Fertigfutter für Hunde – Besser als sein Ruf? Expertin klärt auf

Dosenmahlzeiten oder Trockenfutter sind immer minderwertig und rohe oder selbstgekochte Nahrung auf jeden Fall besser? Na, dann lesen Sie hier mal nach, was wirklich Sache ist.

Hund an einem mit Fertigfutter gefüllten Napf
© stock.adobe.com/Chalabala

Bei vielen Hundehaltern hat Fertigfutter nicht gerade das beste Image: zu industriell, zu unübersichtlich, zu viele Mythen. Doch ist dieser Ruf gerechtfertigt? Oder wird da ein praktisches Produkt zu Unrecht verteufelt? Unsere Expertin Anke Jobi, Beraterin für Hundeernährung, wirft einen differenzierten Blick auf die Sache – jenseits von Extremen und Ideologien.

Futter ist nicht gleich Futter

Fertigfutter steht häufig in der Kritik: Vorwürfe wie minderwertige Inhaltsstoffe, künstliche Zusätze oder unklare Deklarationen sorgen für Skepsis bei vielen Hundehaltern. „Zu viele Nebenerzeugnisse“, „zu viel oder zu wenig Fleisch“, „zu viele Zusatzstoffe“ – die Liste der Vorwürfe ist lang. Doch wie so oft lohnt sich ein zweiter Blick.

Denn Fertigfutter ist nicht gleich Fertigfutter. Die Qualität variiert stark – je nach Hersteller, Rezeptur und Produktionsverfahren. Aber falsch ist, dass alle Fertigfuttersorten „Billigfutter aus der Dose“ sind. Es gibt durchaus ernährungsphysiologisch hochwertige Produkte, exakt auf den Bedarf des Hundes abgestimmt, vorausgesetzt, man weiß, worauf zu achten ist.

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Frisch ist oft unpraktisch

Ganz klar: Frisch zubereitetes Futter aus hochwertigen Zutaten, individuell abgestimmt auf den Hund – das ist im Idealfall die Krönung der Fütterung. Wer die Zeit, das Know-how und die Lust hat, kann seinem Hund mit ausgewogener Rohfütterung oder selbst gekochten Rationen eine sehr artgerechte Ernährung bieten.

Aber nicht jeder Hundehalter möchte oder kann diesen Aufwand betreiben. Und das ist völlig legitim. Gerade im hektischen Alltag punktet Fertigfutter durch seine einfache Handhabung: Es ist schnell servierbereit, gut lagerbar, lange haltbar und in unterschiedlichsten Varianten verfügbar – von sensitiv bis energiereich, von puristisch bis funktional. Auch für unterwegs oder bei Betreuung durch andere Personen ist es eine verlässliche Lösung. Gleichzeitig gewährleistet gutes Alleinfutter eine konstante Nährstoffversorgung, ohne dass Halter täglich abwiegen, kochen oder rechnen müssen. Für viele ist das eine alltagstaugliche Möglichkeit, ihren Hund sicher und ausgewogen zu ernähren.

Die Sache mit den Zutaten

Einer der häufigsten Kritikpunkte bei Fertigfutter betrifft die verwendeten Zutaten. Tierische Nebenerzeugnisse klingen im ersten Moment wenig appetitlich, sind aber keineswegs automatisch minderwertig. Leber, Herz oder Niere liefern wertvolle Nährstoffe wie Eisen, Zink oder fettlösliche Vitamine, die in reinem Muskelfleisch nur begrenzt vorkommen.

Wichtig ist hier die genaue Deklaration: Während „Rinderleber“ oder „Hühnerherz“ für Transparenz stehen, bleibt bei „tierische Nebenerzeugnisse“ unklar, was wirklich verarbeitet wurde.

Ebenso umstritten: Getreide. Lange Zeit wurde es als billiger Füllstoff kritisiert. Dabei liefern hochwertige Getreidearten wie Reis, Hirse oder Hafer gut verwertbare Kohlenhydrate und Ballaststoffe – vorausgesetzt, sie sind entsprechend aufgeschlossen. Hunde haben sich im Laufe der Domestikation an stärkehaltige Kost angepasst. Für Hunde ohne Unverträglichkeiten ist Getreide also keineswegs tabu. Auch pflanzliche Komponenten wie Süßkartoffel, Erbsen oder Karotten können wertvolle Ergänzungen sein. Doch auch hier gilt: je klarer die Deklaration, desto besser. Begriffe wie „pflanzliche Nebenerzeugnisse“ oder „Pflanzenextrakte“ sagen leider wenig über den tatsächlichen Gehalt oder Nährwert aus.

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Produktionsverfahren

Nicht nur die Zutaten, auch die Verarbeitung entscheidet über die Qualität. Besonders Trockenfutter wird häufig extrudiert – ein Verfahren, bei dem die Masse stark erhitzt und unter Druck durch eine Form gepresst wird. Vorteil: lange Haltbarkeit und Keimfreiheit. Nachteil: Hitzeempfindliche Nährstoffe gehen dabei verloren und müssen künstlich ergänzt werden.

Kaltgepresstes Futter wird schonender verarbeitet, behält dadurch mehr natürliche Vitalstoffe, ist aber weniger stabil. Halbfeuchtes Futter bietet eine gute Zwischenlösung – mit mehr Frischegefühl, aber oft höherem Preis. Und: Auch die Verdaulichkeit kann sich je nach Herstellungsverfahren unterscheiden. Manche Hunde vertragen extrudiertes Futter besser, andere profitieren von schonender gepressten Varianten.

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Zusatzstoffe

Auch Zusatzstoffe stehen oft in der Kritik. Doch hier lohnt es sich, zu differenzieren. Viele sogenannte „Zusätze“ sind wichtige ernährungsphysiologische Ergänzungen. Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente müssen insbesondere in Trockenfutter ergänzt werden, da durch die Verarbeitung einiges verloren geht.

Kritisch zu sehen sind dagegen Aromastoffe, Farbstoffe oder synthetische Konservierungsmittel, die nur dem Aussehen oder Geruch dienen. Die gute Nachricht: Es gibt immer mehr Produkte, die auf natürliche Konservierung setzen – etwa mit Tocopherolen (Vitamin E) – und bewusst auf künstliche Zusätze verzichten. Allerdings ist „frei von Zusatzstoffen“ nicht immer wörtlich zu nehmen. Manche Hersteller nutzen Zutaten, die bereits versteckte Zusätze enthalten – ohne sie extra deklarieren zu müssen.

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Marketing und Wirklichkeit

Die Verpackung ist oft verführerisch: satte Farben, glückliche Hunde auf grünen Wiesen, große Schriftzüge wie „Premium“, „natürlich“, „ganzheitlich“. All das suggeriert Qualität – sagt aber meist herzlich wenig über den tatsächlichen Inhalt aus. Diese Begriffe sind rechtlich nicht geschützt und können selbst auf Produkten stehen, deren Zusammensetzung alles andere als hochwertig ist.

Verbraucherfreundlich sind dagegen transparente Zutatenlisten, klare Angaben zu Proteinquellen (etwa „Lammfleisch, Lammherz“) und eine offene Deklaration. Auch die Herkunft der Rohstoffe oder eine nachvollziehbare Firmenphilosophie sind Indikatoren für Qualität. Kurz: Wer viel verspricht, sollte auch viel zeigen – sonst ist Vorsicht geboten.

Für jeden Hund das Richtige

Gutes Fertigfutter berücksichtigt individuelle Unterschiede. Für Welpen braucht es mehr Kalzium und Energie, für Senioren weniger Kalorien, dafür Gelenknährstoffe. Allergiker profitieren von Monoprotein-Produkten oder hydrolysierten Rezepturen. Und auch das Aktivitätslevel spielt eine Rolle – vom Sofa-Schnarcher bis zum Sporthund.

Inzwischen bieten viele Hersteller auch Spezialfutter für bestimmte Rassen, Erkrankungen oder Lebensumstände an – zum Beispiel „Weight Control“-Sorten für übergewichtige Hunde oder „Skin & Coat“-Formeln für empfindliche Haut. Auch vegetarisches oder insektenbasiertes Futter findet zunehmend seinen Platz – ob aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen.

Nachhaltigkeit

Ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Nachhaltigkeit. Immer mehr Halter achten nicht nur auf Inhaltsstoffe, sondern auch auf Herkunft und Umweltverträglichkeit. Insektenprotein, regionale Zutaten, recyclingfähige Verpackungen – das alles sind Trends, die zeigen, dass auch in der Futtermittelbranche ein Umdenken stattfindet.

Wer nachhaltig füttern möchte, sollte bestenfalls nicht nur auf „Bio“ oder „regional“ achten, sondern den gesamten Herstellungsprozess kritisch hinterfragen.

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Extra-Tipp: Fertigfutter mit kleinen frischen Extras kombinieren

Man muss sich nicht strikt zwischen „Fertig“ und „Frisch“ entscheiden. Eine besonders alltagstaugliche Lösung: Fertigfutter mit kleinen frischen Extras kombinieren. 

Wer zum Beispiel etwas püriertes Gemüse wie Zucchini, Gurke, Möhre oder Chicorée unter das Futter mischt, bringt nicht nur Vitamine und Ballaststoffe ins Spiel, sondern auch wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe. Ein Teelöffel hochwertiges Öl, ein rohes Eigelb oder ein Löffel Quark liefern zusätzlich wichtige Nährstoffe – ohne das Nährstoffgleichgewicht zu kippen. 
Und wer dabei geeignete Reste aus der eigenen Küche nutzt, leistet ganz nebenbei auch einen kleinen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Statt Lebensmittel wegzuwerfen, werden sie sinnvoll verwertet – natürlich immer vorausgesetzt, sie sind hundeverträglich.

Fazit

Fertigfutter ist kein Wundermittel – aber auch nicht der Feind. Es gibt qualitativ hochwertige Produkte, die Hunde zuverlässig und ausgewogen versorgen können. Genauso gibt es schwarze Schafe, bei denen mehr Marketing als Substanz dahintersteckt. Wer kritisch hinschaut, sich informiert und individuell wählt, kann mit Fertigfutter eine gesunde, praktische und sinnvolle Fütterungsform finden.

Über unsere Autorin: 

Anke Jobi arbeitet als zertifizierte Ernährungsberaterin für Hunde. In ihrem Blog schreibt sie über nachhaltige Tiernahrung: www.dog-feeding.de

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