutzhunde und ihre ursprüngliche Aufgabe
- Sind Herdenschutzhunde gefährlich?
- Training und Erziehung von Herdenschutzhunden
- Sind Herdenschutzhunde familientauglich?
Herdenschutzhunde und ihre ursprüngliche Aufgabe
Herdenschutzhunde sind wahre Kraftpakete. Das müssen sie auch sein, denn ihre Aufgabe ist anspruchsvoll. Bereits im Welpenalter werden sie in bestehende Schafsherden integriert, wachsen als Mitglied dieser auf und beschützen die Herdentiere. Ob vor fremden Menschen, anderen Hunden oder auch vor Wölfen – dementsprechend territorial und selbstständig müssen diese Hunde sein. Insgesamt 30 Rassen die zu den Herdenschutzhunden gezählt werden, sind bekannt. Die meisten Rassen haben ihren Ursprung in den Bergregionen Europas und Asiens.
Herdenschutzhunde verfügen über ein ausgeprägtes Territorial- und Schutzverhalten. Nähert sich jemand oder etwas der Herde, stehen sie sofort bereit und begutachten misstrauisch das Geschehen. Häufig täuschen die etwas schwerfällig wirkenden Bewegungen der Hunde und lassen sie verschlafen wirken. Das ist ein Irrtum. Ihre Reaktionszeit ist kurz und die Bereitschaft die Herde zu verteidigen, ist hoch. Aufgrund dieser Charaktereigenschaften werden sie auch heute gerne als Schutzhunde für Höfe und Gärten eingesetzt.
Typische Herdenschutzhunde sind:
- Pyrenäen-Berghund
- Maremmen
- Abruzzen-Schäferhund
- Komondor
- Südrussischer Owtscharka
- Kuvasz
- Kangal
- Sarplaninac
Sind Herdenschutzhunde gefährlich?
Herdenschutzhunde sind von Natur aus für den Menschen nicht gefährlich. Trotzdem ist Vorsicht geboten, denn die wachsamen Hunde nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Wenn Sie eine Herde mit Schutzhunden entdecken, sollten Sie sich dieser nicht nähern und auf Abstand bleiben. Die Herdenschutzhunde werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit bereits wahrgenommen haben.
Nähern sich Menschen nun doch einer Herde, treten die Herdenschutzhunde hervor und schätzen die Situation ein. Häufig beginnen Sie dann zu bellen, ein klares Zeichen Abstand zu gewinnen. Sie sind sehr misstrauisch und begleiten den ungebetenen Gast eine Weile am Zaun entlang. Sie führen den Eindringling sozusagen ab und geleiten ihn von der Herde weg. Die Hunde greifen nicht direkt an oder beißen. Doch sie bauen sich auf und nehmen eine Drohhaltung ein.
Training und Erziehung von Herdenschutzhunden
Herdenschutzhunde aus verantwortungsvoller Zucht brauchen im Vergleich zu anderen Arbeitshunden nur wenig menschliche Einflüsse. Selbstverständlich legt der Herdenhalter als Rudelführer die Regeln fest und weist die Hunde bei Bedarf in ihre Schranken. Das oberste Gebot lautet:
- Die Hunde dürfen nicht über den Herdenschutzzaun springen
Egal ob auf der Weise oder im Stall, ihr Platz ist bei der Herde. Auch wenn die Hunde den Großteil ihres Lebens in freier Natur verbringen, müssen sie trotzdem an der Leine gehen können. Das ist besonders wichtig, wenn der Herdenführer mit der Herde in ein neues Territorium umzieht.
Das Schöne bei Herdenschutzhunden ist, dass ihr Verhalten maßgeblich durch ihre Genetik vorbestimmt ist. Das ermöglicht diesen Hunden sich gegenseitig zu erziehen. Ab einem Alter von zwei bis drei Monaten kommen die Welpen in die Herde zu erfahrenen Hunden, die ihnen als Mentor zur Seite stehen. Die älteren Hunde zeigen den jüngeren Hunden, wie sie sich zu verhalten haben.
Tabu sind:
- Herdentiere zwicken
- sie jagen
- nach ihnen schnappen
Welpen, die die Herdentiere in Ruhe lassen, haben die erste Prüfung zum Herdenschutzhund bestanden. In den ersten ein bis zwei Jahren stellt sich dann heraus, wie geeignet ein Hund für die Aufgabe zum Schutz der Herde wirklich ist.
Sind Herdenschutzhunde familientauglich?
Herdenschutzhunde sind als Familienhunde eher ungeeignet. Sie sind rassebedingt sehr eigenständig und treffen lieber ihre eigenen Entscheidungen. Zudem sind sie durch ihr ausgeprägtes Territorialverhalten ständig damit beschäftigt, ihr Revier zu verteidigen oder Gefahr zu wittern, wo eigentlich keine ist. Das kann besonders in städtischen Gebieten zum Problem werden, wenn diese Hunde beispielsweise einen nahegelegenen Spielplatz oder ihre Straßenseite als eigenes Revier ansehen. Bleibt ein konsequentes Training aus, kann es schnell zu unerwünschtem Verhalten kommen: Der Hund zieht an der Leine oder zeigt gar Leinenaggression.
Auf dem Land können Halter den großen Hunden eher gerecht werden. Wenn Sie auf einem Hof oder in einem einzeln gelegenen Haus leben, haben die Hunde genügend Freilauf. Dort haben sie ihr Revier für sich und können sich frei bewegen.
Natürlich gibt es unter den verschiedenen Rassen leichte Verhaltensunterschiede, dennoch ist ein Herdenschutzhund kein typischer Familienhund. Vor der Anschaffung eines Hundes sollten Sie sich daher Gedanken darüber machen, welche Anforderungen Sie an ihn stellen.
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