Insekten als Hundefutter: Nachhaltige Proteinquelle mit Zukunft
Warum Insektenprotein das Tierfutter der Zukunft ist – und was Hund und Umwelt davon haben
Herkömmliches Tierfutter belastet Klima und Umwelt – doch eine neue Lösung erobert die Näpfe: Insekten als nachhaltige Alternative zu Fleisch. Sie sind proteinreich, ressourcenschonend und für viele Hunde gut verträglich. Erfahre, warum Insektenfutter für Hunde und andere Haustiere immer beliebter wird – und welche Vorteile es bietet.
Tierfutter und Klimakrise: Ein unübersehbarer Zusammenhang
Ob Trockenfutter, BARF oder selbst gekochte Mahlzeiten – die meisten Haustiere erhalten fleischlastige Kost. Die Folgen für das Klima sind erheblich: Hunde und Katzen verursachen klimaschädliche Emissionen, vor allem durch Futter, das auf Fleisch aus Massentierhaltung basiert – einer der größten Umweltbelastungen weltweit.
Die industrielle Fleischproduktion beansprucht rund 70 Prozent der globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche und verursacht etwa 15 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Allein die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch entspricht – rein rechnerisch – dem Ausstoß einer 200 Kilometer langen Autofahrt.
Insekten – die unterschätzten Klimaschützer
Insekten bieten eine echte Alternative: Ihre Zucht verursacht nur einen Bruchteil der Emissionen herkömmlicher Viehzucht. Sie erzeugen weder Methan noch vergleichbare Mengen an Ammoniak. Als minimalistische Wesen benötigen sie kaum Wasser, wenig Raum und haben keine Probleme mit beengten Verhältnissen. Im Gegenteil: Als Gemeinschaftstiere rücken sie gerne eng zusammen – ein artgerechtes Verhalten, das der Massenzucht zugutekommt.
Ressourcenschonender als Soja
Nicht nur im Vergleich zu Fleischproduzenten schneiden Insekten besser ab – auch pflanzliche Eiweißquellen wie Soja stehen im Schatten der Krabbler. Während ein Hektar Land bei Sojaanbau etwa eine Tonne Protein liefert, bringt dieselbe Fläche bei Insektenzucht rund 150 Tonnen Eiweiß. Auch der Wasserverbrauch überzeugt: Ein Kilogramm Insektenprotein benötigt nur etwa einen Liter Wasser, während Soja rund zehn Liter verschlingt. Lediglich der Energiebedarf fällt bei Insekten ähnlich hoch aus – denn zur Fortpflanzung und anschließenden Trocknung ist viel Wärme nötig.
Nährstoffwunder im Kleinformat
Neben ökologischen Vorteilen punkten Insekten auch ernährungsphysiologisch. Je nach Art enthalten sie im Trockengewicht zwischen 35 und 61 Prozent Protein – deutlich mehr als herkömmliche Fleischsorten wie Rind, Schwein oder Geflügel, die nur auf etwa 20 bis 25 Prozent kommen.
Besonders eiweißreich sind Mehlwürmer, Heuschrecken, Grillen und Buffalowürmer. Darüber hinaus enthalten Insekten wertvolle Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und zahlreiche wichtige Mineralstoffe wie Kupfer, Eisen, Magnesium, Mangan, Selen und Zink. Durch ihre wechselwarme Körpertemperatur sind sie in der Lage, Futter extrem effizient in Protein umzuwandeln. Ihr essbarer Anteil beträgt bis zu 100 Prozent. Lesen Sie auch: Insektenfutter für Hunde: So gesund ist es wirklich
Welche Insekten landen im Futter?
Am häufigsten verwendet werden derzeit Mehlwürmer und Schwarze Soldatenfliegen. Mehlwürmer sind besonders reich an Omega-3-Fettsäuren, benötigen jedoch vor allem getreidehaltiges Futter. Die Schwarze Soldatenfliege zeigt sich hier genügsamer: Sie könnte sich theoretisch sogar von Gülle oder Kot ernähren – was aus gesundheitlichen Gründen jedoch verboten ist.
Eine besonders nachhaltige Option bieten Seidenraupen. Sie fallen bei der Seidenproduktion als Nebenprodukt an und müssten andernfalls entsorgt werden.
„Wir züchten nicht Scharen von Insekten neu, sondern nutzen etwas, das ohnehin schon vorhanden ist.“ – Fabiola Neitzel, Geschäftsführerin der Prombyx GmbH.
Die Zucht: Schnell, effizient und platzsparend
Die Aufzucht der Schwarzen Soldatenfliege gleicht einer hocheffizienten Mini-Viehzucht. In großen Netz-Containern leben die Insekten in Schwärmen, paaren sich unter optimalen Bedingungen – dazu zählen wechselnde Lichtverhältnisse und konstante 30 Grad Celsius. Ein einziges Weibchen legt zwischen 400 und 800 Eier. Die Larven schlüpfen nach fünf Tagen und werden anschließend gemästet. Nach nur 20 Tagen enthalten die Maden alle relevanten Nährstoffe und können weiterverarbeitet werden. Der komplette Lebenszyklus dauert gerade einmal sechs Wochen.
Was ist in der EU erlaubt?
Für die Herstellung von Futtermitteln sind in der Europäischen Union aktuell folgende Insektenarten zugelassen:
- Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens)
- Stubenfliege (Musca domestica)
- Mehlkäfer (Tenebrio molitor)
- Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus)
- Heimchen (Acheta domesticus)
- Kurzflügelgrille (Gryllodes sigillatus)
- Steppengrille (Gryllus assimilis)
- Seidenspinner (Bombyx mori)
Flächenverbrauch im Vergleich
Zur Herstellung eines Kilogramms Insektenprotein genügen ein Quadratmeter Fläche und 1,5 Kilogramm Futter. Für dieselbe Menge Rindfleisch werden im Schnitt zwölf Kilogramm Futter und bis zu 49 Quadratmeter Fläche benötigt. Gleichzeitig importiert Deutschland jährlich rund drei Millionen Tonnen Soja als Tierfutter – größtenteils aus Südamerika. Der Anbau gefährdet die Regenwälder, der Transportweg ist lang. Auch Fischmehl hat angesichts sinkender Fischbestände keine langfristige Perspektive.
Von weltweit über 2000 essbaren Insektenarten sind in der EU vier für den menschlichen Verzehr und acht für Nutztiere zugelassen. Für Haustiere gibt es keine Einschränkungen – in der Praxis werden aber dieselben Arten wie bei Nutztieren verwendet.
Tierschutz bei der Insektenzucht
Ein gesetzlicher Rahmen für den Schutz von Insekten existiert bislang nicht. Für die Tötung gibt es jedoch klare Vorschriften: Sie muss durch Temperaturschock erfolgen – also durch Einfrieren, Erhitzen oder Trocknung. Die Kombination aus Kälteeinwirkung und anschließender Blanchierung gilt als besonders schonend. Auch Dampf kann eingesetzt werden, der Prozess dauert nur Millisekunden.
Ob Insekten überhaupt Schmerzen empfinden können, ist wissenschaftlich umstritten. Während bestimmte Meerestiere wie Krabben oder Tintenfische über Nozizeptoren verfügen, gilt dies bei Insekten als bisher nicht nachgewiesen. Ob ihr Nervensystem Schmerz im menschlichen Sinne wahrnehmen kann, bleibt offen.
Hypoallergen? Ein Marketingversprechen mit Einschränkungen
Insektenfutter wird häufig als hypoallergenes Hundefutter beworben – doch dieser Ruf ist mit Vorsicht zu genießen.
„Insekten haben nicht unbedingt ein geringeres Allergiepotenzial. Da sie aber üblicherweise nicht verwendet werden, können sie im Rahmen einer Ausschlussdiät als neue Proteinquelle gelten. Wir haben Untersuchungen an Hunden durchgeführt, die gezeigt haben, dass es zumindest bei kurzfristiger Verwendung nicht zu negativen Effekten kommt.“ – Dr. Jürgen Zentek, Institut für Tierernährung, FU Berlin
Langfristige Studien zur Verträglichkeit stehen allerdings noch aus.
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Der Markt boomt
Laut Prognosen soll der globale Markt für Insektenproteine von rund 189 Millionen US-Dollar (2022) auf etwa 856 Millionen US-Dollar im Jahr 2029 anwachsen. In Deutschland haben sich Marken wie Eat Small, Tenetrio oder Ofrieda auf Insektenprotein spezialisiert. Auch etablierte Hersteller wie Green Petfood*, Goood* oder Napani* bieten inzwischen insektenbasierte Sorten an.
„Mit dem Aufkommen anderer alternativer Proteine wie Algen, Hefe oder aus Zellen entwickeltem Fleisch und mit dem Rückenwind von Initiativen zur Förderung der Nachhaltigkeit in der Tiernahrung wie Friends of Nature wird der Markt sicherlich gut wachsen.“ – Veronique Glorieux, Mitgründerin von Eat Small.
Noch nicht bio – aber auf dem Weg dorthin
Ein offizielles Bio-Siegel für Insektenzucht gibt es in Deutschland derzeit nicht. Der Bioverband Naturland hat jedoch bereits Richtlinien zur ökologischen Insektenzucht formuliert. Häufig kritisiert wird der hohe Energiebedarf zur konstanten Aufrechterhaltung der Zuchtbedingungen – etwa 30 Grad Celsius. Doch auch hier gibt es Lösungen: Photovoltaik oder Abwärmenutzung aus benachbarten Betrieben können helfen, die Energieeffizienz zu verbessern.
Fazit: Krabbler mit Zukunft
Insekten sind eine vielseitige und nachhaltige Proteinquelle – ökologisch sinnvoll, nährstoffreich und artgerecht züchtbar. Wer den ökologischen Fußabdruck seines Haustiers reduzieren will, findet in insektenbasiertem Futter eine echte Alternative zur konventionellen Tiernahrung – ganz ohne Kompromisse beim Nährwert.
Quelle: dogs Magazin, Ausgabe 03/24
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